"Jn fremden Ländern sind wir sehend, und in Deutschland entweder blind, oder blödsichtig" hebt eine alte Klage gegen uns an. Und va¬ terländische Wanderungen sind nothwendig, denn sie erweitern des Menschen Blick, ohne ihn dem Vaterlande zu entführen. Kennenlernen muß sich das Volk, als Volk; sonst stirbt es sich ab. Glieder eines ausgebreiteten Geschlechts, die sich nicht persönlich kennen, die in weiter Ferne von einander getrennt sind, leben so hin, als wären sie nicht da. Wie wohlthätig würken dann nicht selbst die kürzesten Besuche. Die zarten von Blutsverwandtschaft gestifteten Bande, er¬ neuert die Gegenwart, und macht Umgang un¬ auflöslich.
Die schöne Welt ist fürs fühlende Men¬
I.Nothwendigkeit.
„Jn fremden Ländern ſind wir ſehend, und in Deutſchland entweder blind, oder blödſichtig“ hebt eine alte Klage gegen uns an. Und va¬ terländiſche Wanderungen ſind nothwendig, denn ſie erweitern des Menſchen Blick, ohne ihn dem Vaterlande zu entführen. Kennenlernen muß ſich das Volk, als Volk; ſonſt ſtirbt es ſich ab. Glieder eines ausgebreiteten Geſchlechts, die ſich nicht perſönlich kennen, die in weiter Ferne von einander getrennt ſind, leben ſo hin, als wären ſie nicht da. Wie wohlthätig würken dann nicht ſelbſt die kürzeſten Beſuche. Die zarten von Blutsverwandtſchaft geſtifteten Bande, er¬ neuert die Gegenwart, und macht Umgang un¬ auflöslich.
Die ſchöne Welt iſt fürs fühlende Men¬
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[[441]/0471]
I. Nothwendigkeit.
„Jn fremden Ländern ſind wir ſehend, und in
Deutſchland entweder blind, oder blödſichtig“
hebt eine alte Klage gegen uns an. Und va¬
terländiſche Wanderungen ſind nothwendig, denn
ſie erweitern des Menſchen Blick, ohne ihn dem
Vaterlande zu entführen. Kennenlernen muß
ſich das Volk, als Volk; ſonſt ſtirbt es ſich ab.
Glieder eines ausgebreiteten Geſchlechts, die ſich
nicht perſönlich kennen, die in weiter Ferne von
einander getrennt ſind, leben ſo hin, als wären
ſie nicht da. Wie wohlthätig würken dann
nicht ſelbſt die kürzeſten Beſuche. Die zarten
von Blutsverwandtſchaft geſtifteten Bande, er¬
neuert die Gegenwart, und macht Umgang un¬
auflöslich.
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. [441]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/471>, abgerufen am 27.11.2024.
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