das kleine Lateinische von Scheller. -- Beim eigentlichen höhern Rechtschreiben hilft eigener Sprachgeist schon eher fort, aber wer den nicht hat, da sieht es schlimm aus. Bür¬ ger klagt noch, daß "aus der ganzen Literärge¬ "schichte kein aufgeklärtes schreibendes Volk be¬ "kannt sei, welches im Ganzen so schlecht mit "seiner Sprache umgegangen, welches so nach¬ "lässig, so unbekümmert um Richtigkeit, Rein¬ "heit und Schönheit, ja welches so -- liederlich "geschrieben habe, als bisher unser Deutsches "Volk" (in seiner Anweisung zur Deutschen Sprache und Schreibart). Was ist es anders als die Wiederhohlung eines alten Vorwurfs, den uns schon Ottfried machte? "Diese Spra¬ "che wird für bäurisch gehalten, und selbst die, "welche sie reden, haben sie zu keiner Zeit we¬ "der durch Schrift, noch durch Kunst vollkomm¬ "ner zu machen gesucht, indem sie weder die Ge¬ "schichte ihrer Vorältern, wie es viele andere "Nationen thun, schriftlich verzeichnen, noch ih¬ "re Thaten und Leben erheben. Wenn sie auch "dieses thun, welches doch selten geschieht, so "brauchen sie vielmehr die Sprachen anderer
Völ¬
das kleine Lateiniſche von Scheller. — Beim eigentlichen höhern Rechtſchreiben hilft eigener Sprachgeiſt ſchon eher fort, aber wer den nicht hat, da ſieht es ſchlimm aus. Bür¬ ger klagt noch, daß „aus der ganzen Literärge¬ „ſchichte kein aufgeklärtes ſchreibendes Volk be¬ „kannt ſei, welches im Ganzen ſo ſchlecht mit „ſeiner Sprache umgegangen, welches ſo nach¬ „läſſig, ſo unbekümmert um Richtigkeit, Rein¬ „heit und Schönheit, ja welches ſo — liederlich „geſchrieben habe, als bisher unſer Deutſches „Volk“ (in ſeiner Anweiſung zur Deutſchen Sprache und Schreibart). Was iſt es anders als die Wiederhohlung eines alten Vorwurfs, den uns ſchon Ottfried machte? „Dieſe Spra¬ „che wird für bäuriſch gehalten, und ſelbſt die, „welche ſie reden, haben ſie zu keiner Zeit we¬ „der durch Schrift, noch durch Kunſt vollkomm¬ „ner zu machen geſucht, indem ſie weder die Ge¬ „ſchichte ihrer Vorältern, wie es viele andere „Nationen thun, ſchriftlich verzeichnen, noch ih¬ „re Thaten und Leben erheben. Wenn ſie auch „dieſes thun, welches doch ſelten geſchieht, ſo „brauchen ſie vielmehr die Sprachen anderer
Völ¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0222"n="192"/><fwtype="pageNum"place="top">192<lb/></fw><hirendition="#g">das kleine Lateiniſche von Scheller</hi>. —<lb/>
Beim eigentlichen höhern Rechtſchreiben hilft<lb/>
eigener Sprachgeiſt ſchon eher fort, aber wer<lb/>
den nicht hat, da ſieht es ſchlimm aus. Bür¬<lb/>
ger klagt noch, daß „aus der ganzen Literärge¬<lb/>„ſchichte kein aufgeklärtes ſchreibendes Volk be¬<lb/>„kannt ſei, welches im Ganzen ſo ſchlecht mit<lb/>„ſeiner Sprache umgegangen, welches ſo nach¬<lb/>„läſſig, ſo unbekümmert um Richtigkeit, Rein¬<lb/>„heit und Schönheit, ja welches ſo — liederlich<lb/>„geſchrieben habe, als bisher unſer Deutſches<lb/>„Volk“ (in ſeiner Anweiſung zur Deutſchen<lb/>
Sprache und Schreibart). Was iſt es anders<lb/>
als die Wiederhohlung eines alten Vorwurfs,<lb/>
den uns ſchon Ottfried machte? „Dieſe Spra¬<lb/>„che wird für bäuriſch gehalten, und ſelbſt die,<lb/>„welche ſie reden, haben ſie zu keiner Zeit we¬<lb/>„der durch Schrift, noch durch Kunſt vollkomm¬<lb/>„ner zu machen geſucht, indem ſie weder die Ge¬<lb/>„ſchichte ihrer Vorältern, wie es viele andere<lb/>„Nationen thun, ſchriftlich verzeichnen, noch ih¬<lb/>„re Thaten und Leben erheben. Wenn ſie auch<lb/>„dieſes thun, welches doch ſelten geſchieht, ſo<lb/>„brauchen ſie vielmehr die Sprachen anderer<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Völ¬<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[192/0222]
192
das kleine Lateiniſche von Scheller. —
Beim eigentlichen höhern Rechtſchreiben hilft
eigener Sprachgeiſt ſchon eher fort, aber wer
den nicht hat, da ſieht es ſchlimm aus. Bür¬
ger klagt noch, daß „aus der ganzen Literärge¬
„ſchichte kein aufgeklärtes ſchreibendes Volk be¬
„kannt ſei, welches im Ganzen ſo ſchlecht mit
„ſeiner Sprache umgegangen, welches ſo nach¬
„läſſig, ſo unbekümmert um Richtigkeit, Rein¬
„heit und Schönheit, ja welches ſo — liederlich
„geſchrieben habe, als bisher unſer Deutſches
„Volk“ (in ſeiner Anweiſung zur Deutſchen
Sprache und Schreibart). Was iſt es anders
als die Wiederhohlung eines alten Vorwurfs,
den uns ſchon Ottfried machte? „Dieſe Spra¬
„che wird für bäuriſch gehalten, und ſelbſt die,
„welche ſie reden, haben ſie zu keiner Zeit we¬
„der durch Schrift, noch durch Kunſt vollkomm¬
„ner zu machen geſucht, indem ſie weder die Ge¬
„ſchichte ihrer Vorältern, wie es viele andere
„Nationen thun, ſchriftlich verzeichnen, noch ih¬
„re Thaten und Leben erheben. Wenn ſie auch
„dieſes thun, welches doch ſelten geſchieht, ſo
„brauchen ſie vielmehr die Sprachen anderer
Völ¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/222>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.