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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

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Was soll der Nichtsthuer, der bloß Hiergewe¬
sene, mit einem Thatenlob, wenn er doch nie
eine Lobethat vollbrachte? Unsere alten Gottes¬
gelehrten waren den Leichenpredigten abhold,
hier einige von ihren Abmahnungen.

"Leichenpredigten schwere Predigten, denn
"sie beschweren Hand und Beutel mit Gold und
"Silber. Leichenpredigten sind auch zum öftern
"leichte Predigten, weil sie bei vielen gehen aus
"einem leichten Sinn. Jst es nicht eine Leicht¬
"sinnigkeit, daß Du an Gottes Stäte ein Lüg¬
"ner und falscher Zeuge bist, aus Finsterniß
"Licht, aus Lastern Tugenden machst, lobest was
"lästerlich ist, und setzest den Teufel auf Gottes
"Stuhl? Der Todte muß gerühmt werden,
"wäre er gleich ein Auszug aller Laster in sei¬
"nem Leben gewesen; sein Geiz muß Sparsam¬
"keit, sein fleischlicher Zorn ein göttlicher Eifer,
"seine Unflätherei Kurzweil heißen. Er that un¬
"recht, so sprichst Du: Er hat gelitten. Er fluch¬
"te, so sprichst Du: Er habe gebetet. Was rich¬
"test Du damit an? Deine leichte Predigten
"machen leichte lose Leute!"

D. Heinrich Müller's geistliche Erquickstunden
CCLXXVIII. p. 467.

Was ſoll der Nichtsthuer, der bloß Hiergewe¬
ſene, mit einem Thatenlob, wenn er doch nie
eine Lobethat vollbrachte? Unſere alten Gottes¬
gelehrten waren den Leichenpredigten abhold,
hier einige von ihren Abmahnungen.

„Leichenpredigten ſchwere Predigten, denn
„ſie beſchweren Hand und Beutel mit Gold und
„Silber. Leichenpredigten ſind auch zum öftern
„leichte Predigten, weil ſie bei vielen gehen aus
„einem leichten Sinn. Jſt es nicht eine Leicht¬
„ſinnigkeit, daß Du an Gottes Stäte ein Lüg¬
„ner und falſcher Zeuge biſt, aus Finſterniß
„Licht, aus Laſtern Tugenden machſt, lobeſt was
„läſterlich iſt, und ſetzeſt den Teufel auf Gottes
„Stuhl? Der Todte muß gerühmt werden,
„wäre er gleich ein Auszug aller Laſter in ſei¬
„nem Leben geweſen; ſein Geiz muß Sparſam¬
„keit, ſein fleiſchlicher Zorn ein göttlicher Eifer,
„ſeine Unflätherei Kurzweil heißen. Er that un¬
„recht, ſo ſprichſt Du: Er hat gelitten. Er fluch¬
„te, ſo ſprichſt Du: Er habe gebetet. Was rich¬
„teſt Du damit an? Deine leichte Predigten
„machen leichte loſe Leute!“

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CCLXXVIII. p. 467.
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[141/0171] 141 Was ſoll der Nichtsthuer, der bloß Hiergewe¬ ſene, mit einem Thatenlob, wenn er doch nie eine Lobethat vollbrachte? Unſere alten Gottes¬ gelehrten waren den Leichenpredigten abhold, hier einige von ihren Abmahnungen. „Leichenpredigten ſchwere Predigten, denn „ſie beſchweren Hand und Beutel mit Gold und „Silber. Leichenpredigten ſind auch zum öftern „leichte Predigten, weil ſie bei vielen gehen aus „einem leichten Sinn. Jſt es nicht eine Leicht¬ „ſinnigkeit, daß Du an Gottes Stäte ein Lüg¬ „ner und falſcher Zeuge biſt, aus Finſterniß „Licht, aus Laſtern Tugenden machſt, lobeſt was „läſterlich iſt, und ſetzeſt den Teufel auf Gottes „Stuhl? Der Todte muß gerühmt werden, „wäre er gleich ein Auszug aller Laſter in ſei¬ „nem Leben geweſen; ſein Geiz muß Sparſam¬ „keit, ſein fleiſchlicher Zorn ein göttlicher Eifer, „ſeine Unflätherei Kurzweil heißen. Er that un¬ „recht, ſo ſprichſt Du: Er hat gelitten. Er fluch¬ „te, ſo ſprichſt Du: Er habe gebetet. Was rich¬ „teſt Du damit an? Deine leichte Predigten „machen leichte loſe Leute!“ D. Heinrich Müller’s geiſtliche Erquickſtunden CCLXXVIII. p. 467.

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/171>, abgerufen am 22.11.2024.