aber nicht verschiedene für die Vornehmen, den Mittelstand und die gemeinen Leute. Hat denn die Liturgie weniger Einfluß als eine allgemeine Pharmacopöe? Jm leichtsinnigen Zeitalter wäre wohl Moses ernstes Ehegesetz ein Warnerwort vor dem feierlichen Gelübde, und Paulus herz¬ erhebende Stimme (1 Cor. 13. V. 1 bis 8) der erste Glückwunsch an die Neuvermählten.
Jn der Todtenbestattung liegen viele Mißbräuche, die den Eindruck des Sterbens auf die Lebenden schwächen. Beim Ableben eines Menschen sollte billig eine doppelte Schau an¬ gestellt werden, eine Todtenschau des Lei¬ bes, und eine Lebenschau des Geistes. Mit kirchlichen Gebräuchen werde jeder, nur nicht der Verbrecher beerdigt, aber auf gleiche Art; denn der Tod ist der mächtigste Gleichma¬ cher. Es ist gegen Menschlichkeit, und Volks¬ ehre, und Bürgertugend, wenn der reichgewor¬ dene Wucherer mit einem Leichenbegängniß prangt, und der edelsinnige Arme still verscharrt wird. Kurze Standreden mögen bleiben, aber keine Leichenpredigten, ohne ein Todtenge¬ richt von Geschwornen, und höhere Erlaubniß.
aber nicht verſchiedene für die Vornehmen, den Mittelſtand und die gemeinen Leute. Hat denn die Liturgie weniger Einfluß als eine allgemeine Pharmacopöe? Jm leichtſinnigen Zeitalter wäre wohl Moſes ernſtes Ehegeſetz ein Warnerwort vor dem feierlichen Gelübde, und Paulus herz¬ erhebende Stimme (1 Cor. 13. V. 1 bis 8) der erſte Glückwunſch an die Neuvermählten.
Jn der Todtenbeſtattung liegen viele Mißbräuche, die den Eindruck des Sterbens auf die Lebenden ſchwächen. Beim Ableben eines Menſchen ſollte billig eine doppelte Schau an¬ geſtellt werden, eine Todtenſchau des Lei¬ bes, und eine Lebenſchau des Geiſtes. Mit kirchlichen Gebräuchen werde jeder, nur nicht der Verbrecher beerdigt, aber auf gleiche Art; denn der Tod iſt der mächtigſte Gleichma¬ cher. Es iſt gegen Menſchlichkeit, und Volks¬ ehre, und Bürgertugend, wenn der reichgewor¬ dene Wucherer mit einem Leichenbegängniß prangt, und der edelſinnige Arme ſtill verſcharrt wird. Kurze Standreden mögen bleiben, aber keine Leichenpredigten, ohne ein Todtenge¬ richt von Geſchwornen, und höhere Erlaubniß.
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aber nicht verſchiedene für die Vornehmen, den
Mittelſtand und die gemeinen Leute. Hat denn
die Liturgie weniger Einfluß als eine allgemeine
Pharmacopöe? Jm leichtſinnigen Zeitalter wäre
wohl Moſes ernſtes Ehegeſetz ein Warnerwort
vor dem feierlichen Gelübde, und Paulus herz¬
erhebende Stimme (1 Cor. 13. V. 1 bis 8) der
erſte Glückwunſch an die Neuvermählten.
Jn der Todtenbeſtattung liegen viele
Mißbräuche, die den Eindruck des Sterbens auf
die Lebenden ſchwächen. Beim Ableben eines
Menſchen ſollte billig eine doppelte Schau an¬
geſtellt werden, eine Todtenſchau des Lei¬
bes, und eine Lebenſchau des Geiſtes.
Mit kirchlichen Gebräuchen werde jeder, nur
nicht der Verbrecher beerdigt, aber auf gleiche
Art; denn der Tod iſt der mächtigſte Gleichma¬
cher. Es iſt gegen Menſchlichkeit, und Volks¬
ehre, und Bürgertugend, wenn der reichgewor¬
dene Wucherer mit einem Leichenbegängniß
prangt, und der edelſinnige Arme ſtill verſcharrt
wird. Kurze Standreden mögen bleiben, aber
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/170>, abgerufen am 25.11.2024.
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