Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

"Handwerks ein Kürschner zu Nürnberg, Fechtschule
"gehalten, zu welcher unversehens etliche Sächsische
"Trabanten gekommen, die ihm zwar heftig zugesetzet,
"ihn aber doch nicht haben verletzen können. Es war
"dies eine sehr tapfere Fechtschule, dergleichen in vielen
"Jahren zu Nürnberg nicht gesehen worden. 1585 sind
"die Fechtschulen wegen Sterbeläufte verboten, und
"1593 wieder eine auf dem Egidier Hof gehalten wor-
"den. 1691 den 20ten Jul. sind die Fechtschulen durch
"ein Mandat verboten worden, weis aber nicht aus
"welcher Ursache. Denn sie dauerten doch noch, und
"erinnere ich mich, daß sich in der ersten Hälfte des
"gegenwärtigen Jahrhunderts noch Klopf- und Feder-
"fechter im Fechthause haben sehen lassen."

Neben diesen Fechtergesellschaften aus dem Bürger-
und Handwerker-Stande blühte die Fechtkunst auf hohen
Schulen. Hier wurde leider aus nichtiger Vornehm-
thuerei, und um den Götzen des Franzosenthums zu
fröhnen, die Kunstsprache verfälscht und verwälscht. Aus-
ländische Brocken und Flicken verlappten das Ganze,
bis es als etwas Entlehntes aussah; Kreusler, Vater
und Sohn, haben wenigstens die Deutsche Fechtkunst
auf den Stoß in der Werkthätigkeit erhalten. Ihre
Schüler haben in allen Landen das Übergewicht der
Deutschen Fechtkunst herrlich gewiesen, und durch sie so
obgesiegt, daß einst in Paris keiner als Fechtmeister

be-

„Handwerks ein Kürſchner zu Nürnberg, Fechtſchule
„gehalten, zu welcher unverſehens etliche Sächſiſche
„Trabanten gekommen, die ihm zwar heftig zugeſetzet,
„ihn aber doch nicht haben verletzen können. Es war
„dies eine ſehr tapfere Fechtſchule, dergleichen in vielen
„Jahren zu Nürnberg nicht geſehen worden. 1585 ſind
„die Fechtſchulen wegen Sterbeläufte verboten, und
„1593 wieder eine auf dem Egidier Hof gehalten wor-
„den. 1691 den 20ten Jul. ſind die Fechtſchulen durch
„ein Mandat verboten worden, weis aber nicht aus
„welcher Urſache. Denn ſie dauerten doch noch, und
„erinnere ich mich, daß ſich in der erſten Hälfte des
„gegenwärtigen Jahrhunderts noch Klopf- und Feder-
„fechter im Fechthauſe haben ſehen laſſen.“

Neben dieſen Fechtergeſellſchaften aus dem Bürger-
und Handwerker-Stande blühte die Fechtkunſt auf hohen
Schulen. Hier wurde leider aus nichtiger Vornehm-
thuerei, und um den Götzen des Franzoſenthums zu
fröhnen, die Kunſtſprache verfälſcht und verwälſcht. Aus-
ländiſche Brocken und Flicken verlappten das Ganze,
bis es als etwas Entlehntes ausſah; Kreusler, Vater
und Sohn, haben wenigſtens die Deutſche Fechtkunſt
auf den Stoß in der Werkthätigkeit erhalten. Ihre
Schüler haben in allen Landen das Übergewicht der
Deutſchen Fechtkunſt herrlich gewieſen, und durch ſie ſo
obgeſiegt, daß einſt in Paris keiner als Fechtmeiſter

be-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0353" n="283"/>
&#x201E;Handwerks ein Kür&#x017F;chner zu Nürnberg, Fecht&#x017F;chule<lb/>
&#x201E;gehalten, zu welcher unver&#x017F;ehens etliche Säch&#x017F;i&#x017F;che<lb/>
&#x201E;Trabanten gekommen, die ihm zwar heftig zuge&#x017F;etzet,<lb/>
&#x201E;ihn aber doch nicht haben verletzen können. Es war<lb/>
&#x201E;dies eine &#x017F;ehr tapfere Fecht&#x017F;chule, dergleichen in vielen<lb/>
&#x201E;Jahren zu Nürnberg nicht ge&#x017F;ehen worden. 1585 &#x017F;ind<lb/>
&#x201E;die Fecht&#x017F;chulen wegen Sterbeläufte verboten, und<lb/>
&#x201E;1593 wieder eine auf dem Egidier Hof gehalten wor-<lb/>
&#x201E;den. 1691 den 20ten Jul. &#x017F;ind die Fecht&#x017F;chulen durch<lb/>
&#x201E;ein <hi rendition="#aq">Mandat</hi> verboten worden, weis aber nicht aus<lb/>
&#x201E;welcher Ur&#x017F;ache. Denn &#x017F;ie dauerten doch noch, und<lb/>
&#x201E;erinnere ich mich, daß &#x017F;ich in der er&#x017F;ten Hälfte des<lb/>
&#x201E;gegenwärtigen Jahrhunderts noch Klopf- und Feder-<lb/>
&#x201E;fechter im Fechthau&#x017F;e haben &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en.&#x201C;</p><lb/>
            <p>Neben die&#x017F;en Fechterge&#x017F;ell&#x017F;chaften aus dem Bürger-<lb/>
und Handwerker-Stande blühte die Fechtkun&#x017F;t auf hohen<lb/>
Schulen. Hier wurde leider aus nichtiger Vornehm-<lb/>
thuerei, und um den Götzen des Franzo&#x017F;enthums zu<lb/>
fröhnen, die Kun&#x017F;t&#x017F;prache verfäl&#x017F;cht und verwäl&#x017F;cht. Aus-<lb/>
ländi&#x017F;che Brocken und Flicken verlappten das Ganze,<lb/>
bis es als etwas Entlehntes aus&#x017F;ah; <hi rendition="#g">Kreusler,</hi> Vater<lb/>
und Sohn, haben wenig&#x017F;tens die Deut&#x017F;che Fechtkun&#x017F;t<lb/>
auf den Stoß in der Werkthätigkeit erhalten. Ihre<lb/>
Schüler haben in allen Landen das Übergewicht der<lb/>
Deut&#x017F;chen Fechtkun&#x017F;t herrlich gewie&#x017F;en, und durch &#x017F;ie &#x017F;o<lb/>
obge&#x017F;iegt, daß ein&#x017F;t in Paris keiner als Fechtmei&#x017F;ter<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">be-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[283/0353] „Handwerks ein Kürſchner zu Nürnberg, Fechtſchule „gehalten, zu welcher unverſehens etliche Sächſiſche „Trabanten gekommen, die ihm zwar heftig zugeſetzet, „ihn aber doch nicht haben verletzen können. Es war „dies eine ſehr tapfere Fechtſchule, dergleichen in vielen „Jahren zu Nürnberg nicht geſehen worden. 1585 ſind „die Fechtſchulen wegen Sterbeläufte verboten, und „1593 wieder eine auf dem Egidier Hof gehalten wor- „den. 1691 den 20ten Jul. ſind die Fechtſchulen durch „ein Mandat verboten worden, weis aber nicht aus „welcher Urſache. Denn ſie dauerten doch noch, und „erinnere ich mich, daß ſich in der erſten Hälfte des „gegenwärtigen Jahrhunderts noch Klopf- und Feder- „fechter im Fechthauſe haben ſehen laſſen.“ Neben dieſen Fechtergeſellſchaften aus dem Bürger- und Handwerker-Stande blühte die Fechtkunſt auf hohen Schulen. Hier wurde leider aus nichtiger Vornehm- thuerei, und um den Götzen des Franzoſenthums zu fröhnen, die Kunſtſprache verfälſcht und verwälſcht. Aus- ländiſche Brocken und Flicken verlappten das Ganze, bis es als etwas Entlehntes ausſah; Kreusler, Vater und Sohn, haben wenigſtens die Deutſche Fechtkunſt auf den Stoß in der Werkthätigkeit erhalten. Ihre Schüler haben in allen Landen das Übergewicht der Deutſchen Fechtkunſt herrlich gewieſen, und durch ſie ſo obgeſiegt, daß einſt in Paris keiner als Fechtmeiſter be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816/353
Zitationshilfe: Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816/353>, abgerufen am 22.11.2024.