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Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816.

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bereits ausmacht. Viele Übungen müssen aber schlech-
terdings gleichzeitig getrieben werden, weil sonst die Be-
sonderheit und Einerleiheit auch selbst der besten Übung
der Gesammtbildung widerstreiten würde. Wollte man
bloß eine Übung erst bis zur höchsten Vollkommenheit
bringen, um dann zu einer andern überzugehen; so
würde die Jugendzeit nicht lang genug sein, um nur
in ein Paar Hauptturnübungen Fertigkeit zu erlangen.
Die leibliche Kraft läßt es auch nicht dahin kommen.
In solchem Zerren und Renken würde sie erlahmen und
erstarren. Nur die öftere Wiederholung erzeugt die
Vollkommenheit, wenn anders die Wechselwürkung ande-
rer Übungen hinzukommt.

So wenig man aber einen Knaben in einem fort
immer nur bloß mit einer Übung beschäftigen soll, so
giebt es doch gewisse, mit welchen man den Anfang
machen muß, und die gleichsam Einleitung und Vor-
schule zum Ganzen der Turnkunst sind. Jeder nicht ein-
geturnte Knabe oder Jüngling ist entweder versteift,
oder wenn er auch noch Gelenkigkeit besitzt, so versteht
er wenigstens selten mit seinen Gliedern regelrechte Be-
wegungen zu machen. Allen diesen Mängeln helfen die
beschriebenen Spring- und Schwingvorübungen
(S. Seite 15 -- 21 und Seite 39 -- 42.) am Zweck-
mäßigsten ab. Sie muß man mit jedem Neuen, der zur
Turnanstalt kommt, zuerst und viel üben, und dann oft

wie-

bereits ausmacht. Viele Übungen müſſen aber ſchlech-
terdings gleichzeitig getrieben werden, weil ſonſt die Be-
ſonderheit und Einerleiheit auch ſelbſt der beſten Übung
der Geſammtbildung widerſtreiten würde. Wollte man
bloß eine Übung erſt bis zur höchſten Vollkommenheit
bringen, um dann zu einer andern überzugehen; ſo
würde die Jugendzeit nicht lang genug ſein, um nur
in ein Paar Hauptturnübungen Fertigkeit zu erlangen.
Die leibliche Kraft läßt es auch nicht dahin kommen.
In ſolchem Zerren und Renken würde ſie erlahmen und
erſtarren. Nur die öftere Wiederholung erzeugt die
Vollkommenheit, wenn anders die Wechſelwürkung ande-
rer Übungen hinzukommt.

So wenig man aber einen Knaben in einem fort
immer nur bloß mit einer Übung beſchäftigen ſoll, ſo
giebt es doch gewiſſe, mit welchen man den Anfang
machen muß, und die gleichſam Einleitung und Vor-
ſchule zum Ganzen der Turnkunſt ſind. Jeder nicht ein-
geturnte Knabe oder Jüngling iſt entweder verſteift,
oder wenn er auch noch Gelenkigkeit beſitzt, ſo verſteht
er wenigſtens ſelten mit ſeinen Gliedern regelrechte Be-
wegungen zu machen. Allen dieſen Mängeln helfen die
beſchriebenen Spring- und Schwingvorübungen
(S. Seite 15 — 21 und Seite 39 — 42.) am Zweck-
mäßigſten ab. Sie muß man mit jedem Neuen, der zur
Turnanſtalt kommt, zuerſt und viel üben, und dann oft

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[220/0290] bereits ausmacht. Viele Übungen müſſen aber ſchlech- terdings gleichzeitig getrieben werden, weil ſonſt die Be- ſonderheit und Einerleiheit auch ſelbſt der beſten Übung der Geſammtbildung widerſtreiten würde. Wollte man bloß eine Übung erſt bis zur höchſten Vollkommenheit bringen, um dann zu einer andern überzugehen; ſo würde die Jugendzeit nicht lang genug ſein, um nur in ein Paar Hauptturnübungen Fertigkeit zu erlangen. Die leibliche Kraft läßt es auch nicht dahin kommen. In ſolchem Zerren und Renken würde ſie erlahmen und erſtarren. Nur die öftere Wiederholung erzeugt die Vollkommenheit, wenn anders die Wechſelwürkung ande- rer Übungen hinzukommt. So wenig man aber einen Knaben in einem fort immer nur bloß mit einer Übung beſchäftigen ſoll, ſo giebt es doch gewiſſe, mit welchen man den Anfang machen muß, und die gleichſam Einleitung und Vor- ſchule zum Ganzen der Turnkunſt ſind. Jeder nicht ein- geturnte Knabe oder Jüngling iſt entweder verſteift, oder wenn er auch noch Gelenkigkeit beſitzt, ſo verſteht er wenigſtens ſelten mit ſeinen Gliedern regelrechte Be- wegungen zu machen. Allen dieſen Mängeln helfen die beſchriebenen Spring- und Schwingvorübungen (S. Seite 15 — 21 und Seite 39 — 42.) am Zweck- mäßigſten ab. Sie muß man mit jedem Neuen, der zur Turnanſtalt kommt, zuerſt und viel üben, und dann oft wie-

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816/290>, abgerufen am 25.11.2024.