terdeutschewerfen so gern den Zweifel auf: Ob man im Deutschen sich auch Deutsch aus- drücken könne? Ihre Sprachschwäche, Unwis- senheit und Verkehrtheit dichten sie der edeln Deutschen Heldensprache an, verlassen diese feld- flüchtig, ergeben sich der Wälschsucht und mein- deutschen.
Kunstner und Wissenschafter sind in der Regel für reindeutsche Kunstwörter in allen an- dern Künsten und Wissenschaften. Von den ihrigen kommt es ihnen immer zu schwer vor, und darum lassen sie es auch ohne Versuche bewenden. Auch ist selten unter ihnen solch ge- selliger Verkehr und gesellschaftlicher Verein, als die Sprachbildung erfordert. Soll eine Kunst- sprache lebendig sein, so muß sie aus dem Leben hervorgehn. Ein Einzelner kann wohl die Sprache zu seinem Theil rein halten, nur nicht allein rein fegen.
Übrigens entspringt alle Wortmengerei aus Unkunde, Sprachfaulheit und Vornehmthuerei. Leider können alle Klagen und Reden dagegen nichts helfen, so lange die Deutschen Kinder in ihrer Kindheit geflissentlich um ihre Mutter-
sprache
terdeutſchewerfen ſo gern den Zweifel auf: Ob man im Deutſchen ſich auch Deutſch aus- drücken könne? Ihre Sprachſchwäche, Unwiſ- ſenheit und Verkehrtheit dichten ſie der edeln Deutſchen Heldenſprache an, verlaſſen dieſe feld- flüchtig, ergeben ſich der Wälſchſucht und mein- deutſchen.
Kunſtner und Wiſſenſchafter ſind in der Regel für reindeutſche Kunſtwörter in allen an- dern Künſten und Wiſſenſchaften. Von den ihrigen kommt es ihnen immer zu ſchwer vor, und darum laſſen ſie es auch ohne Verſuche bewenden. Auch iſt ſelten unter ihnen ſolch ge- ſelliger Verkehr und geſellſchaftlicher Verein, als die Sprachbildung erfordert. Soll eine Kunſt- ſprache lebendig ſein, ſo muß ſie aus dem Leben hervorgehn. Ein Einzelner kann wohl die Sprache zu ſeinem Theil rein halten, nur nicht allein rein fegen.
Übrigens entſpringt alle Wortmengerei aus Unkunde, Sprachfaulheit und Vornehmthuerei. Leider können alle Klagen und Reden dagegen nichts helfen, ſo lange die Deutſchen Kinder in ihrer Kindheit gefliſſentlich um ihre Mutter-
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[XX/0026]
terdeutſche werfen ſo gern den Zweifel auf:
Ob man im Deutſchen ſich auch Deutſch aus-
drücken könne? Ihre Sprachſchwäche, Unwiſ-
ſenheit und Verkehrtheit dichten ſie der edeln
Deutſchen Heldenſprache an, verlaſſen dieſe feld-
flüchtig, ergeben ſich der Wälſchſucht und mein-
deutſchen.
Kunſtner und Wiſſenſchafter ſind in der
Regel für reindeutſche Kunſtwörter in allen an-
dern Künſten und Wiſſenſchaften. Von den
ihrigen kommt es ihnen immer zu ſchwer vor,
und darum laſſen ſie es auch ohne Verſuche
bewenden. Auch iſt ſelten unter ihnen ſolch ge-
ſelliger Verkehr und geſellſchaftlicher Verein, als
die Sprachbildung erfordert. Soll eine Kunſt-
ſprache lebendig ſein, ſo muß ſie aus dem Leben
hervorgehn. Ein Einzelner kann wohl die
Sprache zu ſeinem Theil rein halten, nur nicht
allein rein fegen.
Übrigens entſpringt alle Wortmengerei aus
Unkunde, Sprachfaulheit und Vornehmthuerei.
Leider können alle Klagen und Reden dagegen
nichts helfen, ſo lange die Deutſchen Kinder in
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Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816, S. XX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816/26>, abgerufen am 22.11.2024.
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