alle solche Turner beschäftigen, die nicht am Schwingen und Fechten Theil nehmen können. Jung und Alt sollte es treiben, und nicht unter seiner Würde halten.
Die Geschichte der frühern Turnkunst in Deutschen Landen verdient eine gründliche Untersuchung. Fast alle Volksfeste sind durch Vernachläßigung der Turnkunst eingegangen oder verkommen. Ein jedes Volksfest, was Bestand haben soll, muß seine Zeit halten, und seinen Ort haben. Geschichtliche Denkwürdigkeit wird im lebendigen Anschaun männlicher Kraft er- neuert, und die Ehrenthat der Altvordern ver- jüngt sich im Wettturnen. Ein wirres Volks- gewoge macht so wenig ein Volksfest, als die bloße Menge einen Jahrmarkt. Es muß etwas hinzu kommen, was dem Treiben einen Halt giebt. Wo sich allerlei Leute nur als müßige Eckner mit dem Bahgesicht angaffen können, und weiter nichts zur Augenweide haben -- da stehen sie sich einander im Wege, und müden sich freudenlos ab, weil die festliche Würze fehlt. Erst wird die Zeit langweilig, und dann der Tag unheilig. Da soll überreichliches Essen
und
alle ſolche Turner beſchäftigen, die nicht am Schwingen und Fechten Theil nehmen können. Jung und Alt ſollte es treiben, und nicht unter ſeiner Würde halten.
Die Geſchichte der frühern Turnkunſt in Deutſchen Landen verdient eine gründliche Unterſuchung. Faſt alle Volksfeſte ſind durch Vernachläßigung der Turnkunſt eingegangen oder verkommen. Ein jedes Volksfeſt, was Beſtand haben ſoll, muß ſeine Zeit halten, und ſeinen Ort haben. Geſchichtliche Denkwürdigkeit wird im lebendigen Anſchaun männlicher Kraft er- neuert, und die Ehrenthat der Altvordern ver- jüngt ſich im Wettturnen. Ein wirres Volks- gewoge macht ſo wenig ein Volksfeſt, als die bloße Menge einen Jahrmarkt. Es muß etwas hinzu kommen, was dem Treiben einen Halt giebt. Wo ſich allerlei Leute nur als müßige Eckner mit dem Bahgeſicht angaffen können, und weiter nichts zur Augenweide haben — da ſtehen ſie ſich einander im Wege, und müden ſich freudenlos ab, weil die feſtliche Würze fehlt. Erſt wird die Zeit langweilig, und dann der Tag unheilig. Da ſoll überreichliches Eſſen
und
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[XVIII/0024]
alle ſolche Turner beſchäftigen, die nicht am
Schwingen und Fechten Theil nehmen können.
Jung und Alt ſollte es treiben, und nicht unter
ſeiner Würde halten.
Die Geſchichte der frühern Turnkunſt
in Deutſchen Landen verdient eine gründliche
Unterſuchung. Faſt alle Volksfeſte ſind durch
Vernachläßigung der Turnkunſt eingegangen
oder verkommen. Ein jedes Volksfeſt, was Beſtand
haben ſoll, muß ſeine Zeit halten, und ſeinen
Ort haben. Geſchichtliche Denkwürdigkeit wird
im lebendigen Anſchaun männlicher Kraft er-
neuert, und die Ehrenthat der Altvordern ver-
jüngt ſich im Wettturnen. Ein wirres Volks-
gewoge macht ſo wenig ein Volksfeſt, als die
bloße Menge einen Jahrmarkt. Es muß etwas
hinzu kommen, was dem Treiben einen Halt
giebt. Wo ſich allerlei Leute nur als müßige
Eckner mit dem Bahgeſicht angaffen können,
und weiter nichts zur Augenweide haben — da
ſtehen ſie ſich einander im Wege, und müden
ſich freudenlos ab, weil die feſtliche Würze fehlt.
Erſt wird die Zeit langweilig, und dann der
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Jahn, Friedrich L.; Eiselen, Ernst W. B.: Die deutsche Turnkunst, zur Einrichtung der Turnplätze dargestellt. Berlin, 1816, S. XVIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_turnkunst_1816/24>, abgerufen am 22.11.2024.
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