Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacoby, Johann: Vier Fragen, beantwortet von einem Ostpreußen. Mannheim, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Und diese Hoffnung des preußischen Volkes auszu-
sprechen, -- wer war mehr dazu geeignet als der Kö-
nigsberger-Huldigungslandtag?! Von seinem Könige auf-
gefordert, nach altherkömmlichem Brauche "die Bestäti-
gung etwa noch bestehender Privilegien in Antrag zu
bringen," beschloß der Landtag mit 87 Stimmen gegen
5, die Verfassungsrechte zu wahren und Sr. Maj. an
die bereits durch das Edict v. 22. Mai 1815 gesezlich
gewährte, aber factisch noch immer nicht ins Leben getre-
tene Volksrepräsentation zu erinnern. Ostpreußen arm
und wenig beachtet, noch wund von jenen unglücklichen
Kriegsjahren hat nicht seine Leiden geklagt, vielmehr seine
Noth anständig verhüllend die Sache des gesammten
Vaterlandes in freier, männlich-loyaler Rede geführt.
Seit drei Jahrzehnten deuten Preußens Geschichte und
Preußens-Gesetzgebung gleich unabweisbar auf die Noth-
wendigkeit einer Volksvertretung hin; nur durch sie kann
der Beamten-Willkür Einhalt geschehn, nur durch sie kann
des Volkes Stimme zum Throne gelangen und zwischen
Regierung und Regierten das Vertrauen wieder her-
gestellt werden, welches allein bei künftigen politischen
Stürmen (und schon ziehen die Wolken dicht zusammen)
das Land vor dem Schicksale des Jahres 1807 zu schü-
tzen vermag. Nicht bloß berechtigt war der Huldigungs-
landtag zu solcher Mahnung, er erfüllte dadurch eine
Pflicht gegen das Vaterland und gegen den König. --


Und dieſe Hoffnung des preußiſchen Volkes auszu-
ſprechen, — wer war mehr dazu geeignet als der Koͤ-
nigsberger-Huldigungslandtag?! Von ſeinem Koͤnige auf-
gefordert, nach altherkoͤmmlichem Brauche „die Beſtaͤti-
gung etwa noch beſtehender Privilegien in Antrag zu
bringen,“ beſchloß der Landtag mit 87 Stimmen gegen
5, die Verfaſſungsrechte zu wahren und Sr. Maj. an
die bereits durch das Edict v. 22. Mai 1815 geſezlich
gewaͤhrte, aber factiſch noch immer nicht ins Leben getre-
tene Volksrepraͤſentation zu erinnern. Oſtpreußen arm
und wenig beachtet, noch wund von jenen ungluͤcklichen
Kriegsjahren hat nicht ſeine Leiden geklagt, vielmehr ſeine
Noth anſtaͤndig verhuͤllend die Sache des geſammten
Vaterlandes in freier, maͤnnlich-loyaler Rede gefuͤhrt.
Seit drei Jahrzehnten deuten Preußens Geſchichte und
Preußens-Geſetzgebung gleich unabweisbar auf die Noth-
wendigkeit einer Volksvertretung hin; nur durch ſie kann
der Beamten-Willkuͤr Einhalt geſchehn, nur durch ſie kann
des Volkes Stimme zum Throne gelangen und zwiſchen
Regierung und Regierten das Vertrauen wieder her-
geſtellt werden, welches allein bei kuͤnftigen politiſchen
Stuͤrmen (und ſchon ziehen die Wolken dicht zuſammen)
das Land vor dem Schickſale des Jahres 1807 zu ſchuͤ-
tzen vermag. Nicht bloß berechtigt war der Huldigungs-
landtag zu ſolcher Mahnung, er erfuͤllte dadurch eine
Pflicht gegen das Vaterland und gegen den Koͤnig. —


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0042" n="36"/>
          <p>Und die&#x017F;e Hoffnung des preußi&#x017F;chen Volkes auszu-<lb/>
&#x017F;prechen, &#x2014; wer war mehr dazu geeignet als der Ko&#x0364;-<lb/>
nigsberger-Huldigungslandtag?! Von &#x017F;einem Ko&#x0364;nige auf-<lb/>
gefordert, nach altherko&#x0364;mmlichem Brauche &#x201E;die Be&#x017F;ta&#x0364;ti-<lb/>
gung etwa noch be&#x017F;tehender Privilegien in Antrag zu<lb/>
bringen,&#x201C; be&#x017F;chloß der Landtag mit 87 Stimmen gegen<lb/>
5, die Verfa&#x017F;&#x017F;ungsrechte zu wahren und Sr. Maj. an<lb/>
die bereits durch das Edict v. 22. Mai 1815 <hi rendition="#g">ge&#x017F;ezlich</hi><lb/>
gewa&#x0364;hrte, aber facti&#x017F;ch noch immer nicht ins Leben getre-<lb/>
tene Volksrepra&#x0364;&#x017F;entation zu erinnern. O&#x017F;tpreußen arm<lb/>
und wenig beachtet, noch wund von jenen unglu&#x0364;cklichen<lb/>
Kriegsjahren hat nicht &#x017F;eine Leiden geklagt, vielmehr &#x017F;eine<lb/>
Noth an&#x017F;ta&#x0364;ndig verhu&#x0364;llend die Sache des <hi rendition="#g">ge&#x017F;ammten</hi><lb/>
Vaterlandes in freier, ma&#x0364;nnlich-loyaler Rede gefu&#x0364;hrt.<lb/>
Seit drei Jahrzehnten deuten Preußens Ge&#x017F;chichte und<lb/>
Preußens-Ge&#x017F;etzgebung gleich unabweisbar auf die Noth-<lb/>
wendigkeit einer Volksvertretung hin; nur durch &#x017F;ie kann<lb/>
der Beamten-Willku&#x0364;r Einhalt ge&#x017F;chehn, nur durch &#x017F;ie kann<lb/>
des Volkes Stimme zum Throne gelangen und zwi&#x017F;chen<lb/>
Regierung und Regierten <hi rendition="#g">das</hi> Vertrauen wieder her-<lb/>
ge&#x017F;tellt werden, welches allein bei ku&#x0364;nftigen politi&#x017F;chen<lb/>
Stu&#x0364;rmen (und &#x017F;chon ziehen die Wolken dicht zu&#x017F;ammen)<lb/>
das Land vor dem Schick&#x017F;ale des Jahres 1807 zu &#x017F;chu&#x0364;-<lb/>
tzen vermag. Nicht bloß <hi rendition="#g">berechtigt</hi> war der Huldigungs-<lb/>
landtag zu &#x017F;olcher Mahnung, er erfu&#x0364;llte dadurch eine<lb/><hi rendition="#g">Pflicht</hi> gegen das Vaterland und gegen den Ko&#x0364;nig. &#x2014;</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[36/0042] Und dieſe Hoffnung des preußiſchen Volkes auszu- ſprechen, — wer war mehr dazu geeignet als der Koͤ- nigsberger-Huldigungslandtag?! Von ſeinem Koͤnige auf- gefordert, nach altherkoͤmmlichem Brauche „die Beſtaͤti- gung etwa noch beſtehender Privilegien in Antrag zu bringen,“ beſchloß der Landtag mit 87 Stimmen gegen 5, die Verfaſſungsrechte zu wahren und Sr. Maj. an die bereits durch das Edict v. 22. Mai 1815 geſezlich gewaͤhrte, aber factiſch noch immer nicht ins Leben getre- tene Volksrepraͤſentation zu erinnern. Oſtpreußen arm und wenig beachtet, noch wund von jenen ungluͤcklichen Kriegsjahren hat nicht ſeine Leiden geklagt, vielmehr ſeine Noth anſtaͤndig verhuͤllend die Sache des geſammten Vaterlandes in freier, maͤnnlich-loyaler Rede gefuͤhrt. Seit drei Jahrzehnten deuten Preußens Geſchichte und Preußens-Geſetzgebung gleich unabweisbar auf die Noth- wendigkeit einer Volksvertretung hin; nur durch ſie kann der Beamten-Willkuͤr Einhalt geſchehn, nur durch ſie kann des Volkes Stimme zum Throne gelangen und zwiſchen Regierung und Regierten das Vertrauen wieder her- geſtellt werden, welches allein bei kuͤnftigen politiſchen Stuͤrmen (und ſchon ziehen die Wolken dicht zuſammen) das Land vor dem Schickſale des Jahres 1807 zu ſchuͤ- tzen vermag. Nicht bloß berechtigt war der Huldigungs- landtag zu ſolcher Mahnung, er erfuͤllte dadurch eine Pflicht gegen das Vaterland und gegen den Koͤnig. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacoby_fragen_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacoby_fragen_1841/42
Zitationshilfe: Jacoby, Johann: Vier Fragen, beantwortet von einem Ostpreußen. Mannheim, 1841, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacoby_fragen_1841/42>, abgerufen am 27.11.2024.