ein Bürger wider den andern mit bewaff- neter Hand. Königliche und Obrigkeitliche Gewalt galt nur so weit, als ein bewaff- neter Bürger freywillig erlaubte, oder ein tyrannischer Held sich fürchtend machte. Man lebte in einer ungezähmten und un- bändigen Freyheit. Man bedenke aber- mahls, wie viele Wunder hätten gesche- hen müssen, und wie viele Propheten nöthig gewesen wären, wenn bey diesen Umstän- den noch eine wahre Weisheit und erhab- nere Erkänntniß göttlicher Dinge in den Gemüthern hätte bleiben sollen. Und was würde ihr Unterricht gefruchtet haben? War es auch möglich, daß in so verwil- derten und verhärteten Gemüthern edlere Gesinnungen, sanfte Triebe und göttliche Tugenden hätten hervorgebracht und er- halten werden können? Was für grosse Anstalten werden anjetzt nicht erfordert, ei- ne gereinigtere Religion nur unter einigen Menschen zu erhalten? Konnten in jenen rohen Zeiten solche Anstalten statt finden?
§. 17.
Nach und nach aber wurde eine kleineUrsprung der Wissen- schaften und milde- rer Sitten. Gesellschaft von der andern verschlungen, und es entstanden grössere Städte, Staa- ten und Königreiche, und in denselben eini- ge vor andern bemittelte Personen, wel- che sich eine wollüstigere Lebensarth ver- schafften und derselben gewöhneten. Die-
sen
ein Buͤrger wider den andern mit bewaff- neter Hand. Koͤnigliche und Obrigkeitliche Gewalt galt nur ſo weit, als ein bewaff- neter Buͤrger freywillig erlaubte, oder ein tyranniſcher Held ſich fuͤrchtend machte. Man lebte in einer ungezaͤhmten und un- baͤndigen Freyheit. Man bedenke aber- mahls, wie viele Wunder haͤtten geſche- hen muͤſſen, und wie viele Propheten noͤthig geweſen waͤren, wenn bey dieſen Umſtaͤn- den noch eine wahre Weisheit und erhab- nere Erkaͤnntniß goͤttlicher Dinge in den Gemuͤthern haͤtte bleiben ſollen. Und was wuͤrde ihr Unterricht gefruchtet haben? War es auch moͤglich, daß in ſo verwil- derten und verhaͤrteten Gemuͤthern edlere Geſinnungen, ſanfte Triebe und goͤttliche Tugenden haͤtten hervorgebracht und er- halten werden koͤnnen? Was fuͤr groſſe Anſtalten werden anjetzt nicht erfordert, ei- ne gereinigtere Religion nur unter einigen Menſchen zu erhalten? Konnten in jenen rohen Zeiten ſolche Anſtalten ſtatt finden?
§. 17.
Nach und nach aber wurde eine kleineUrſprung der Wiſſen- ſchaften und milde- rer Sitten. Geſellſchaft von der andern verſchlungen, und es entſtanden groͤſſere Staͤdte, Staa- ten und Koͤnigreiche, und in denſelben eini- ge vor andern bemittelte Perſonen, wel- che ſich eine wolluͤſtigere Lebensarth ver- ſchafften und derſelben gewoͤhneten. Die-
ſen
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ein Buͤrger wider den andern mit bewaff-
neter Hand. Koͤnigliche und Obrigkeitliche
Gewalt galt nur ſo weit, als ein bewaff-
neter Buͤrger freywillig erlaubte, oder ein
tyranniſcher Held ſich fuͤrchtend machte.
Man lebte in einer ungezaͤhmten und un-
baͤndigen Freyheit. Man bedenke aber-
mahls, wie viele Wunder haͤtten geſche-
hen muͤſſen, und wie viele Propheten noͤthig
geweſen waͤren, wenn bey dieſen Umſtaͤn-
den noch eine wahre Weisheit und erhab-
nere Erkaͤnntniß goͤttlicher Dinge in den
Gemuͤthern haͤtte bleiben ſollen. Und
was wuͤrde ihr Unterricht gefruchtet haben?
War es auch moͤglich, daß in ſo verwil-
derten und verhaͤrteten Gemuͤthern edlere
Geſinnungen, ſanfte Triebe und goͤttliche
Tugenden haͤtten hervorgebracht und er-
halten werden koͤnnen? Was fuͤr groſſe
Anſtalten werden anjetzt nicht erfordert, ei-
ne gereinigtere Religion nur unter einigen
Menſchen zu erhalten? Konnten in jenen
rohen Zeiten ſolche Anſtalten ſtatt finden?
§. 17.
Nach und nach aber wurde eine kleine
Geſellſchaft von der andern verſchlungen,
und es entſtanden groͤſſere Staͤdte, Staa-
ten und Koͤnigreiche, und in denſelben eini-
ge vor andern bemittelte Perſonen, wel-
che ſich eine wolluͤſtigere Lebensarth ver-
ſchafften und derſelben gewoͤhneten. Die-
ſen
Urſprung
der Wiſſen-
ſchaften
und milde-
rer Sitten.
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/63>, abgerufen am 28.11.2024.
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