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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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wird gesaget, daß die Gottlosen aus der
Kirche neuen Testaments würden verstos-
sen und in einen feurigen Pfuhl geworfen
werden, wie dem Johannes in seinem Ge-
sichte angezeiget wird? Wo finden wir
bey den alten Propheten eine solche Be-
schreibung des neuen Jerusalems, als Jo-
hannes gesehen. Man findet hier zwar
verschiedene Züge und Vorstellungen, die
man auch bey den ehemaligen Propheten
antrifft, allein wie viele neue Umstände
sind in den Gesichten des Johannes hin-
zugesetzet, welche man bey jenen nicht lie-
set und die Sache ganz verändern, und
zu dem deutlichsten Beweise dienen, daß
hier ganz andere Sachen vorgestellet wer-
den, als bey den Propheten alten Bun-
des. Ausserdem muß ich nochmals erin-
nern, daß es im neuen Testamente nicht
ungewöhnlich, daß Vorstellungen und
Redensarten aus dem alten Testamente
entlehnet und auf etwas ganz anderes ge-
zogen werden, als dorten geschehen ist **).
Es ist folglich der Schluß sehr fehlsam,
daß, wenn Vorstellungen aus dem alten

Testa-
der Heiden seufzen, sondern in Freyheit,
und in einem von den Heiden ungestörten
Besitz ihrer Güter wohnen sollten.
**) Ein ganz besonderes Exempel lese man Hos.
C. 11. v. 1. und Matth. C. 2. v. 15. und
schlage dabey des berühmten Herrn Heu-
manns
Erklärungen des neuen Testaments
über Matth. C. 2. v. 15. nach.

wird geſaget, daß die Gottloſen aus der
Kirche neuen Teſtaments wuͤrden verſtoſ-
ſen und in einen feurigen Pfuhl geworfen
werden, wie dem Johannes in ſeinem Ge-
ſichte angezeiget wird? Wo finden wir
bey den alten Propheten eine ſolche Be-
ſchreibung des neuen Jeruſalems, als Jo-
hannes geſehen. Man findet hier zwar
verſchiedene Zuͤge und Vorſtellungen, die
man auch bey den ehemaligen Propheten
antrifft, allein wie viele neue Umſtaͤnde
ſind in den Geſichten des Johannes hin-
zugeſetzet, welche man bey jenen nicht lie-
ſet und die Sache ganz veraͤndern, und
zu dem deutlichſten Beweiſe dienen, daß
hier ganz andere Sachen vorgeſtellet wer-
den, als bey den Propheten alten Bun-
des. Auſſerdem muß ich nochmals erin-
nern, daß es im neuen Teſtamente nicht
ungewoͤhnlich, daß Vorſtellungen und
Redensarten aus dem alten Teſtamente
entlehnet und auf etwas ganz anderes ge-
zogen werden, als dorten geſchehen iſt **).
Es iſt folglich der Schluß ſehr fehlſam,
daß, wenn Vorſtellungen aus dem alten

Teſta-
der Heiden ſeufzen, ſondern in Freyheit,
und in einem von den Heiden ungeſtoͤrten
Beſitz ihrer Guͤter wohnen ſollten.
**) Ein ganz beſonderes Exempel leſe man Hoſ.
C. 11. v. 1. und Matth. C. 2. v. 15. und
ſchlage dabey des beruͤhmten Herrn Heu-
manns
Erklaͤrungen des neuen Teſtaments
uͤber Matth. C. 2. v. 15. nach.
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[456/0476] wird geſaget, daß die Gottloſen aus der Kirche neuen Teſtaments wuͤrden verſtoſ- ſen und in einen feurigen Pfuhl geworfen werden, wie dem Johannes in ſeinem Ge- ſichte angezeiget wird? Wo finden wir bey den alten Propheten eine ſolche Be- ſchreibung des neuen Jeruſalems, als Jo- hannes geſehen. Man findet hier zwar verſchiedene Zuͤge und Vorſtellungen, die man auch bey den ehemaligen Propheten antrifft, allein wie viele neue Umſtaͤnde ſind in den Geſichten des Johannes hin- zugeſetzet, welche man bey jenen nicht lie- ſet und die Sache ganz veraͤndern, und zu dem deutlichſten Beweiſe dienen, daß hier ganz andere Sachen vorgeſtellet wer- den, als bey den Propheten alten Bun- des. Auſſerdem muß ich nochmals erin- nern, daß es im neuen Teſtamente nicht ungewoͤhnlich, daß Vorſtellungen und Redensarten aus dem alten Teſtamente entlehnet und auf etwas ganz anderes ge- zogen werden, als dorten geſchehen iſt **). Es iſt folglich der Schluß ſehr fehlſam, daß, wenn Vorſtellungen aus dem alten Teſta- **) **) Ein ganz beſonderes Exempel leſe man Hoſ. C. 11. v. 1. und Matth. C. 2. v. 15. und ſchlage dabey des beruͤhmten Herrn Heu- manns Erklaͤrungen des neuen Teſtaments uͤber Matth. C. 2. v. 15. nach. **) der Heiden ſeufzen, ſondern in Freyheit, und in einem von den Heiden ungeſtoͤrten Beſitz ihrer Guͤter wohnen ſollten.

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/476>, abgerufen am 29.11.2024.