Da nun die Offenbarung Johannis dieses Holz des Lebens ebenfalls dem Paradiese Gottes zueignet *), so stimmet es ja mit den Meinungen der alten Juden viel besser überein, wenn man unter dem Holze des Lebens eine Glückseligkeit des Himmels verstehet, als wenn man selbiges auf das Evangelium deutet. Endlich ist oben schon mit Exempeln bewiesen worden, daß Jesus und seine Apostel zwar Redensarten und Bilder der Juden behalten, nicht sel- ten aber die Deutung derselben ändern, und sie auf etwas ganz anders gerichtet, als die Juden gethan haben. Es muß daher aus den Schriften des neuen Testa- ments selber bestimmet werden, ob der Heiland und seine Apostel mit Wörtern und Bildern, so man bey den Juden fin- det, auch ihre Begriffe verbunden. Die- ser Grund fällt also auch hinweg und be- weiset keinesweges, daß hier annoch von der Kirche auf Erden die Rede sey.
§. 24.
Der dritte Hauptgrund, womit manBeantwor- tung eines dritten. Einwurfes. selbiges zu erweisen glaubet, ist dieser: Es wird gesaget **), daß die Könige auf Erden ihre Herrlichkeit in das neue Jeru- salem bringen würden, ingleichen, daß die Ehre und Herrlichkeit der Heiden, oder der Völker, in selbige Stadt würde ge-
bracht
*) Offenb. Joh. C. 2. v. 7.
**) Offenb. Joh. C. 21.
F f 3
Da nun die Offenbarung Johannis dieſes Holz des Lebens ebenfalls dem Paradieſe Gottes zueignet *), ſo ſtimmet es ja mit den Meinungen der alten Juden viel beſſer uͤberein, wenn man unter dem Holze des Lebens eine Gluͤckſeligkeit des Himmels verſtehet, als wenn man ſelbiges auf das Evangelium deutet. Endlich iſt oben ſchon mit Exempeln bewieſen worden, daß Jeſus und ſeine Apoſtel zwar Redensarten und Bilder der Juden behalten, nicht ſel- ten aber die Deutung derſelben aͤndern, und ſie auf etwas ganz anders gerichtet, als die Juden gethan haben. Es muß daher aus den Schriften des neuen Teſta- ments ſelber beſtimmet werden, ob der Heiland und ſeine Apoſtel mit Woͤrtern und Bildern, ſo man bey den Juden fin- det, auch ihre Begriffe verbunden. Die- ſer Grund faͤllt alſo auch hinweg und be- weiſet keinesweges, daß hier annoch von der Kirche auf Erden die Rede ſey.
§. 24.
Der dritte Hauptgrund, womit manBeantwor- tung eines dritten. Einwurfes. ſelbiges zu erweiſen glaubet, iſt dieſer: Es wird geſaget **), daß die Koͤnige auf Erden ihre Herrlichkeit in das neue Jeru- ſalem bringen wuͤrden, ingleichen, daß die Ehre und Herrlichkeit der Heiden, oder der Voͤlker, in ſelbige Stadt wuͤrde ge-
bracht
*) Offenb. Joh. C. 2. v. 7.
**) Offenb. Joh. C. 21.
F f 3
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Da nun die Offenbarung Johannis dieſes
Holz des Lebens ebenfalls dem Paradieſe
Gottes zueignet *), ſo ſtimmet es ja mit
den Meinungen der alten Juden viel beſſer
uͤberein, wenn man unter dem Holze des
Lebens eine Gluͤckſeligkeit des Himmels
verſtehet, als wenn man ſelbiges auf das
Evangelium deutet. Endlich iſt oben
ſchon mit Exempeln bewieſen worden, daß
Jeſus und ſeine Apoſtel zwar Redensarten
und Bilder der Juden behalten, nicht ſel-
ten aber die Deutung derſelben aͤndern,
und ſie auf etwas ganz anders gerichtet,
als die Juden gethan haben. Es muß
daher aus den Schriften des neuen Teſta-
ments ſelber beſtimmet werden, ob der
Heiland und ſeine Apoſtel mit Woͤrtern
und Bildern, ſo man bey den Juden fin-
det, auch ihre Begriffe verbunden. Die-
ſer Grund faͤllt alſo auch hinweg und be-
weiſet keinesweges, daß hier annoch von
der Kirche auf Erden die Rede ſey.
§. 24.
Der dritte Hauptgrund, womit man
ſelbiges zu erweiſen glaubet, iſt dieſer:
Es wird geſaget **), daß die Koͤnige auf
Erden ihre Herrlichkeit in das neue Jeru-
ſalem bringen wuͤrden, ingleichen, daß
die Ehre und Herrlichkeit der Heiden, oder
der Voͤlker, in ſelbige Stadt wuͤrde ge-
bracht
Beantwor-
tung eines
dritten.
Einwurfes.
*) Offenb. Joh. C. 2. v. 7.
**) Offenb. Joh. C. 21.
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/473>, abgerufen am 28.11.2024.
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