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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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beweiset, wie in diesen Capiteln einige
Aussprüche stehen, welche alte Juden bey
Beschreibung der Zeiten des Messias ge-
brauchet, sondern man muß auch aus dem
Zusammenhange zeigen, ob Jesus und

seine
will alles aus dem Griechischen hergeleitet
wissen, und es bleibet kein Hebraisches Wort,
dessen Griechischen Ursprung er nicht angie-
bet. Ein Hammond findet aller Orten
Gnostiker, und ein Lichtfoot, ein Wit-
sius,
ein Schöttgen hören Jesum und seine
Apostel fast beständig mit dem Talmud und
andern alten Jüdischen Schriften reden, und
deren Lehren vortragen. Jn anderen Wissen-
schaften gehet es eben so. Als die Luftpum-
pe erfunden war, erklarete man fast alles
aus dem Druck der groben Luft, und wo
selbige nicht hinreichte, nahm man die dün-
ne Himmelsluft zu Hülfe. Ein Neuton
hat die anziehende Kraft der Naturlehre
geschenket, und wie oft wird selbige ge-
braucht, etwas zu erklären? Ein Stahl
lässet bloß die Seele im menschlichen Leibe
wirken, und ein Leibniz und viele andere
leiten alle Bewegungen desselben ganz allein
aus der Zusammensetzung aus der Mechanik
unsers Körpers her. Alle diese grosse Leute
haben Wahrheiten vor sich, aber ihre An-
wendung ist zu weit ausgedehnt. O, wie
gerne möchte ich diesen Fehler vermeiden!
Aber wie thöricht würde ich von mir selber
denken, wenn ich glaubte, jene grossen Gei-
ster hierinne zu übertreffen? Jndessen ist es
gut solche Fehler zu wissen, damit man da-
gegen arbeite, ob man ihnen gleich nicht
ganz entgehet.

beweiſet, wie in dieſen Capiteln einige
Ausſpruͤche ſtehen, welche alte Juden bey
Beſchreibung der Zeiten des Meſſias ge-
brauchet, ſondern man muß auch aus dem
Zuſammenhange zeigen, ob Jeſus und

ſeine
will alles aus dem Griechiſchen hergeleitet
wiſſen, und es bleibet kein Hebråiſches Wort,
deſſen Griechiſchen Urſprung er nicht angie-
bet. Ein Hammond findet aller Orten
Gnoſtiker, und ein Lichtfoot, ein Wit-
ſius,
ein Schoͤttgen hoͤren Jeſum und ſeine
Apoſtel faſt beſtaͤndig mit dem Talmud und
andern alten Juͤdiſchen Schriften reden, und
deren Lehren vortragen. Jn anderen Wiſſen-
ſchaften gehet es eben ſo. Als die Luftpum-
pe erfunden war, erklårete man faſt alles
aus dem Druck der groben Luft, und wo
ſelbige nicht hinreichte, nahm man die duͤn-
ne Himmelsluft zu Huͤlfe. Ein Neuton
hat die anziehende Kraft der Naturlehre
geſchenket, und wie oft wird ſelbige ge-
braucht, etwas zu erklaͤren? Ein Stahl
laͤſſet bloß die Seele im menſchlichen Leibe
wirken, und ein Leibniz und viele andere
leiten alle Bewegungen deſſelben ganz allein
aus der Zuſammenſetzung aus der Mechanik
unſers Koͤrpers her. Alle dieſe groſſe Leute
haben Wahrheiten vor ſich, aber ihre An-
wendung iſt zu weit ausgedehnt. O, wie
gerne moͤchte ich dieſen Fehler vermeiden!
Aber wie thoͤricht wuͤrde ich von mir ſelber
denken, wenn ich glaubte, jene groſſen Gei-
ſter hierinne zu uͤbertreffen? Jndeſſen iſt es
gut ſolche Fehler zu wiſſen, damit man da-
gegen arbeite, ob man ihnen gleich nicht
ganz entgehet.
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[432/0452] beweiſet, wie in dieſen Capiteln einige Ausſpruͤche ſtehen, welche alte Juden bey Beſchreibung der Zeiten des Meſſias ge- brauchet, ſondern man muß auch aus dem Zuſammenhange zeigen, ob Jeſus und ſeine *) *) will alles aus dem Griechiſchen hergeleitet wiſſen, und es bleibet kein Hebråiſches Wort, deſſen Griechiſchen Urſprung er nicht angie- bet. Ein Hammond findet aller Orten Gnoſtiker, und ein Lichtfoot, ein Wit- ſius, ein Schoͤttgen hoͤren Jeſum und ſeine Apoſtel faſt beſtaͤndig mit dem Talmud und andern alten Juͤdiſchen Schriften reden, und deren Lehren vortragen. Jn anderen Wiſſen- ſchaften gehet es eben ſo. Als die Luftpum- pe erfunden war, erklårete man faſt alles aus dem Druck der groben Luft, und wo ſelbige nicht hinreichte, nahm man die duͤn- ne Himmelsluft zu Huͤlfe. Ein Neuton hat die anziehende Kraft der Naturlehre geſchenket, und wie oft wird ſelbige ge- braucht, etwas zu erklaͤren? Ein Stahl laͤſſet bloß die Seele im menſchlichen Leibe wirken, und ein Leibniz und viele andere leiten alle Bewegungen deſſelben ganz allein aus der Zuſammenſetzung aus der Mechanik unſers Koͤrpers her. Alle dieſe groſſe Leute haben Wahrheiten vor ſich, aber ihre An- wendung iſt zu weit ausgedehnt. O, wie gerne moͤchte ich dieſen Fehler vermeiden! Aber wie thoͤricht wuͤrde ich von mir ſelber denken, wenn ich glaubte, jene groſſen Gei- ſter hierinne zu uͤbertreffen? Jndeſſen iſt es gut ſolche Fehler zu wiſſen, damit man da- gegen arbeite, ob man ihnen gleich nicht ganz entgehet.

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/452>, abgerufen am 22.11.2024.