seine leiblichen Eltern gar zu sehr betrübet, und es wäre eine Zerrüttung in der ganzen Familie entstanden. Es zeiget sich also auch bey diesem Gesetze, daß Gott die Ehen also einrichten wollen, daß der Ver- letzung heiliger Pflichten und widrigen Zerrüttungen in Familien, so viel möglich, vorgebeuget werden möchte.
Der eilfte Vers scheinet bloß eine Wie- derholung der einen Hälfte des anjetzt be- trachteten Gesetzes zu seyn. Da nun der- gleichen Wiederholung hier nicht zu ver- muthen, sondern es wahrscheinlich ist, daß dieses Gesetz auf einen andern Fall gehe, und dennoch keine verschiedene Leseart des Textes bisher aufgefunden worden, so ha- ben alte und neue Ausleger sich Mühe ge- geben, einen besondern Fall aufzuspüren, der sich von den Fällen, die der neunte Vers bestimmet, unterschiede. Man hat aber bisher keinen finden können, der ei- nige Wahrscheinlichkeit vor sich hätte. Jch gebe es als eine blosse Muthmassung anheim, ob vielleicht dieser Vers auf fol- gende Art zu übersetzen: Du sollst der Toch- ter der Frau deines Vaters, die eine Blutsfreundin deines Vaters und deine Schwester ist, die Blösse nicht aufdecken: und auf den Fall gezielet werde, wenn jemand seiner Mutter verstorbenen Bru- ders Frau geheirathet, die von ihrem er- sten Manne eine Tochter dem zweyten
Manne
ſeine leiblichen Eltern gar zu ſehr betruͤbet, und es waͤre eine Zerruͤttung in der ganzen Familie entſtanden. Es zeiget ſich alſo auch bey dieſem Geſetze, daß Gott die Ehen alſo einrichten wollen, daß der Ver- letzung heiliger Pflichten und widrigen Zerruͤttungen in Familien, ſo viel moͤglich, vorgebeuget werden moͤchte.
Der eilfte Vers ſcheinet bloß eine Wie- derholung der einen Haͤlfte des anjetzt be- trachteten Geſetzes zu ſeyn. Da nun der- gleichen Wiederholung hier nicht zu ver- muthen, ſondern es wahrſcheinlich iſt, daß dieſes Geſetz auf einen andern Fall gehe, und dennoch keine verſchiedene Leſeart des Textes bisher aufgefunden worden, ſo ha- ben alte und neue Ausleger ſich Muͤhe ge- geben, einen beſondern Fall aufzuſpuͤren, der ſich von den Faͤllen, die der neunte Vers beſtimmet, unterſchiede. Man hat aber bisher keinen finden koͤnnen, der ei- nige Wahrſcheinlichkeit vor ſich haͤtte. Jch gebe es als eine bloſſe Muthmaſſung anheim, ob vielleicht dieſer Vers auf fol- gende Art zu uͤberſetzen: Du ſollſt der Toch- ter der Frau deines Vaters, die eine Blutsfreundin deines Vaters und deine Schweſter iſt, die Bloͤſſe nicht aufdecken: und auf den Fall gezielet werde, wenn jemand ſeiner Mutter verſtorbenen Bru- ders Frau geheirathet, die von ihrem er- ſten Manne eine Tochter dem zweyten
Manne
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ſeine leiblichen Eltern gar zu ſehr betruͤbet,
und es waͤre eine Zerruͤttung in der ganzen
Familie entſtanden. Es zeiget ſich alſo
auch bey dieſem Geſetze, daß Gott die
Ehen alſo einrichten wollen, daß der Ver-
letzung heiliger Pflichten und widrigen
Zerruͤttungen in Familien, ſo viel moͤglich,
vorgebeuget werden moͤchte.
Der eilfte Vers ſcheinet bloß eine Wie-
derholung der einen Haͤlfte des anjetzt be-
trachteten Geſetzes zu ſeyn. Da nun der-
gleichen Wiederholung hier nicht zu ver-
muthen, ſondern es wahrſcheinlich iſt, daß
dieſes Geſetz auf einen andern Fall gehe,
und dennoch keine verſchiedene Leſeart des
Textes bisher aufgefunden worden, ſo ha-
ben alte und neue Ausleger ſich Muͤhe ge-
geben, einen beſondern Fall aufzuſpuͤren,
der ſich von den Faͤllen, die der neunte
Vers beſtimmet, unterſchiede. Man hat
aber bisher keinen finden koͤnnen, der ei-
nige Wahrſcheinlichkeit vor ſich haͤtte.
Jch gebe es als eine bloſſe Muthmaſſung
anheim, ob vielleicht dieſer Vers auf fol-
gende Art zu uͤberſetzen: Du ſollſt der Toch-
ter der Frau deines Vaters, die eine
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Schweſter iſt, die Bloͤſſe nicht aufdecken:
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/398>, abgerufen am 22.11.2024.
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