Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

seine leiblichen Eltern gar zu sehr betrübet,
und es wäre eine Zerrüttung in der ganzen
Familie entstanden. Es zeiget sich also
auch bey diesem Gesetze, daß Gott die
Ehen also einrichten wollen, daß der Ver-
letzung heiliger Pflichten und widrigen
Zerrüttungen in Familien, so viel möglich,
vorgebeuget werden möchte.

Der eilfte Vers scheinet bloß eine Wie-
derholung der einen Hälfte des anjetzt be-
trachteten Gesetzes zu seyn. Da nun der-
gleichen Wiederholung hier nicht zu ver-
muthen, sondern es wahrscheinlich ist, daß
dieses Gesetz auf einen andern Fall gehe,
und dennoch keine verschiedene Leseart des
Textes bisher aufgefunden worden, so ha-
ben alte und neue Ausleger sich Mühe ge-
geben, einen besondern Fall aufzuspüren,
der sich von den Fällen, die der neunte
Vers bestimmet, unterschiede. Man hat
aber bisher keinen finden können, der ei-
nige Wahrscheinlichkeit vor sich hätte.
Jch gebe es als eine blosse Muthmassung
anheim, ob vielleicht dieser Vers auf fol-
gende Art zu übersetzen: Du sollst der Toch-
ter der Frau deines Vaters, die eine
Blutsfreundin deines Vaters und deine
Schwester ist, die Blösse nicht aufdecken:
und auf den Fall gezielet werde, wenn
jemand seiner Mutter verstorbenen Bru-
ders Frau geheirathet, die von ihrem er-
sten Manne eine Tochter dem zweyten

Manne

ſeine leiblichen Eltern gar zu ſehr betruͤbet,
und es waͤre eine Zerruͤttung in der ganzen
Familie entſtanden. Es zeiget ſich alſo
auch bey dieſem Geſetze, daß Gott die
Ehen alſo einrichten wollen, daß der Ver-
letzung heiliger Pflichten und widrigen
Zerruͤttungen in Familien, ſo viel moͤglich,
vorgebeuget werden moͤchte.

Der eilfte Vers ſcheinet bloß eine Wie-
derholung der einen Haͤlfte des anjetzt be-
trachteten Geſetzes zu ſeyn. Da nun der-
gleichen Wiederholung hier nicht zu ver-
muthen, ſondern es wahrſcheinlich iſt, daß
dieſes Geſetz auf einen andern Fall gehe,
und dennoch keine verſchiedene Leſeart des
Textes bisher aufgefunden worden, ſo ha-
ben alte und neue Ausleger ſich Muͤhe ge-
geben, einen beſondern Fall aufzuſpuͤren,
der ſich von den Faͤllen, die der neunte
Vers beſtimmet, unterſchiede. Man hat
aber bisher keinen finden koͤnnen, der ei-
nige Wahrſcheinlichkeit vor ſich haͤtte.
Jch gebe es als eine bloſſe Muthmaſſung
anheim, ob vielleicht dieſer Vers auf fol-
gende Art zu uͤberſetzen: Du ſollſt der Toch-
ter der Frau deines Vaters, die eine
Blutsfreundin deines Vaters und deine
Schweſter iſt, die Bloͤſſe nicht aufdecken:
und auf den Fall gezielet werde, wenn
jemand ſeiner Mutter verſtorbenen Bru-
ders Frau geheirathet, die von ihrem er-
ſten Manne eine Tochter dem zweyten

Manne
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0398" n="378"/>
&#x017F;eine leiblichen Eltern gar zu &#x017F;ehr betru&#x0364;bet,<lb/>
und es wa&#x0364;re eine Zerru&#x0364;ttung in der ganzen<lb/>
Familie ent&#x017F;tanden. Es zeiget &#x017F;ich al&#x017F;o<lb/>
auch bey die&#x017F;em Ge&#x017F;etze, daß Gott die<lb/>
Ehen al&#x017F;o einrichten wollen, daß der Ver-<lb/>
letzung heiliger Pflichten und widrigen<lb/>
Zerru&#x0364;ttungen in Familien, &#x017F;o viel mo&#x0364;glich,<lb/>
vorgebeuget werden mo&#x0364;chte.</p><lb/>
          <p>Der eilfte Vers &#x017F;cheinet bloß eine Wie-<lb/>
derholung der einen Ha&#x0364;lfte des anjetzt be-<lb/>
trachteten Ge&#x017F;etzes zu &#x017F;eyn. Da nun der-<lb/>
gleichen Wiederholung hier nicht zu ver-<lb/>
muthen, &#x017F;ondern es wahr&#x017F;cheinlich i&#x017F;t, daß<lb/>
die&#x017F;es Ge&#x017F;etz auf einen andern Fall gehe,<lb/>
und dennoch keine ver&#x017F;chiedene Le&#x017F;eart des<lb/>
Textes bisher aufgefunden worden, &#x017F;o ha-<lb/>
ben alte und neue Ausleger &#x017F;ich Mu&#x0364;he ge-<lb/>
geben, einen be&#x017F;ondern Fall aufzu&#x017F;pu&#x0364;ren,<lb/>
der &#x017F;ich von den Fa&#x0364;llen, die der neunte<lb/>
Vers be&#x017F;timmet, unter&#x017F;chiede. Man hat<lb/>
aber bisher keinen finden ko&#x0364;nnen, der ei-<lb/>
nige Wahr&#x017F;cheinlichkeit vor &#x017F;ich ha&#x0364;tte.<lb/>
Jch gebe es als eine blo&#x017F;&#x017F;e Muthma&#x017F;&#x017F;ung<lb/>
anheim, ob vielleicht die&#x017F;er Vers auf fol-<lb/>
gende Art zu u&#x0364;ber&#x017F;etzen: Du &#x017F;oll&#x017F;t der Toch-<lb/>
ter der Frau deines Vaters, die eine<lb/>
Blutsfreundin deines Vaters und deine<lb/>
Schwe&#x017F;ter i&#x017F;t, die Blo&#x0364;&#x017F;&#x017F;e nicht aufdecken:<lb/>
und auf den Fall gezielet werde, wenn<lb/>
jemand &#x017F;einer Mutter ver&#x017F;torbenen Bru-<lb/>
ders Frau geheirathet, die von ihrem er-<lb/>
&#x017F;ten Manne eine Tochter dem zweyten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Manne</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[378/0398] ſeine leiblichen Eltern gar zu ſehr betruͤbet, und es waͤre eine Zerruͤttung in der ganzen Familie entſtanden. Es zeiget ſich alſo auch bey dieſem Geſetze, daß Gott die Ehen alſo einrichten wollen, daß der Ver- letzung heiliger Pflichten und widrigen Zerruͤttungen in Familien, ſo viel moͤglich, vorgebeuget werden moͤchte. Der eilfte Vers ſcheinet bloß eine Wie- derholung der einen Haͤlfte des anjetzt be- trachteten Geſetzes zu ſeyn. Da nun der- gleichen Wiederholung hier nicht zu ver- muthen, ſondern es wahrſcheinlich iſt, daß dieſes Geſetz auf einen andern Fall gehe, und dennoch keine verſchiedene Leſeart des Textes bisher aufgefunden worden, ſo ha- ben alte und neue Ausleger ſich Muͤhe ge- geben, einen beſondern Fall aufzuſpuͤren, der ſich von den Faͤllen, die der neunte Vers beſtimmet, unterſchiede. Man hat aber bisher keinen finden koͤnnen, der ei- nige Wahrſcheinlichkeit vor ſich haͤtte. Jch gebe es als eine bloſſe Muthmaſſung anheim, ob vielleicht dieſer Vers auf fol- gende Art zu uͤberſetzen: Du ſollſt der Toch- ter der Frau deines Vaters, die eine Blutsfreundin deines Vaters und deine Schweſter iſt, die Bloͤſſe nicht aufdecken: und auf den Fall gezielet werde, wenn jemand ſeiner Mutter verſtorbenen Bru- ders Frau geheirathet, die von ihrem er- ſten Manne eine Tochter dem zweyten Manne

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/398
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/398>, abgerufen am 17.05.2024.