Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

leichtesten möglich. Und ist es nicht wahr-
scheinlich, daß die Unzucht zwischen den
jungen Söhnen eines Herren und dessen
leibeigenen Mägden die gewöhnlichste ge-
wesen? Kennen wir anders den Lauf der
Welt, werden wir hieran gar nicht zwei-
feln. Nach dem obigen Grundsatze hätten
derowegen die Ehen zwischen solchen Per-
sonen am mehresten verbothen werden müs-
sen. Gott aber verbietet sie nicht nur nicht,
sondern hat sie sogar unter den Jsraeliten
begünstiget. 2 B. Mos. C. 21. v. 7-11.

Ferner müßte vermöge dieses Grund-
satzes die Ehe zwischen denen Kindern ver-
bothen seyn, welche zwo Ehegatten aus ei-
ner vorher schon geführten Ehe erzielet
und zusammen bringen. Denn selbige
wohnen auch bey einander, und haben so
viele Gelegenheit einander zu schänden
als leibliche Geschwister. Die Ehe zu-
sammengebrachter Kinder ist aber nicht
untersaget.

§. 11.
Anmerkung
über den
Schleyer
der Mor-
genländer.

Mein Gönner macht bey dieser Gele-
genheit eine überaus lesenswürdige Anmer-
kung. Er zeiget, daß Gott eben zwischen
denen Verwandten die Ehen verbothen,
von welchen die Mannspersonen ihre Ver-
wandtinnen nach dem Gebrauche der Ara-
ber und nachmaligen Muhammedaner oh-
ne Schleyer, und mit aufgedecktem Ange-

sichte

leichteſten moͤglich. Und iſt es nicht wahr-
ſcheinlich, daß die Unzucht zwiſchen den
jungen Soͤhnen eines Herren und deſſen
leibeigenen Maͤgden die gewoͤhnlichſte ge-
weſen? Kennen wir anders den Lauf der
Welt, werden wir hieran gar nicht zwei-
feln. Nach dem obigen Grundſatze haͤtten
derowegen die Ehen zwiſchen ſolchen Per-
ſonen am mehreſten verbothen werden muͤſ-
ſen. Gott aber verbietet ſie nicht nur nicht,
ſondern hat ſie ſogar unter den Jſraeliten
beguͤnſtiget. 2 B. Moſ. C. 21. v. 7-11.

Ferner muͤßte vermoͤge dieſes Grund-
ſatzes die Ehe zwiſchen denen Kindern ver-
bothen ſeyn, welche zwo Ehegatten aus ei-
ner vorher ſchon gefuͤhrten Ehe erzielet
und zuſammen bringen. Denn ſelbige
wohnen auch bey einander, und haben ſo
viele Gelegenheit einander zu ſchaͤnden
als leibliche Geſchwiſter. Die Ehe zu-
ſammengebrachter Kinder iſt aber nicht
unterſaget.

§. 11.
Anmerkung
uͤber den
Schleyer
der Mor-
genlaͤnder.

Mein Goͤnner macht bey dieſer Gele-
genheit eine uͤberaus leſenswuͤrdige Anmer-
kung. Er zeiget, daß Gott eben zwiſchen
denen Verwandten die Ehen verbothen,
von welchen die Mannsperſonen ihre Ver-
wandtinnen nach dem Gebrauche der Ara-
ber und nachmaligen Muhammedaner oh-
ne Schleyer, und mit aufgedecktem Ange-

ſichte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0376" n="356"/>
leichte&#x017F;ten mo&#x0364;glich. Und i&#x017F;t es nicht wahr-<lb/>
&#x017F;cheinlich, daß die Unzucht zwi&#x017F;chen den<lb/>
jungen So&#x0364;hnen eines Herren und de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
leibeigenen Ma&#x0364;gden die gewo&#x0364;hnlich&#x017F;te ge-<lb/>
we&#x017F;en? Kennen wir anders den Lauf der<lb/>
Welt, werden wir hieran gar nicht zwei-<lb/>
feln. Nach dem obigen Grund&#x017F;atze ha&#x0364;tten<lb/>
derowegen die Ehen zwi&#x017F;chen &#x017F;olchen Per-<lb/>
&#x017F;onen am mehre&#x017F;ten verbothen werden mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Gott aber verbietet &#x017F;ie nicht nur nicht,<lb/>
&#x017F;ondern hat &#x017F;ie &#x017F;ogar unter den J&#x017F;raeliten<lb/>
begu&#x0364;n&#x017F;tiget. 2 B. Mo&#x017F;. C. 21. v. 7-11.</p><lb/>
          <p>Ferner mu&#x0364;ßte vermo&#x0364;ge die&#x017F;es Grund-<lb/>
&#x017F;atzes die Ehe zwi&#x017F;chen denen Kindern ver-<lb/>
bothen &#x017F;eyn, welche zwo Ehegatten aus ei-<lb/>
ner vorher &#x017F;chon gefu&#x0364;hrten Ehe erzielet<lb/>
und zu&#x017F;ammen bringen. Denn &#x017F;elbige<lb/>
wohnen auch bey einander, und haben &#x017F;o<lb/>
viele Gelegenheit einander zu &#x017F;cha&#x0364;nden<lb/>
als leibliche Ge&#x017F;chwi&#x017F;ter. Die Ehe zu-<lb/>
&#x017F;ammengebrachter Kinder i&#x017F;t aber nicht<lb/>
unter&#x017F;aget.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 11.</head><lb/>
          <note place="left">Anmerkung<lb/>
u&#x0364;ber den<lb/>
Schleyer<lb/>
der Mor-<lb/>
genla&#x0364;nder.</note>
          <p>Mein Go&#x0364;nner macht bey die&#x017F;er Gele-<lb/>
genheit eine u&#x0364;beraus le&#x017F;enswu&#x0364;rdige Anmer-<lb/>
kung. Er zeiget, daß Gott eben zwi&#x017F;chen<lb/>
denen Verwandten die Ehen verbothen,<lb/>
von welchen die Mannsper&#x017F;onen ihre Ver-<lb/>
wandtinnen nach dem Gebrauche der Ara-<lb/>
ber und nachmaligen Muhammedaner oh-<lb/>
ne Schleyer, und mit aufgedecktem Ange-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ichte</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[356/0376] leichteſten moͤglich. Und iſt es nicht wahr- ſcheinlich, daß die Unzucht zwiſchen den jungen Soͤhnen eines Herren und deſſen leibeigenen Maͤgden die gewoͤhnlichſte ge- weſen? Kennen wir anders den Lauf der Welt, werden wir hieran gar nicht zwei- feln. Nach dem obigen Grundſatze haͤtten derowegen die Ehen zwiſchen ſolchen Per- ſonen am mehreſten verbothen werden muͤſ- ſen. Gott aber verbietet ſie nicht nur nicht, ſondern hat ſie ſogar unter den Jſraeliten beguͤnſtiget. 2 B. Moſ. C. 21. v. 7-11. Ferner muͤßte vermoͤge dieſes Grund- ſatzes die Ehe zwiſchen denen Kindern ver- bothen ſeyn, welche zwo Ehegatten aus ei- ner vorher ſchon gefuͤhrten Ehe erzielet und zuſammen bringen. Denn ſelbige wohnen auch bey einander, und haben ſo viele Gelegenheit einander zu ſchaͤnden als leibliche Geſchwiſter. Die Ehe zu- ſammengebrachter Kinder iſt aber nicht unterſaget. §. 11. Mein Goͤnner macht bey dieſer Gele- genheit eine uͤberaus leſenswuͤrdige Anmer- kung. Er zeiget, daß Gott eben zwiſchen denen Verwandten die Ehen verbothen, von welchen die Mannsperſonen ihre Ver- wandtinnen nach dem Gebrauche der Ara- ber und nachmaligen Muhammedaner oh- ne Schleyer, und mit aufgedecktem Ange- ſichte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/376
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/376>, abgerufen am 22.11.2024.