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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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wurf von sich abzulehnen, daß andere bes-
ser wären, denn sie. Einer von diesen ge-
fallenen Geistern wandte sich daher an
die Mutter aller Menschen, brachte ihre
sinnlichen Begierden und die Einbildungs-
kraft auf und in Unordnung, und sie ver-
ließ das Gesetz Gottes und übereilete den
Adam in gleiche Uebertretung zu willigen.
Diese erste Sünde zeugete gleich mehrere.
Die Pflicht der ersten Eltern wäre gewe-
sen, ihr Vergehen sogleich in Demuth zu
erkennen und Gott und dessen Gnade zu su-
chen. Allein Gott muß die abtrünnigen
Kinder suchen. Sie weichen, sie wollen
dem Allgegenwärtigen entgehen. Sie
wollen sich vor dem Allwissenden verbergen.
Und da eine majestätische Stimme des
Allmächtigen sie von ihrer Thorheit über-
zeugete, vergieng sich Adam so weit, daß
er Gott zur Ursache seines Ungehorsams
machen wollte. Er sprach: das Weib,
das du mir zugesellet hast, gab mir
von dem Baum, und ich aß.
Und die
Eva schob die Schuld ihres Ungehorsams
auf den Verführer. Das Gleichgewicht
in der Seele der ersten Menschen war auf-
gehoben. Die sinnlichen Begierden hat-
ten die Herrschaft gewonnen und der
Mensch bewieß, daß die ersten und gelinde-
sten Mittel, ihn im Guten zu üben und
zu bestätigen, bey ihm ihren Endzweck
nicht erreichten, und rechtfertigte dadurch

das
Jac. Betr. 4. Band. B

wurf von ſich abzulehnen, daß andere beſ-
ſer waͤren, denn ſie. Einer von dieſen ge-
fallenen Geiſtern wandte ſich daher an
die Mutter aller Menſchen, brachte ihre
ſinnlichen Begierden und die Einbildungs-
kraft auf und in Unordnung, und ſie ver-
ließ das Geſetz Gottes und uͤbereilete den
Adam in gleiche Uebertretung zu willigen.
Dieſe erſte Suͤnde zeugete gleich mehrere.
Die Pflicht der erſten Eltern waͤre gewe-
ſen, ihr Vergehen ſogleich in Demuth zu
erkennen und Gott und deſſen Gnade zu ſu-
chen. Allein Gott muß die abtruͤnnigen
Kinder ſuchen. Sie weichen, ſie wollen
dem Allgegenwaͤrtigen entgehen. Sie
wollen ſich vor dem Allwiſſenden verbergen.
Und da eine majeſtaͤtiſche Stimme des
Allmaͤchtigen ſie von ihrer Thorheit uͤber-
zeugete, vergieng ſich Adam ſo weit, daß
er Gott zur Urſache ſeines Ungehorſams
machen wollte. Er ſprach: das Weib,
das du mir zugeſellet haſt, gab mir
von dem Baum, und ich aß.
Und die
Eva ſchob die Schuld ihres Ungehorſams
auf den Verfuͤhrer. Das Gleichgewicht
in der Seele der erſten Menſchen war auf-
gehoben. Die ſinnlichen Begierden hat-
ten die Herrſchaft gewonnen und der
Menſch bewieß, daß die erſten und gelinde-
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[17/0037] wurf von ſich abzulehnen, daß andere beſ- ſer waͤren, denn ſie. Einer von dieſen ge- fallenen Geiſtern wandte ſich daher an die Mutter aller Menſchen, brachte ihre ſinnlichen Begierden und die Einbildungs- kraft auf und in Unordnung, und ſie ver- ließ das Geſetz Gottes und uͤbereilete den Adam in gleiche Uebertretung zu willigen. Dieſe erſte Suͤnde zeugete gleich mehrere. Die Pflicht der erſten Eltern waͤre gewe- ſen, ihr Vergehen ſogleich in Demuth zu erkennen und Gott und deſſen Gnade zu ſu- chen. Allein Gott muß die abtruͤnnigen Kinder ſuchen. Sie weichen, ſie wollen dem Allgegenwaͤrtigen entgehen. Sie wollen ſich vor dem Allwiſſenden verbergen. Und da eine majeſtaͤtiſche Stimme des Allmaͤchtigen ſie von ihrer Thorheit uͤber- zeugete, vergieng ſich Adam ſo weit, daß er Gott zur Urſache ſeines Ungehorſams machen wollte. Er ſprach: das Weib, das du mir zugeſellet haſt, gab mir von dem Baum, und ich aß. Und die Eva ſchob die Schuld ihres Ungehorſams auf den Verfuͤhrer. Das Gleichgewicht in der Seele der erſten Menſchen war auf- gehoben. Die ſinnlichen Begierden hat- ten die Herrſchaft gewonnen und der Menſch bewieß, daß die erſten und gelinde- ſten Mittel, ihn im Guten zu uͤben und zu beſtaͤtigen, bey ihm ihren Endzweck nicht erreichten, und rechtfertigte dadurch das Jac. Betr. 4. Band. B

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/37>, abgerufen am 28.03.2024.