Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.Unreinigkeit zu verstehen, weiß ich nicht Der Gelde oder auch Eßwaaren bestanden, und
es werde vielleicht vornehmlich auf ein sol- ches Hurenlohn gezielet, welches bey eini- gen heidnischen Tempeln zur Ehre gewisser Gottheiten und zu Unterhaltung ihrer Prie- ster verdienet wurde, und zu den Götzen- opfern gerechnet werden könnte. Man fin- det diese Muthmassung in seiner Paraphra- sis und Anmerkungen die kleinern Briefe des Paulus S. 56. Es ist diese Muth- massung schon von dem berühmten Heinsio vorgetragen, wie in Spenceri Leg. Hebr. ritual. L. II. C. I. S. II. zu ersehen, und nicht ohne alle Wahrscheinlichkeit. Da es aber in Dingen, wo wir nicht weiter als zu Wahrscheinlichkeiten kommen können, zu Zeiten ganz nützlich, mehrere Muthmassun- gen bey einander zu haben, davon dem ei- nen diese einem anderen aber jene am meh- resten beruhiget, so habe eine andere dem Urtheile der Gelehrten unterwerfen wollen, welche der gewöhnlichen Bedeutung des Wortes porneia scheinet näher zu kommen. Unreinigkeit zu verſtehen, weiß ich nicht Der Gelde oder auch Eßwaaren beſtanden, und
es werde vielleicht vornehmlich auf ein ſol- ches Hurenlohn gezielet, welches bey eini- gen heidniſchen Tempeln zur Ehre gewiſſer Gottheiten und zu Unterhaltung ihrer Prie- ſter verdienet wurde, und zu den Goͤtzen- opfern gerechnet werden koͤnnte. Man fin- det dieſe Muthmaſſung in ſeiner Paraphra- ſis und Anmerkungen die kleinern Briefe des Paulus S. 56. Es iſt dieſe Muth- maſſung ſchon von dem beruͤhmten Heinſio vorgetragen, wie in Spenceri Leg. Hebr. ritual. L. II. C. I. S. II. zu erſehen, und nicht ohne alle Wahrſcheinlichkeit. Da es aber in Dingen, wo wir nicht weiter als zu Wahrſcheinlichkeiten kommen koͤnnen, zu Zeiten ganz nuͤtzlich, mehrere Muthmaſſun- gen bey einander zu haben, davon dem ei- nen dieſe einem anderen aber jene am meh- reſten beruhiget, ſo habe eine andere dem Urtheile der Gelehrten unterwerfen wollen, welche der gewoͤhnlichen Bedeutung des Wortes πορνεία ſcheinet naͤher zu kommen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0348" n="328"/> Unreinigkeit zu verſtehen, weiß ich nicht<lb/> mit Gewißheit zu beſtimmen. Jch muth-<lb/> maſſe aber, daß die Apoſtel dadurch viel-<lb/> leicht auf eine verdeckte Weiſe denjenigen<lb/> Umgang mit einer Frau, die nach dem<lb/> Levitiſchen Geſetz unrein geweſen, welcher<lb/> 3 B. Moſ. C. 15. v. 19-23. verbothen wor-<lb/> den, widerrathen wollen. Das Wort<lb/> πορνεία bedeutet alle unerlaubte Vermi-<lb/> ſchung, und die Umſtaͤnde muͤſſen beſtim-<lb/> men, welche Art jederzeit gemeynet werde.<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/><note xml:id="a45" prev="#a44" place="foot" n="**)">Gelde oder auch Eßwaaren beſtanden, und<lb/> es werde vielleicht vornehmlich auf ein ſol-<lb/> ches Hurenlohn gezielet, welches bey eini-<lb/> gen heidniſchen Tempeln zur Ehre gewiſſer<lb/> Gottheiten und zu Unterhaltung ihrer Prie-<lb/> ſter verdienet wurde, und zu den Goͤtzen-<lb/> opfern gerechnet werden koͤnnte. Man fin-<lb/> det dieſe Muthmaſſung in ſeiner <hi rendition="#fr">Paraphra-<lb/> ſis und Anmerkungen die kleinern Briefe<lb/> des Paulus</hi> S. 56. Es iſt dieſe Muth-<lb/> maſſung ſchon von dem beruͤhmten <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Heinſio</hi></hi><lb/> vorgetragen, wie in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Spenceri</hi> Leg. Hebr.<lb/> ritual. L. II. C. I. S. II.</hi> zu erſehen, und<lb/> nicht ohne alle Wahrſcheinlichkeit. Da es<lb/> aber in Dingen, wo wir nicht weiter als zu<lb/> Wahrſcheinlichkeiten kommen koͤnnen, zu<lb/> Zeiten ganz nuͤtzlich, mehrere Muthmaſſun-<lb/> gen bey einander zu haben, davon dem ei-<lb/> nen dieſe einem anderen aber jene am meh-<lb/> reſten beruhiget, ſo habe eine andere dem<lb/> Urtheile der Gelehrten unterwerfen wollen,<lb/> welche der gewoͤhnlichen Bedeutung des<lb/> Wortes πορνεία ſcheinet naͤher zu kommen.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [328/0348]
Unreinigkeit zu verſtehen, weiß ich nicht
mit Gewißheit zu beſtimmen. Jch muth-
maſſe aber, daß die Apoſtel dadurch viel-
leicht auf eine verdeckte Weiſe denjenigen
Umgang mit einer Frau, die nach dem
Levitiſchen Geſetz unrein geweſen, welcher
3 B. Moſ. C. 15. v. 19-23. verbothen wor-
den, widerrathen wollen. Das Wort
πορνεία bedeutet alle unerlaubte Vermi-
ſchung, und die Umſtaͤnde muͤſſen beſtim-
men, welche Art jederzeit gemeynet werde.
Der
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**) Gelde oder auch Eßwaaren beſtanden, und
es werde vielleicht vornehmlich auf ein ſol-
ches Hurenlohn gezielet, welches bey eini-
gen heidniſchen Tempeln zur Ehre gewiſſer
Gottheiten und zu Unterhaltung ihrer Prie-
ſter verdienet wurde, und zu den Goͤtzen-
opfern gerechnet werden koͤnnte. Man fin-
det dieſe Muthmaſſung in ſeiner Paraphra-
ſis und Anmerkungen die kleinern Briefe
des Paulus S. 56. Es iſt dieſe Muth-
maſſung ſchon von dem beruͤhmten Heinſio
vorgetragen, wie in Spenceri Leg. Hebr.
ritual. L. II. C. I. S. II. zu erſehen, und
nicht ohne alle Wahrſcheinlichkeit. Da es
aber in Dingen, wo wir nicht weiter als zu
Wahrſcheinlichkeiten kommen koͤnnen, zu
Zeiten ganz nuͤtzlich, mehrere Muthmaſſun-
gen bey einander zu haben, davon dem ei-
nen dieſe einem anderen aber jene am meh-
reſten beruhiget, ſo habe eine andere dem
Urtheile der Gelehrten unterwerfen wollen,
welche der gewoͤhnlichen Bedeutung des
Wortes πορνεία ſcheinet naͤher zu kommen.
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Zitationshilfe: | Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/348>, abgerufen am 16.07.2024. |