Orte ziehen, wo sie am wenigsten schaden, und am ersten gestrafet werden können. Zu Zeiten kann eine gewisse Verhärtung das bequemste Mittel seyn, jemanden zu erweichen und zu bessern. Jn allen diesen Fällen hat man aber nicht die Absicht, den andern boshafter zu machen, sondern man machet einen Lasterhaften nur in so fern sicher, daß er die Bosheit, die ohnedem in ihm ist, also ausübet, daß noch grössere und schädlichere Ausbrüche verhütet, und noch so vieler Vortheil für das gemeine Beste daraus gezogen werde, als möglich ist. Jn allen diesen Fällen wird auch nie- mand zur Sünde und Vergehungen genö- thiget, sondern man wollte vielmehr, daß selbige gar nicht geschähen. Alle diese Verhärtungen haben auch keinen andern Endzweck als die Vergehungen so viel zu mindern, als nur möglich ist. Ein jeder behält auch seine Freyheit in sich zu gehen, und die Laster zu verlassen, und wie der verlohrne Sohn zurück zu kehren. Wie hart war das Gemüth eines Paulus, da er einen Stephanus steinigen sahe, und mehrere Bekenner Jesu zu einem solchen Tode aufsuchte? Dennoch ließ er sich end- lich erweichen, und wurde aus einem Ver- folger der Christen ein eifriger Lehrer des Evangeliums *).
§. 18.
*) Daß die Hebräer unter der Verstockung
keine
Orte ziehen, wo ſie am wenigſten ſchaden, und am erſten geſtrafet werden koͤnnen. Zu Zeiten kann eine gewiſſe Verhaͤrtung das bequemſte Mittel ſeyn, jemanden zu erweichen und zu beſſern. Jn allen dieſen Faͤllen hat man aber nicht die Abſicht, den andern boshafter zu machen, ſondern man machet einen Laſterhaften nur in ſo fern ſicher, daß er die Bosheit, die ohnedem in ihm iſt, alſo ausuͤbet, daß noch groͤſſere und ſchaͤdlichere Ausbruͤche verhuͤtet, und noch ſo vieler Vortheil fuͤr das gemeine Beſte daraus gezogen werde, als moͤglich iſt. Jn allen dieſen Faͤllen wird auch nie- mand zur Suͤnde und Vergehungen genoͤ- thiget, ſondern man wollte vielmehr, daß ſelbige gar nicht geſchaͤhen. Alle dieſe Verhaͤrtungen haben auch keinen andern Endzweck als die Vergehungen ſo viel zu mindern, als nur moͤglich iſt. Ein jeder behaͤlt auch ſeine Freyheit in ſich zu gehen, und die Laſter zu verlaſſen, und wie der verlohrne Sohn zuruͤck zu kehren. Wie hart war das Gemuͤth eines Paulus, da er einen Stephanus ſteinigen ſahe, und mehrere Bekenner Jeſu zu einem ſolchen Tode aufſuchte? Dennoch ließ er ſich end- lich erweichen, und wurde aus einem Ver- folger der Chriſten ein eifriger Lehrer des Evangeliums *).
§. 18.
*) Daß die Hebraͤer unter der Verſtockung
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Orte ziehen, wo ſie am wenigſten ſchaden,
und am erſten geſtrafet werden koͤnnen.
Zu Zeiten kann eine gewiſſe Verhaͤrtung
das bequemſte Mittel ſeyn, jemanden zu
erweichen und zu beſſern. Jn allen dieſen
Faͤllen hat man aber nicht die Abſicht, den
andern boshafter zu machen, ſondern man
machet einen Laſterhaften nur in ſo fern
ſicher, daß er die Bosheit, die ohnedem in
ihm iſt, alſo ausuͤbet, daß noch groͤſſere
und ſchaͤdlichere Ausbruͤche verhuͤtet, und
noch ſo vieler Vortheil fuͤr das gemeine
Beſte daraus gezogen werde, als moͤglich
iſt. Jn allen dieſen Faͤllen wird auch nie-
mand zur Suͤnde und Vergehungen genoͤ-
thiget, ſondern man wollte vielmehr, daß
ſelbige gar nicht geſchaͤhen. Alle dieſe
Verhaͤrtungen haben auch keinen andern
Endzweck als die Vergehungen ſo viel zu
mindern, als nur moͤglich iſt. Ein jeder
behaͤlt auch ſeine Freyheit in ſich zu gehen,
und die Laſter zu verlaſſen, und wie der
verlohrne Sohn zuruͤck zu kehren. Wie
hart war das Gemuͤth eines Paulus, da
er einen Stephanus ſteinigen ſahe, und
mehrere Bekenner Jeſu zu einem ſolchen
Tode aufſuchte? Dennoch ließ er ſich end-
lich erweichen, und wurde aus einem Ver-
folger der Chriſten ein eifriger Lehrer des
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§. 18.
*) Daß die Hebraͤer unter der Verſtockung
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/248>, abgerufen am 23.11.2024.
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