genug zu Tage, daß Gott Menschen ver- stocke, und zwar nach einer gewissen Wahl und Rathschlusse. Das grosse Licht unse- rer Kirche, der hochberühmte Herr D. Baumgarten, dessen Rechtgläubigkeit bisher niemand mit irgend einer Wahr- scheinlichkeit in Verdacht gezogen, ist eben dieser Meynung, und nachdem er eine an- dere Auslegung auf das gründlichste ab- gelehnet, so schreibet er in seiner Ausle- gung des Briefes an die Römer über die- se Stelle also:
"Füglicher wird die gewöhnlichere Be- "deutung allhier beybehalten, nach welcher "das Wort verhärten, oder hart und här- "ter machen, bedeutet, das ist, einen hö- "hern Grad des Widerstandes verursa- "chen, oder entstehen lassen, auch dessel- "ben Gegenwart offenbaren. Wenn "demnach dergleichen von dem Verhalten "Gottes gebraucht, oder ihn die Verhär- "tung der Menschen beygeleget wird: so "muß solches verstanden werden, 1) nicht "von einer vorläufigen Bestimmung, wo- "durch die Menschen auf eine unwieder- "treibliche und gewaltsame Art der Bos- "heit, und zum Widerstreben gegen gött- "liche Gnade gebracht werden, als welches "in diesem gegenwärtigen Beyspiel dem "Pharao selbst mehrmals ausdrücklich zu- "geschrieben wird, 2 B. Mos. C. 8. v. 19. "32. C. 9. v. 7. sondern 2) theils von der
"Zu-
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genug zu Tage, daß Gott Menſchen ver- ſtocke, und zwar nach einer gewiſſen Wahl und Rathſchluſſe. Das groſſe Licht unſe- rer Kirche, der hochberuͤhmte Herr D. Baumgarten, deſſen Rechtglaͤubigkeit bisher niemand mit irgend einer Wahr- ſcheinlichkeit in Verdacht gezogen, iſt eben dieſer Meynung, und nachdem er eine an- dere Auslegung auf das gruͤndlichſte ab- gelehnet, ſo ſchreibet er in ſeiner Ausle- gung des Briefes an die Roͤmer uͤber die- ſe Stelle alſo:
„Fuͤglicher wird die gewoͤhnlichere Be- „deutung allhier beybehalten, nach welcher „das Wort verhaͤrten, oder hart und haͤr- „ter machen, bedeutet, das iſt, einen hoͤ- „hern Grad des Widerſtandes verurſa- „chen, oder entſtehen laſſen, auch deſſel- „ben Gegenwart offenbaren. Wenn „demnach dergleichen von dem Verhalten „Gottes gebraucht, oder ihn die Verhaͤr- „tung der Menſchen beygeleget wird: ſo „muß ſolches verſtanden werden, 1) nicht „von einer vorlaͤufigen Beſtimmung, wo- „durch die Menſchen auf eine unwieder- „treibliche und gewaltſame Art der Bos- „heit, und zum Widerſtreben gegen goͤtt- „liche Gnade gebracht werden, als welches „in dieſem gegenwaͤrtigen Beyſpiel dem „Pharao ſelbſt mehrmals ausdruͤcklich zu- „geſchrieben wird, 2 B. Moſ. C. 8. v. 19. „32. C. 9. v. 7. ſondern 2) theils von der
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genug zu Tage, daß Gott Menſchen ver-
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rer Kirche, der hochberuͤhmte Herr D.
Baumgarten, deſſen Rechtglaͤubigkeit
bisher niemand mit irgend einer Wahr-
ſcheinlichkeit in Verdacht gezogen, iſt eben
dieſer Meynung, und nachdem er eine an-
dere Auslegung auf das gruͤndlichſte ab-
gelehnet, ſo ſchreibet er in ſeiner Ausle-
gung des Briefes an die Roͤmer uͤber die-
ſe Stelle alſo:
„Fuͤglicher wird die gewoͤhnlichere Be-
„deutung allhier beybehalten, nach welcher
„das Wort verhaͤrten, oder hart und haͤr-
„ter machen, bedeutet, das iſt, einen hoͤ-
„hern Grad des Widerſtandes verurſa-
„chen, oder entſtehen laſſen, auch deſſel-
„ben Gegenwart offenbaren. Wenn
„demnach dergleichen von dem Verhalten
„Gottes gebraucht, oder ihn die Verhaͤr-
„tung der Menſchen beygeleget wird: ſo
„muß ſolches verſtanden werden, 1) nicht
„von einer vorlaͤufigen Beſtimmung, wo-
„durch die Menſchen auf eine unwieder-
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„heit, und zum Widerſtreben gegen goͤtt-
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„32. C. 9. v. 7. ſondern 2) theils von der
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/233>, abgerufen am 24.11.2024.
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