erfolgete noch ein neuer Plan und eine neue Anordnung. Nach derselben wurden die- jenigen, welche durch die ihnen geschenkte Gnade nicht zu gewinnen waren, zeitli- chen und ewigen Strafen ausgesetzet *). Hierbey entstehet denn die Frage: warum lässet Gott diejenigen gebohren werden, von welchen er siehet, daß sie nie durch weise Mittel zur Vollkommenheit werden vollendet werden, oder warum vernichtet er sie nicht wieder? Diejenigen, welchen nie dergleichen Fragen in den Sinn gekom- men, und sie für verwegen und unerlau- bet halten, verschonen mich mit dem Vor- wurf, daß ich sie selber machte, um Ge- legenheit zu haben, meinen Witz dabey zu zeigen. Jch rufe meine Amtsbrüder in Städten und auf dem Lande zu Zeugen an, ob ihnen dergleichen Fragen nicht zu Zeiten von den gemeinesten Leuten und zwar mit grosser Aengstlichkeit vorgetragen worden. Liesse sich nun ein jeder damit beruhigen, daß man ihm sagte: O welch eine Tiefe des Reichthums, beyde der Weisheit und der Erkänntniß Gottes! Wir müssen unsere Schwachheit erkennen, und uns nicht unterstehen, die Rath- schlüsse Gottes zu erforschen; so wäre es unnöthig, auf solche Fragen Antworten zu
suchen.
*) Röm. C. 2. v. 9. Hebr. C. 10. v. 26. 27.
erfolgete noch ein neuer Plan und eine neue Anordnung. Nach derſelben wurden die- jenigen, welche durch die ihnen geſchenkte Gnade nicht zu gewinnen waren, zeitli- chen und ewigen Strafen ausgeſetzet *). Hierbey entſtehet denn die Frage: warum laͤſſet Gott diejenigen gebohren werden, von welchen er ſiehet, daß ſie nie durch weiſe Mittel zur Vollkommenheit werden vollendet werden, oder warum vernichtet er ſie nicht wieder? Diejenigen, welchen nie dergleichen Fragen in den Sinn gekom- men, und ſie fuͤr verwegen und unerlau- bet halten, verſchonen mich mit dem Vor- wurf, daß ich ſie ſelber machte, um Ge- legenheit zu haben, meinen Witz dabey zu zeigen. Jch rufe meine Amtsbruͤder in Staͤdten und auf dem Lande zu Zeugen an, ob ihnen dergleichen Fragen nicht zu Zeiten von den gemeineſten Leuten und zwar mit groſſer Aengſtlichkeit vorgetragen worden. Lieſſe ſich nun ein jeder damit beruhigen, daß man ihm ſagte: O welch eine Tiefe des Reichthums, beyde der Weisheit und der Erkaͤnntniß Gottes! Wir muͤſſen unſere Schwachheit erkennen, und uns nicht unterſtehen, die Rath- ſchluͤſſe Gottes zu erforſchen; ſo waͤre es unnoͤthig, auf ſolche Fragen Antworten zu
ſuchen.
*) Roͤm. C. 2. v. 9. Hebr. C. 10. v. 26. 27.
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erfolgete noch ein neuer Plan und eine neue
Anordnung. Nach derſelben wurden die-
jenigen, welche durch die ihnen geſchenkte
Gnade nicht zu gewinnen waren, zeitli-
chen und ewigen Strafen ausgeſetzet *).
Hierbey entſtehet denn die Frage: warum
laͤſſet Gott diejenigen gebohren werden,
von welchen er ſiehet, daß ſie nie durch
weiſe Mittel zur Vollkommenheit werden
vollendet werden, oder warum vernichtet
er ſie nicht wieder? Diejenigen, welchen
nie dergleichen Fragen in den Sinn gekom-
men, und ſie fuͤr verwegen und unerlau-
bet halten, verſchonen mich mit dem Vor-
wurf, daß ich ſie ſelber machte, um Ge-
legenheit zu haben, meinen Witz dabey zu
zeigen. Jch rufe meine Amtsbruͤder in
Staͤdten und auf dem Lande zu Zeugen an,
ob ihnen dergleichen Fragen nicht zu Zeiten
von den gemeineſten Leuten und zwar mit
groſſer Aengſtlichkeit vorgetragen worden.
Lieſſe ſich nun ein jeder damit beruhigen,
daß man ihm ſagte: O welch eine Tiefe
des Reichthums, beyde der Weisheit
und der Erkaͤnntniß Gottes! Wir
muͤſſen unſere Schwachheit erkennen,
und uns nicht unterſtehen, die Rath-
ſchluͤſſe Gottes zu erforſchen; ſo waͤre es
unnoͤthig, auf ſolche Fragen Antworten zu
ſuchen.
*) Roͤm. C. 2. v. 9. Hebr. C. 10. v. 26. 27.
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/208>, abgerufen am 27.11.2024.
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