Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

erfolgete noch ein neuer Plan und eine neue
Anordnung. Nach derselben wurden die-
jenigen, welche durch die ihnen geschenkte
Gnade nicht zu gewinnen waren, zeitli-
chen und ewigen Strafen ausgesetzet *).
Hierbey entstehet denn die Frage: warum
lässet Gott diejenigen gebohren werden,
von welchen er siehet, daß sie nie durch
weise Mittel zur Vollkommenheit werden
vollendet werden, oder warum vernichtet
er sie nicht wieder? Diejenigen, welchen
nie dergleichen Fragen in den Sinn gekom-
men, und sie für verwegen und unerlau-
bet halten, verschonen mich mit dem Vor-
wurf, daß ich sie selber machte, um Ge-
legenheit zu haben, meinen Witz dabey zu
zeigen. Jch rufe meine Amtsbrüder in
Städten und auf dem Lande zu Zeugen an,
ob ihnen dergleichen Fragen nicht zu Zeiten
von den gemeinesten Leuten und zwar mit
grosser Aengstlichkeit vorgetragen worden.
Liesse sich nun ein jeder damit beruhigen,
daß man ihm sagte: O welch eine Tiefe
des Reichthums, beyde der Weisheit
und der Erkänntniß Gottes! Wir
müssen unsere Schwachheit erkennen,
und uns nicht unterstehen, die Rath-
schlüsse Gottes zu erforschen;
so wäre es
unnöthig, auf solche Fragen Antworten zu

suchen.
*) Röm. C. 2. v. 9. Hebr. C. 10. v. 26. 27.

erfolgete noch ein neuer Plan und eine neue
Anordnung. Nach derſelben wurden die-
jenigen, welche durch die ihnen geſchenkte
Gnade nicht zu gewinnen waren, zeitli-
chen und ewigen Strafen ausgeſetzet *).
Hierbey entſtehet denn die Frage: warum
laͤſſet Gott diejenigen gebohren werden,
von welchen er ſiehet, daß ſie nie durch
weiſe Mittel zur Vollkommenheit werden
vollendet werden, oder warum vernichtet
er ſie nicht wieder? Diejenigen, welchen
nie dergleichen Fragen in den Sinn gekom-
men, und ſie fuͤr verwegen und unerlau-
bet halten, verſchonen mich mit dem Vor-
wurf, daß ich ſie ſelber machte, um Ge-
legenheit zu haben, meinen Witz dabey zu
zeigen. Jch rufe meine Amtsbruͤder in
Staͤdten und auf dem Lande zu Zeugen an,
ob ihnen dergleichen Fragen nicht zu Zeiten
von den gemeineſten Leuten und zwar mit
groſſer Aengſtlichkeit vorgetragen worden.
Lieſſe ſich nun ein jeder damit beruhigen,
daß man ihm ſagte: O welch eine Tiefe
des Reichthums, beyde der Weisheit
und der Erkaͤnntniß Gottes! Wir
muͤſſen unſere Schwachheit erkennen,
und uns nicht unterſtehen, die Rath-
ſchluͤſſe Gottes zu erforſchen;
ſo waͤre es
unnoͤthig, auf ſolche Fragen Antworten zu

ſuchen.
*) Roͤm. C. 2. v. 9. Hebr. C. 10. v. 26. 27.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0208" n="188"/>
erfolgete noch ein neuer Plan und eine neue<lb/>
Anordnung. Nach der&#x017F;elben wurden die-<lb/>
jenigen, welche durch die ihnen ge&#x017F;chenkte<lb/>
Gnade nicht zu gewinnen waren, zeitli-<lb/>
chen und ewigen Strafen ausge&#x017F;etzet <note place="foot" n="*)">Ro&#x0364;m. C. 2. v. 9. Hebr. C. 10. v. 26. 27.</note>.<lb/>
Hierbey ent&#x017F;tehet denn die Frage: warum<lb/>
la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et Gott diejenigen gebohren werden,<lb/>
von welchen er &#x017F;iehet, daß &#x017F;ie nie durch<lb/>
wei&#x017F;e Mittel zur Vollkommenheit werden<lb/>
vollendet werden, oder warum vernichtet<lb/>
er &#x017F;ie nicht wieder? Diejenigen, welchen<lb/>
nie dergleichen Fragen in den Sinn gekom-<lb/>
men, und &#x017F;ie fu&#x0364;r verwegen und unerlau-<lb/>
bet halten, ver&#x017F;chonen mich mit dem Vor-<lb/>
wurf, daß ich &#x017F;ie &#x017F;elber machte, um Ge-<lb/>
legenheit zu haben, meinen Witz dabey zu<lb/>
zeigen. Jch rufe meine Amtsbru&#x0364;der in<lb/>
Sta&#x0364;dten und auf dem Lande zu Zeugen an,<lb/>
ob ihnen dergleichen Fragen nicht zu Zeiten<lb/>
von den gemeine&#x017F;ten Leuten und zwar mit<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;er Aeng&#x017F;tlichkeit vorgetragen worden.<lb/>
Lie&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich nun ein jeder damit beruhigen,<lb/>
daß man ihm &#x017F;agte: <hi rendition="#fr">O welch eine Tiefe<lb/>
des Reichthums, beyde der Weisheit<lb/>
und der Erka&#x0364;nntniß Gottes! Wir<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en un&#x017F;ere Schwachheit erkennen,<lb/>
und uns nicht unter&#x017F;tehen, die Rath-<lb/>
&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Gottes zu erfor&#x017F;chen;</hi> &#x017F;o wa&#x0364;re es<lb/>
unno&#x0364;thig, auf &#x017F;olche Fragen Antworten zu<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;uchen.</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0208] erfolgete noch ein neuer Plan und eine neue Anordnung. Nach derſelben wurden die- jenigen, welche durch die ihnen geſchenkte Gnade nicht zu gewinnen waren, zeitli- chen und ewigen Strafen ausgeſetzet *). Hierbey entſtehet denn die Frage: warum laͤſſet Gott diejenigen gebohren werden, von welchen er ſiehet, daß ſie nie durch weiſe Mittel zur Vollkommenheit werden vollendet werden, oder warum vernichtet er ſie nicht wieder? Diejenigen, welchen nie dergleichen Fragen in den Sinn gekom- men, und ſie fuͤr verwegen und unerlau- bet halten, verſchonen mich mit dem Vor- wurf, daß ich ſie ſelber machte, um Ge- legenheit zu haben, meinen Witz dabey zu zeigen. Jch rufe meine Amtsbruͤder in Staͤdten und auf dem Lande zu Zeugen an, ob ihnen dergleichen Fragen nicht zu Zeiten von den gemeineſten Leuten und zwar mit groſſer Aengſtlichkeit vorgetragen worden. Lieſſe ſich nun ein jeder damit beruhigen, daß man ihm ſagte: O welch eine Tiefe des Reichthums, beyde der Weisheit und der Erkaͤnntniß Gottes! Wir muͤſſen unſere Schwachheit erkennen, und uns nicht unterſtehen, die Rath- ſchluͤſſe Gottes zu erforſchen; ſo waͤre es unnoͤthig, auf ſolche Fragen Antworten zu ſuchen. *) Roͤm. C. 2. v. 9. Hebr. C. 10. v. 26. 27.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/208
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/208>, abgerufen am 27.11.2024.