Wunder sahen, die sie auf keine Weise ableugnen konnten. Matth. C. 12. v. 24. Man erinnere sich, daß ein grosses irdi- sches Jnteresse die Menschen dahin bringen könne, den deutlichsten Wahrheiten der Vernunft zu entsagen, und die offenbare- sten Thorheiten nicht nur zum Scheine zu vertheidigen, sondern so gar zu glauben. Jch mache mit Fleiß keine Exempel nam- haft. Ein Leser, der die Welt in etwas kennet, wird sie leicht finden.
§. 15.
Es sind noch andere sehr widrige Fol-Auflauf, den eine all- gemeine Er- scheinung gewirket ha- ben würde. gen, die eine ganz öffentliche Erscheinung des auferstandenen Erlösers ganz gewiß ge- habt haben würde. Was für einen Auf- lauf würde nicht die blosse Neubegierde er- reget haben? Wie viele Kranke würde man nicht von allen Orten herbey geschlep- pet haben? Mit was für Gewalt würde einer den andern wegzudrängen gesucht ha- ben? Man lerne doch folgendes aus der Geschichte des Erlösers. So bald er an- gefangen Wunder zu verrichten, konnte er sich niemals lange an eben demselben Orte aufhalten, oder es gab zu allerhand Un- ordnungen Anlaß. Man drängete auf ihn zu, man brachte eine Menge von Kranken zu ihm, man deckte Häuser oben im Dache auf, und ließ die Kranken dadurch zu sei- nen Füssen hernieder. Auf dem platten
Lande
Wunder ſahen, die ſie auf keine Weiſe ableugnen konnten. Matth. C. 12. v. 24. Man erinnere ſich, daß ein groſſes irdi- ſches Jntereſſe die Menſchen dahin bringen koͤnne, den deutlichſten Wahrheiten der Vernunft zu entſagen, und die offenbare- ſten Thorheiten nicht nur zum Scheine zu vertheidigen, ſondern ſo gar zu glauben. Jch mache mit Fleiß keine Exempel nam- haft. Ein Leſer, der die Welt in etwas kennet, wird ſie leicht finden.
§. 15.
Es ſind noch andere ſehr widrige Fol-Auflauf, den eine all- gemeine Er- ſcheinung gewirket ha- ben wuͤrde. gen, die eine ganz oͤffentliche Erſcheinung des auferſtandenen Erloͤſers ganz gewiß ge- habt haben wuͤrde. Was fuͤr einen Auf- lauf wuͤrde nicht die bloſſe Neubegierde er- reget haben? Wie viele Kranke wuͤrde man nicht von allen Orten herbey geſchlep- pet haben? Mit was fuͤr Gewalt wuͤrde einer den andern wegzudraͤngen geſucht ha- ben? Man lerne doch folgendes aus der Geſchichte des Erloͤſers. So bald er an- gefangen Wunder zu verrichten, konnte er ſich niemals lange an eben demſelben Orte aufhalten, oder es gab zu allerhand Un- ordnungen Anlaß. Man draͤngete auf ihn zu, man brachte eine Menge von Kranken zu ihm, man deckte Haͤuſer oben im Dache auf, und ließ die Kranken dadurch zu ſei- nen Fuͤſſen hernieder. Auf dem platten
Lande
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0177"n="157"/>
Wunder ſahen, die ſie auf keine Weiſe<lb/>
ableugnen konnten. Matth. C. 12. v. 24.<lb/>
Man erinnere ſich, daß ein groſſes irdi-<lb/>ſches Jntereſſe die Menſchen dahin bringen<lb/>
koͤnne, den deutlichſten Wahrheiten der<lb/>
Vernunft zu entſagen, und die offenbare-<lb/>ſten Thorheiten nicht nur zum Scheine zu<lb/>
vertheidigen, ſondern ſo gar zu glauben.<lb/>
Jch mache mit Fleiß keine Exempel nam-<lb/>
haft. Ein Leſer, der die Welt in etwas<lb/>
kennet, wird ſie leicht finden.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 15.</head><lb/><p>Es ſind noch andere ſehr widrige Fol-<noteplace="right">Auflauf,<lb/>
den eine all-<lb/>
gemeine Er-<lb/>ſcheinung<lb/>
gewirket ha-<lb/>
ben wuͤrde.</note><lb/>
gen, die eine ganz oͤffentliche Erſcheinung<lb/>
des auferſtandenen Erloͤſers ganz gewiß ge-<lb/>
habt haben wuͤrde. Was fuͤr einen Auf-<lb/>
lauf wuͤrde nicht die bloſſe Neubegierde er-<lb/>
reget haben? Wie viele Kranke wuͤrde<lb/>
man nicht von allen Orten herbey geſchlep-<lb/>
pet haben? Mit was fuͤr Gewalt wuͤrde<lb/>
einer den andern wegzudraͤngen geſucht ha-<lb/>
ben? Man lerne doch folgendes aus der<lb/>
Geſchichte des Erloͤſers. So bald er an-<lb/>
gefangen Wunder zu verrichten, konnte er<lb/>ſich niemals lange an eben demſelben Orte<lb/>
aufhalten, oder es gab zu allerhand Un-<lb/>
ordnungen Anlaß. Man draͤngete auf ihn<lb/>
zu, man brachte eine Menge von Kranken<lb/>
zu ihm, man deckte Haͤuſer oben im Dache<lb/>
auf, und ließ die Kranken dadurch zu ſei-<lb/>
nen Fuͤſſen hernieder. Auf dem platten<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Lande</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[157/0177]
Wunder ſahen, die ſie auf keine Weiſe
ableugnen konnten. Matth. C. 12. v. 24.
Man erinnere ſich, daß ein groſſes irdi-
ſches Jntereſſe die Menſchen dahin bringen
koͤnne, den deutlichſten Wahrheiten der
Vernunft zu entſagen, und die offenbare-
ſten Thorheiten nicht nur zum Scheine zu
vertheidigen, ſondern ſo gar zu glauben.
Jch mache mit Fleiß keine Exempel nam-
haft. Ein Leſer, der die Welt in etwas
kennet, wird ſie leicht finden.
§. 15.
Es ſind noch andere ſehr widrige Fol-
gen, die eine ganz oͤffentliche Erſcheinung
des auferſtandenen Erloͤſers ganz gewiß ge-
habt haben wuͤrde. Was fuͤr einen Auf-
lauf wuͤrde nicht die bloſſe Neubegierde er-
reget haben? Wie viele Kranke wuͤrde
man nicht von allen Orten herbey geſchlep-
pet haben? Mit was fuͤr Gewalt wuͤrde
einer den andern wegzudraͤngen geſucht ha-
ben? Man lerne doch folgendes aus der
Geſchichte des Erloͤſers. So bald er an-
gefangen Wunder zu verrichten, konnte er
ſich niemals lange an eben demſelben Orte
aufhalten, oder es gab zu allerhand Un-
ordnungen Anlaß. Man draͤngete auf ihn
zu, man brachte eine Menge von Kranken
zu ihm, man deckte Haͤuſer oben im Dache
auf, und ließ die Kranken dadurch zu ſei-
nen Fuͤſſen hernieder. Auf dem platten
Lande
Auflauf,
den eine all-
gemeine Er-
ſcheinung
gewirket ha-
ben wuͤrde.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/177>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.