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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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len, nachdem er auferstanden war von den
Todten.

Jch wende mich zu dem Ende wieder
zu der Gemüthsbeschaffenheit des Ge-
schlechts Juda. Jch vergleiche selbige mit
der Person des Erlösers. Man klaget Je-
sum an, weil er gesagt, er sey Christus,
der Messias, ein König. Luc. C. 23. v. 2.
Man besteht darauf, daß er des Todes
schuldig sey. Man bestimmt ihm sogar
selbst diejenige Strafe, die die Römischen
Gesetze hauptsächlich mit Staatsverbre-
chen, mit Aufruhr und Hochverrath zu
verbinden pflegten *). Will man vielleicht
den Heiland überall für keinen König der
Juden erkennen? Oder soll selbiges als-
denn erst geschehn, wenn er den weit aus-
sehenden Unternehmungen dieses rebellischen
Volkes ein Genüge geleistet? Jm ersten

Falle
*) I. Lipsius bemerkt solches in seinem Tra-
ctate de cruce L. I. c. 14. Das Römische
Gesetz, welches er daselbst anführet, enthält
kurz dieses: "Wer Aufruhr und Empörun-
"gen erreget, wird, nachdem er es verdie-
"net, entweder gekreuzigt, oder den wil-
"den Thieren vorgeworfen." Die Aufgabe
in der Hamb. verm. Biblioth. 3. B. War-
um Christus eben am Kreuze den Tod er-
dulden müssen, läßt sich, wie mich deucht,
hieraus füglicher beantworten, als wenn
man sagt; Christus wäre darum am Kreuze
gestorben, weil diese Art des Todes die al-
lerhärteste gewesen.
K 3

len, nachdem er auferſtanden war von den
Todten.

Jch wende mich zu dem Ende wieder
zu der Gemuͤthsbeſchaffenheit des Ge-
ſchlechts Juda. Jch vergleiche ſelbige mit
der Perſon des Erloͤſers. Man klaget Je-
ſum an, weil er geſagt, er ſey Chriſtus,
der Meſſias, ein Koͤnig. Luc. C. 23. v. 2.
Man beſteht darauf, daß er des Todes
ſchuldig ſey. Man beſtimmt ihm ſogar
ſelbſt diejenige Strafe, die die Roͤmiſchen
Geſetze hauptſaͤchlich mit Staatsverbre-
chen, mit Aufruhr und Hochverrath zu
verbinden pflegten *). Will man vielleicht
den Heiland uͤberall fuͤr keinen Koͤnig der
Juden erkennen? Oder ſoll ſelbiges als-
denn erſt geſchehn, wenn er den weit aus-
ſehenden Unternehmungen dieſes rebelliſchen
Volkes ein Genuͤge geleiſtet? Jm erſten

Falle
*) I. Lipsius bemerkt ſolches in ſeinem Tra-
ctate de cruce L. I. c. 14. Das Roͤmiſche
Geſetz, welches er daſelbſt anfuͤhret, enthaͤlt
kurz dieſes: „Wer Aufruhr und Empoͤrun-
„gen erreget, wird, nachdem er es verdie-
„net, entweder gekreuzigt, oder den wil-
„den Thieren vorgeworfen.„ Die Aufgabe
in der Hamb. verm. Biblioth. 3. B. War-
um Chriſtus eben am Kreuze den Tod er-
dulden muͤſſen, laͤßt ſich, wie mich deucht,
hieraus fuͤglicher beantworten, als wenn
man ſagt; Chriſtus waͤre darum am Kreuze
geſtorben, weil dieſe Art des Todes die al-
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K 3
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[149/0169] len, nachdem er auferſtanden war von den Todten. Jch wende mich zu dem Ende wieder zu der Gemuͤthsbeſchaffenheit des Ge- ſchlechts Juda. Jch vergleiche ſelbige mit der Perſon des Erloͤſers. Man klaget Je- ſum an, weil er geſagt, er ſey Chriſtus, der Meſſias, ein Koͤnig. Luc. C. 23. v. 2. Man beſteht darauf, daß er des Todes ſchuldig ſey. Man beſtimmt ihm ſogar ſelbſt diejenige Strafe, die die Roͤmiſchen Geſetze hauptſaͤchlich mit Staatsverbre- chen, mit Aufruhr und Hochverrath zu verbinden pflegten *). Will man vielleicht den Heiland uͤberall fuͤr keinen Koͤnig der Juden erkennen? Oder ſoll ſelbiges als- denn erſt geſchehn, wenn er den weit aus- ſehenden Unternehmungen dieſes rebelliſchen Volkes ein Genuͤge geleiſtet? Jm erſten Falle *) I. Lipsius bemerkt ſolches in ſeinem Tra- ctate de cruce L. I. c. 14. Das Roͤmiſche Geſetz, welches er daſelbſt anfuͤhret, enthaͤlt kurz dieſes: „Wer Aufruhr und Empoͤrun- „gen erreget, wird, nachdem er es verdie- „net, entweder gekreuzigt, oder den wil- „den Thieren vorgeworfen.„ Die Aufgabe in der Hamb. verm. Biblioth. 3. B. War- um Chriſtus eben am Kreuze den Tod er- dulden muͤſſen, laͤßt ſich, wie mich deucht, hieraus fuͤglicher beantworten, als wenn man ſagt; Chriſtus waͤre darum am Kreuze geſtorben, weil dieſe Art des Todes die al- lerhaͤrteſte geweſen. K 3

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/169>, abgerufen am 24.11.2024.