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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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jenigen gewußt, die bey dem Tode Jesu
waren, so war doch das Herabsteigen des-
selben vom Kreuze nicht zureichend, einen
Glauben von solcher Art bey ihnen hervor-
zubringen, als das Evangelium erfordert.
Jhre Erkänntniß von der Hoffnung Jsraels
war zu seichte: und alles, was sie davon
wissen konnten, gründete sich auf vorgefaß-
te Meynungen eines eben so abergläubigen
als herrschsüchtigen Volkes. Wie demnach
die Quellen waren, so mußten auch die
Begriffe seyn, welche aus denselben ge-
schöpft wurden. Ein zum Kreuze ver-
dammter König der Juden blieb den Hei-
den eine Thorheit 1 Cor. C. 1. v. 23. *).
Aus dem verlangten Zeichen aber erfolgte,
ohne ihrem vorgängigen Unterrichte in den
Lehren des Erlösers keine solche Ueberzeu-
gung, als man vermuthet; es sey denn,
daß man kein Bedenken trüge, noch ein

zweytes
num ac Titum praedixerant. Svetonius
schreibt im Vesp. c. 4. Percrebuerat oriente
toto vetus et constans opinio: Esse in fatis,
ut eo tempore Judaea profecti rerum poti-
rentur.
S. Is. Casauboni comment.
hierüber p. 546. und Tob. Eckhard. non
Christianor. de Christo testim. p.
57. Soll-
te dieses wol nicht damals bey den Römern
Furcht erreget, sie desto aufmerksamer und
gegen die Juden um so viel härter gemacht
haben?
*) S. Tob. Eckhard. am angef. O. p. 107.

jenigen gewußt, die bey dem Tode Jeſu
waren, ſo war doch das Herabſteigen deſ-
ſelben vom Kreuze nicht zureichend, einen
Glauben von ſolcher Art bey ihnen hervor-
zubringen, als das Evangelium erfordert.
Jhre Erkaͤnntniß von der Hoffnung Jſraels
war zu ſeichte: und alles, was ſie davon
wiſſen konnten, gruͤndete ſich auf vorgefaß-
te Meynungen eines eben ſo aberglaͤubigen
als herrſchſuͤchtigen Volkes. Wie demnach
die Quellen waren, ſo mußten auch die
Begriffe ſeyn, welche aus denſelben ge-
ſchoͤpft wurden. Ein zum Kreuze ver-
dammter Koͤnig der Juden blieb den Hei-
den eine Thorheit 1 Cor. C. 1. v. 23. *).
Aus dem verlangten Zeichen aber erfolgte,
ohne ihrem vorgaͤngigen Unterrichte in den
Lehren des Erloͤſers keine ſolche Ueberzeu-
gung, als man vermuthet; es ſey denn,
daß man kein Bedenken truͤge, noch ein

zweytes
num ac Titum praedixerant. Svetonius
ſchreibt im Veſp. c. 4. Percrebuerat oriente
toto vetus et conſtans opinio: Eſſe in fatis,
ut eo tempore Judaea profecti rerum poti-
rentur.
S. Is. Casauboni comment.
hieruͤber p. 546. und Tob. Eckhard. non
Chriſtianor. de Chriſto teſtim. p.
57. Soll-
te dieſes wol nicht damals bey den Roͤmern
Furcht erreget, ſie deſto aufmerkſamer und
gegen die Juden um ſo viel haͤrter gemacht
haben?
*) S. Tob. Eckhard. am angef. O. p. 107.
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[140/0160] jenigen gewußt, die bey dem Tode Jeſu waren, ſo war doch das Herabſteigen deſ- ſelben vom Kreuze nicht zureichend, einen Glauben von ſolcher Art bey ihnen hervor- zubringen, als das Evangelium erfordert. Jhre Erkaͤnntniß von der Hoffnung Jſraels war zu ſeichte: und alles, was ſie davon wiſſen konnten, gruͤndete ſich auf vorgefaß- te Meynungen eines eben ſo aberglaͤubigen als herrſchſuͤchtigen Volkes. Wie demnach die Quellen waren, ſo mußten auch die Begriffe ſeyn, welche aus denſelben ge- ſchoͤpft wurden. Ein zum Kreuze ver- dammter Koͤnig der Juden blieb den Hei- den eine Thorheit 1 Cor. C. 1. v. 23. *). Aus dem verlangten Zeichen aber erfolgte, ohne ihrem vorgaͤngigen Unterrichte in den Lehren des Erloͤſers keine ſolche Ueberzeu- gung, als man vermuthet; es ſey denn, daß man kein Bedenken truͤge, noch ein zweytes *) *) S. Tob. Eckhard. am angef. O. p. 107. *) num ac Titum praedixerant. Svetonius ſchreibt im Veſp. c. 4. Percrebuerat oriente toto vetus et conſtans opinio: Eſſe in fatis, ut eo tempore Judaea profecti rerum poti- rentur. S. Is. Casauboni comment. hieruͤber p. 546. und Tob. Eckhard. non Chriſtianor. de Chriſto teſtim. p. 57. Soll- te dieſes wol nicht damals bey den Roͤmern Furcht erreget, ſie deſto aufmerkſamer und gegen die Juden um ſo viel haͤrter gemacht haben?

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/160>, abgerufen am 16.07.2024.