gebreitet wissen. Wie durften sich daher die Juden den Sieg versprechen, da Jesus nicht nur in ihre Aufwiegelung unmöglich willigen, sondern auch ihrem unbilligen Erwarten kein Genüge leisten konnte. Elende Leute! euer König hätte euch in diesen ungerechten Absichten verlassen; ihr aber würdet die Strafe der Rebellen und die schärfsten Folgen der Empörung noth- wendig haben empfinden müssen. Der Römische Kaiser, der die Rechte und Freyheiten der Juden ohnedem zu beschnei- den suchte *), würde seine Macht wider selbige gekehrt und so viele Tausende ihrer Brüder zum Opfer seiner Grausamkeit und zu betrübten Beyspielen seines gerech- ten Zorns gemacht haben. Jerusalem war eben in den Tagen des Leidens Jesu, we- gen des bevorstehenden Festes, volkreicher an Juden, wie sonst. Dadurch wäre
zwar
*)Suetonius in Tiber. c. 36. erzählet, daß der damals regierende Kaiser Tiberius kein sonderlicher Freund der Juden gewesen. Seine Worte sind diese: Judaicos ritus com- pescuit: coactis, qui superstitione ea tene- bantur, religiosas vestes cum instrumento omni comburere. Judaeorum juventutem, per speciem sacramenti, in provincias gra- vioris coeli distribuit: reliquos gentis ejus- dem, vel similia sectantes, urbe submovit, sub poena perpetuae servitutis, nisi obtem- perassent.
gebreitet wiſſen. Wie durften ſich daher die Juden den Sieg verſprechen, da Jeſus nicht nur in ihre Aufwiegelung unmoͤglich willigen, ſondern auch ihrem unbilligen Erwarten kein Genuͤge leiſten konnte. Elende Leute! euer Koͤnig haͤtte euch in dieſen ungerechten Abſichten verlaſſen; ihr aber wuͤrdet die Strafe der Rebellen und die ſchaͤrfſten Folgen der Empoͤrung noth- wendig haben empfinden muͤſſen. Der Roͤmiſche Kaiſer, der die Rechte und Freyheiten der Juden ohnedem zu beſchnei- den ſuchte *), wuͤrde ſeine Macht wider ſelbige gekehrt und ſo viele Tauſende ihrer Bruͤder zum Opfer ſeiner Grauſamkeit und zu betruͤbten Beyſpielen ſeines gerech- ten Zorns gemacht haben. Jeruſalem war eben in den Tagen des Leidens Jeſu, we- gen des bevorſtehenden Feſtes, volkreicher an Juden, wie ſonſt. Dadurch waͤre
zwar
*)Suetonius in Tiber. c. 36. erzaͤhlet, daß der damals regierende Kaiſer Tiberius kein ſonderlicher Freund der Juden geweſen. Seine Worte ſind dieſe: Judaicos ritus com- peſcuit: coactis, qui ſuperſtitione ea tene- bantur, religioſas veſtes cum inſtrumento omni comburere. Judaeorum juventutem, per ſpeciem ſacramenti, in provincias gra- vioris coeli diſtribuit: reliquos gentis ejus- dem, vel ſimilia ſectantes, urbe ſubmovit, ſub poena perpetuae ſervitutis, niſi obtem- peraſſent.
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gebreitet wiſſen. Wie durften ſich daher
die Juden den Sieg verſprechen, da Jeſus
nicht nur in ihre Aufwiegelung unmoͤglich
willigen, ſondern auch ihrem unbilligen
Erwarten kein Genuͤge leiſten konnte.
Elende Leute! euer Koͤnig haͤtte euch in
dieſen ungerechten Abſichten verlaſſen; ihr
aber wuͤrdet die Strafe der Rebellen und
die ſchaͤrfſten Folgen der Empoͤrung noth-
wendig haben empfinden muͤſſen. Der
Roͤmiſche Kaiſer, der die Rechte und
Freyheiten der Juden ohnedem zu beſchnei-
den ſuchte *), wuͤrde ſeine Macht wider
ſelbige gekehrt und ſo viele Tauſende ihrer
Bruͤder zum Opfer ſeiner Grauſamkeit
und zu betruͤbten Beyſpielen ſeines gerech-
ten Zorns gemacht haben. Jeruſalem war
eben in den Tagen des Leidens Jeſu, we-
gen des bevorſtehenden Feſtes, volkreicher
an Juden, wie ſonſt. Dadurch waͤre
zwar
*) Suetonius in Tiber. c. 36. erzaͤhlet, daß
der damals regierende Kaiſer Tiberius kein
ſonderlicher Freund der Juden geweſen.
Seine Worte ſind dieſe: Judaicos ritus com-
peſcuit: coactis, qui ſuperſtitione ea tene-
bantur, religioſas veſtes cum inſtrumento
omni comburere. Judaeorum juventutem,
per ſpeciem ſacramenti, in provincias gra-
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/152>, abgerufen am 17.06.2024.
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