Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

Süsse Gedanken! Wird man auch
selbige mit dem geistlichen Königreiche des
Erlösers reimen können? Die Jrrthümer
waren viel zu reizend, als daß die Juden
bey einer wunderbaren Errettung Christi
vom Kreuze etwas anders, als dieses hät-
ten denken sollen: Seht! nun ist noch die
Zeit unserer Erlösung erschienen. Glück
zu! dem Monarchen des Hauses Jacobs.
Auf! laßt uns das unerträgliche Joch der
heidnischen Herrschaft abwerfen, die längst
gewünschte Freyheit erobern u. s. w. War
das vielleicht der Glaube, den Jesus ver-
langte, um seine Verehrer glücklich zu
machen?

§. 4.

Jst diese Vermuthung noch nicht gewißSondern
einen Jrr-
thum be-
stärket ha-
ben.

genug, trägt jemand Bedenken, derselben
beyzupflichten, so erwäge man nur fol-
gendes:

1) Jst es mehr als zu gewiß, daß die
niedrige Gestalt des Erlösers den Juden
ein Aergerniß gewesen,
1 Cor. C. 1. v. 23.
und daß sie die Kreuzigung des Messias
mit seiner Majestät nicht vergleichen kön-
nen. Anfänglich hegten die Jünger Jesu
selbst ganz andere Gedanken von der künf-
tigen Herrlichkeit, in welcher sie ihrem
Meister und Herrn, nach seiner Erhöhung
dienen wollten. Denn als Christus unter
ihnen sein bevorstehendes Leiden verkündig-
te, so war ihnen solches etwas so unerwar-

tetes,

Suͤſſe Gedanken! Wird man auch
ſelbige mit dem geiſtlichen Koͤnigreiche des
Erloͤſers reimen koͤnnen? Die Jrrthuͤmer
waren viel zu reizend, als daß die Juden
bey einer wunderbaren Errettung Chriſti
vom Kreuze etwas anders, als dieſes haͤt-
ten denken ſollen: Seht! nun iſt noch die
Zeit unſerer Erloͤſung erſchienen. Gluͤck
zu! dem Monarchen des Hauſes Jacobs.
Auf! laßt uns das unertraͤgliche Joch der
heidniſchen Herrſchaft abwerfen, die laͤngſt
gewuͤnſchte Freyheit erobern u. ſ. w. War
das vielleicht der Glaube, den Jeſus ver-
langte, um ſeine Verehrer gluͤcklich zu
machen?

§. 4.

Jſt dieſe Vermuthung noch nicht gewißSondern
einen Jrr-
thum be-
ſtaͤrket ha-
ben.

genug, traͤgt jemand Bedenken, derſelben
beyzupflichten, ſo erwaͤge man nur fol-
gendes:

1) Jſt es mehr als zu gewiß, daß die
niedrige Geſtalt des Erloͤſers den Juden
ein Aergerniß geweſen,
1 Cor. C. 1. v. 23.
und daß ſie die Kreuzigung des Meſſias
mit ſeiner Majeſtaͤt nicht vergleichen koͤn-
nen. Anfaͤnglich hegten die Juͤnger Jeſu
ſelbſt ganz andere Gedanken von der kuͤnf-
tigen Herrlichkeit, in welcher ſie ihrem
Meiſter und Herrn, nach ſeiner Erhoͤhung
dienen wollten. Denn als Chriſtus unter
ihnen ſein bevorſtehendes Leiden verkuͤndig-
te, ſo war ihnen ſolches etwas ſo unerwar-

tetes,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0147" n="127"/>
          <p>Su&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Gedanken! Wird man auch<lb/>
&#x017F;elbige mit dem gei&#x017F;tlichen Ko&#x0364;nigreiche des<lb/>
Erlo&#x0364;&#x017F;ers reimen ko&#x0364;nnen? Die Jrrthu&#x0364;mer<lb/>
waren viel zu reizend, als daß die Juden<lb/>
bey einer wunderbaren Errettung Chri&#x017F;ti<lb/>
vom Kreuze etwas anders, als die&#x017F;es ha&#x0364;t-<lb/>
ten denken &#x017F;ollen: Seht! nun i&#x017F;t noch die<lb/>
Zeit un&#x017F;erer Erlo&#x0364;&#x017F;ung er&#x017F;chienen. Glu&#x0364;ck<lb/>
zu! dem Monarchen des Hau&#x017F;es Jacobs.<lb/>
Auf! laßt uns das unertra&#x0364;gliche Joch der<lb/>
heidni&#x017F;chen Herr&#x017F;chaft abwerfen, die la&#x0364;ng&#x017F;t<lb/>
gewu&#x0364;n&#x017F;chte Freyheit erobern u. &#x017F;. w. War<lb/>
das vielleicht der Glaube, den Je&#x017F;us ver-<lb/>
langte, um &#x017F;eine Verehrer glu&#x0364;cklich zu<lb/>
machen?</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 4.</head><lb/>
          <p>J&#x017F;t die&#x017F;e Vermuthung noch nicht gewiß<note place="right">Sondern<lb/>
einen Jrr-<lb/>
thum be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;rket ha-<lb/>
ben.</note><lb/>
genug, tra&#x0364;gt jemand Bedenken, der&#x017F;elben<lb/>
beyzupflichten, &#x017F;o erwa&#x0364;ge man nur fol-<lb/>
gendes:</p><lb/>
          <p>1) J&#x017F;t es mehr als zu gewiß, daß die<lb/>
niedrige Ge&#x017F;talt des Erlo&#x0364;&#x017F;ers <hi rendition="#fr">den Juden<lb/>
ein Aergerniß gewe&#x017F;en,</hi> 1 Cor. C. 1. v. 23.<lb/>
und daß &#x017F;ie die Kreuzigung des Me&#x017F;&#x017F;ias<lb/>
mit &#x017F;einer Maje&#x017F;ta&#x0364;t nicht vergleichen ko&#x0364;n-<lb/>
nen. Anfa&#x0364;nglich hegten die Ju&#x0364;nger Je&#x017F;u<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t ganz andere Gedanken von der ku&#x0364;nf-<lb/>
tigen Herrlichkeit, in welcher &#x017F;ie ihrem<lb/>
Mei&#x017F;ter und Herrn, nach &#x017F;einer Erho&#x0364;hung<lb/>
dienen wollten. Denn als Chri&#x017F;tus unter<lb/>
ihnen &#x017F;ein bevor&#x017F;tehendes Leiden verku&#x0364;ndig-<lb/>
te, &#x017F;o war ihnen &#x017F;olches etwas &#x017F;o unerwar-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">tetes,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[127/0147] Suͤſſe Gedanken! Wird man auch ſelbige mit dem geiſtlichen Koͤnigreiche des Erloͤſers reimen koͤnnen? Die Jrrthuͤmer waren viel zu reizend, als daß die Juden bey einer wunderbaren Errettung Chriſti vom Kreuze etwas anders, als dieſes haͤt- ten denken ſollen: Seht! nun iſt noch die Zeit unſerer Erloͤſung erſchienen. Gluͤck zu! dem Monarchen des Hauſes Jacobs. Auf! laßt uns das unertraͤgliche Joch der heidniſchen Herrſchaft abwerfen, die laͤngſt gewuͤnſchte Freyheit erobern u. ſ. w. War das vielleicht der Glaube, den Jeſus ver- langte, um ſeine Verehrer gluͤcklich zu machen? §. 4. Jſt dieſe Vermuthung noch nicht gewiß genug, traͤgt jemand Bedenken, derſelben beyzupflichten, ſo erwaͤge man nur fol- gendes: Sondern einen Jrr- thum be- ſtaͤrket ha- ben. 1) Jſt es mehr als zu gewiß, daß die niedrige Geſtalt des Erloͤſers den Juden ein Aergerniß geweſen, 1 Cor. C. 1. v. 23. und daß ſie die Kreuzigung des Meſſias mit ſeiner Majeſtaͤt nicht vergleichen koͤn- nen. Anfaͤnglich hegten die Juͤnger Jeſu ſelbſt ganz andere Gedanken von der kuͤnf- tigen Herrlichkeit, in welcher ſie ihrem Meiſter und Herrn, nach ſeiner Erhoͤhung dienen wollten. Denn als Chriſtus unter ihnen ſein bevorſtehendes Leiden verkuͤndig- te, ſo war ihnen ſolches etwas ſo unerwar- tetes,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/147
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/147>, abgerufen am 22.11.2024.