dem Schlaf ganz dunkeler Gedanken, aus einem kindischen Aberglauben, und aus den rauhesten Sitten hat können heraus- gezogen werden. Wie viele Mühe hat es gekostet, die Erkänntniß des einigen Got- tes, und einen vernünftigen Gottesdienst und mildere Sitten unter die Menschen zu bringen. Und wie groß, wie schätzbar ist diese Seligkeit? Wie angenehm, wie be- ruhigend, wie vergnügend ist der Gedanke? Jch bin ein Geschöpf eines allmächtigen Gottes, in ihm lebe, webe und bin ich. Aus Liebe hat er mich hervorgebracht, aus Liebe erhält er mich, aus Liebe hat er mir so mancherley Wohlthaten geschenket. Er gedenket an mich, und kann meiner nimmer vergessen. Jn Christo hat er mir den gnä- digen Rathschluß geoffenbaret, daß er mich Unwürdigen ewig lieben und ewig se- lig machen wolle. Jch soll noch nach dem Tode leben. Er will mich zu einer seligen Ewigkeit erhöhen. Jch soll als ein gelieb- tes Kind ewig in dem Glanz seiner Herr- lichkeit wandeln. Jch soll ewig die Liebe Gottes schmecken. O! wie süß ist diese Hoffnung? Jst auch irgend etwas unter den irdischen Vorzügen, daß ein so sanftes, ein so dauerhaftes, ein so entzückendes Ver- gnügen geben könne? O Seele, wie groß ist dein Glück, daß der Rathschluß des Ewigen deine Geburt in diese erleuchte- ten Zeiten gesetzet, und dich in demjenigen
Lichte
H 3
dem Schlaf ganz dunkeler Gedanken, aus einem kindiſchen Aberglauben, und aus den rauheſten Sitten hat koͤnnen heraus- gezogen werden. Wie viele Muͤhe hat es gekoſtet, die Erkaͤnntniß des einigen Got- tes, und einen vernuͤnftigen Gottesdienſt und mildere Sitten unter die Menſchen zu bringen. Und wie groß, wie ſchaͤtzbar iſt dieſe Seligkeit? Wie angenehm, wie be- ruhigend, wie vergnuͤgend iſt der Gedanke? Jch bin ein Geſchoͤpf eines allmaͤchtigen Gottes, in ihm lebe, webe und bin ich. Aus Liebe hat er mich hervorgebracht, aus Liebe erhaͤlt er mich, aus Liebe hat er mir ſo mancherley Wohlthaten geſchenket. Er gedenket an mich, und kann meiner nimmer vergeſſen. Jn Chriſto hat er mir den gnaͤ- digen Rathſchluß geoffenbaret, daß er mich Unwuͤrdigen ewig lieben und ewig ſe- lig machen wolle. Jch ſoll noch nach dem Tode leben. Er will mich zu einer ſeligen Ewigkeit erhoͤhen. Jch ſoll als ein gelieb- tes Kind ewig in dem Glanz ſeiner Herr- lichkeit wandeln. Jch ſoll ewig die Liebe Gottes ſchmecken. O! wie ſuͤß iſt dieſe Hoffnung? Jſt auch irgend etwas unter den irdiſchen Vorzuͤgen, daß ein ſo ſanftes, ein ſo dauerhaftes, ein ſo entzuͤckendes Ver- gnuͤgen geben koͤnne? O Seele, wie groß iſt dein Gluͤck, daß der Rathſchluß des Ewigen deine Geburt in dieſe erleuchte- ten Zeiten geſetzet, und dich in demjenigen
Lichte
H 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0137"n="117"/>
dem Schlaf ganz dunkeler Gedanken, aus<lb/>
einem kindiſchen Aberglauben, und aus<lb/>
den rauheſten Sitten hat koͤnnen heraus-<lb/>
gezogen werden. Wie viele Muͤhe hat es<lb/>
gekoſtet, die Erkaͤnntniß des einigen Got-<lb/>
tes, und einen vernuͤnftigen Gottesdienſt<lb/>
und mildere Sitten unter die Menſchen zu<lb/>
bringen. Und wie groß, wie ſchaͤtzbar iſt<lb/>
dieſe Seligkeit? Wie angenehm, wie be-<lb/>
ruhigend, wie vergnuͤgend iſt der Gedanke?<lb/>
Jch bin ein Geſchoͤpf eines allmaͤchtigen<lb/>
Gottes, in ihm lebe, webe und bin ich.<lb/>
Aus Liebe hat er mich hervorgebracht, aus<lb/>
Liebe erhaͤlt er mich, aus Liebe hat er mir<lb/>ſo mancherley Wohlthaten geſchenket. Er<lb/>
gedenket an mich, und kann meiner nimmer<lb/>
vergeſſen. Jn Chriſto hat er mir den gnaͤ-<lb/>
digen Rathſchluß geoffenbaret, daß er<lb/>
mich Unwuͤrdigen ewig lieben und ewig ſe-<lb/>
lig machen wolle. Jch ſoll noch nach dem<lb/>
Tode leben. Er will mich zu einer ſeligen<lb/>
Ewigkeit erhoͤhen. Jch ſoll als ein gelieb-<lb/>
tes Kind ewig in dem Glanz ſeiner Herr-<lb/>
lichkeit wandeln. Jch ſoll ewig die Liebe<lb/>
Gottes ſchmecken. O! wie ſuͤß iſt dieſe<lb/>
Hoffnung? Jſt auch irgend etwas unter den<lb/>
irdiſchen Vorzuͤgen, daß ein ſo ſanftes, ein<lb/>ſo dauerhaftes, ein ſo entzuͤckendes Ver-<lb/>
gnuͤgen geben koͤnne? O Seele, wie groß<lb/>
iſt dein Gluͤck, daß der Rathſchluß des<lb/>
Ewigen deine Geburt in dieſe erleuchte-<lb/>
ten Zeiten geſetzet, und dich in demjenigen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">H 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">Lichte</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[117/0137]
dem Schlaf ganz dunkeler Gedanken, aus
einem kindiſchen Aberglauben, und aus
den rauheſten Sitten hat koͤnnen heraus-
gezogen werden. Wie viele Muͤhe hat es
gekoſtet, die Erkaͤnntniß des einigen Got-
tes, und einen vernuͤnftigen Gottesdienſt
und mildere Sitten unter die Menſchen zu
bringen. Und wie groß, wie ſchaͤtzbar iſt
dieſe Seligkeit? Wie angenehm, wie be-
ruhigend, wie vergnuͤgend iſt der Gedanke?
Jch bin ein Geſchoͤpf eines allmaͤchtigen
Gottes, in ihm lebe, webe und bin ich.
Aus Liebe hat er mich hervorgebracht, aus
Liebe erhaͤlt er mich, aus Liebe hat er mir
ſo mancherley Wohlthaten geſchenket. Er
gedenket an mich, und kann meiner nimmer
vergeſſen. Jn Chriſto hat er mir den gnaͤ-
digen Rathſchluß geoffenbaret, daß er
mich Unwuͤrdigen ewig lieben und ewig ſe-
lig machen wolle. Jch ſoll noch nach dem
Tode leben. Er will mich zu einer ſeligen
Ewigkeit erhoͤhen. Jch ſoll als ein gelieb-
tes Kind ewig in dem Glanz ſeiner Herr-
lichkeit wandeln. Jch ſoll ewig die Liebe
Gottes ſchmecken. O! wie ſuͤß iſt dieſe
Hoffnung? Jſt auch irgend etwas unter den
irdiſchen Vorzuͤgen, daß ein ſo ſanftes, ein
ſo dauerhaftes, ein ſo entzuͤckendes Ver-
gnuͤgen geben koͤnne? O Seele, wie groß
iſt dein Gluͤck, daß der Rathſchluß des
Ewigen deine Geburt in dieſe erleuchte-
ten Zeiten geſetzet, und dich in demjenigen
Lichte
H 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/137>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.