lich gemacht oder aufgehoben, als unter den Christen geschehen ist? Ja welcher Weise, den nicht unsere Offenbarung geleitet, hat je die erhabenen Eigenschaf- ten Gottes und das künftige Schicksal der Menschen und die Art sich zu einer seeligen Ewigkeit zu bereiten, in ein sol- ches Licht gesetzet, als die Lehrer des Evan- gelii gethan haben? Und wer hat im Ge- gentheil noch eine göttliche Eigenschaft, oder eine Tugend entdecket, welche die göttliche Offenbarung nicht lehrete? Ob ich dero- wegen gleich behaupte, daß eine Staats- form, die nicht mit beständigen Empörun- gen und Kriegen umgehet, und ein anhal- tender Friede, und Künste und Wissen- schaften, und ein dadurch entstehendes weicheres und zärtlicheres Gefühl der Seele ein Volk zu Annehmung des wah- ren und thätigen Christenthums vorberei- ten müsse, so bleibet doch der Religion noch vieles zur Verbesserung der mensch- lichen Seele und Gesellschaft übrig, wo- hin kein Volk ohne dieselbe gelanget ist. Es wird zwar denen, welche der Christli- chen Religion obige grosse Wirkungen zu- schreiben, von andern, die ihr keinen so hohen Werth lassen wollen, entgegen ge- setzet, daß, wenn die Christliche Lehre einige Grausamkeiten unter ihren Bekennern ab- geschaffet, sie andere und noch härtere wieder eingeführet. Die vielen und har-
ten
lich gemacht oder aufgehoben, als unter den Chriſten geſchehen iſt? Ja welcher Weiſe, den nicht unſere Offenbarung geleitet, hat je die erhabenen Eigenſchaf- ten Gottes und das kuͤnftige Schickſal der Menſchen und die Art ſich zu einer ſeeligen Ewigkeit zu bereiten, in ein ſol- ches Licht geſetzet, als die Lehrer des Evan- gelii gethan haben? Und wer hat im Ge- gentheil noch eine goͤttliche Eigenſchaft, oder eine Tugend entdecket, welche die goͤttliche Offenbarung nicht lehrete? Ob ich dero- wegen gleich behaupte, daß eine Staats- form, die nicht mit beſtaͤndigen Empoͤrun- gen und Kriegen umgehet, und ein anhal- tender Friede, und Kuͤnſte und Wiſſen- ſchaften, und ein dadurch entſtehendes weicheres und zaͤrtlicheres Gefuͤhl der Seele ein Volk zu Annehmung des wah- ren und thaͤtigen Chriſtenthums vorberei- ten muͤſſe, ſo bleibet doch der Religion noch vieles zur Verbeſſerung der menſch- lichen Seele und Geſellſchaft uͤbrig, wo- hin kein Volk ohne dieſelbe gelanget iſt. Es wird zwar denen, welche der Chriſtli- chen Religion obige groſſe Wirkungen zu- ſchreiben, von andern, die ihr keinen ſo hohen Werth laſſen wollen, entgegen ge- ſetzet, daß, wenn die Chriſtliche Lehre einige Grauſamkeiten unter ihren Bekennern ab- geſchaffet, ſie andere und noch haͤrtere wieder eingefuͤhret. Die vielen und har-
ten
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0127"n="107"/>
lich gemacht oder aufgehoben, als unter<lb/>
den Chriſten geſchehen iſt? Ja welcher<lb/>
Weiſe, den nicht unſere Offenbarung<lb/>
geleitet, hat je die erhabenen Eigenſchaf-<lb/>
ten Gottes und das kuͤnftige Schickſal<lb/>
der Menſchen und die Art ſich zu einer<lb/>ſeeligen Ewigkeit zu bereiten, in ein ſol-<lb/>
ches Licht geſetzet, als die Lehrer des Evan-<lb/>
gelii gethan haben? Und wer hat im Ge-<lb/>
gentheil noch eine goͤttliche Eigenſchaft, oder<lb/>
eine Tugend entdecket, welche die goͤttliche<lb/>
Offenbarung nicht lehrete? Ob ich dero-<lb/>
wegen gleich behaupte, daß eine Staats-<lb/>
form, die nicht mit beſtaͤndigen Empoͤrun-<lb/>
gen und Kriegen umgehet, und ein anhal-<lb/>
tender Friede, und Kuͤnſte und Wiſſen-<lb/>ſchaften, und ein dadurch entſtehendes<lb/>
weicheres und zaͤrtlicheres Gefuͤhl der<lb/>
Seele ein Volk zu Annehmung des wah-<lb/>
ren und thaͤtigen Chriſtenthums vorberei-<lb/>
ten muͤſſe, ſo bleibet doch der Religion<lb/>
noch vieles zur Verbeſſerung der menſch-<lb/>
lichen Seele und Geſellſchaft uͤbrig, wo-<lb/>
hin kein Volk ohne dieſelbe gelanget iſt.<lb/>
Es wird zwar denen, welche der Chriſtli-<lb/>
chen Religion obige groſſe Wirkungen zu-<lb/>ſchreiben, von andern, die ihr keinen ſo<lb/>
hohen Werth laſſen wollen, entgegen ge-<lb/>ſetzet, daß, wenn die Chriſtliche Lehre einige<lb/>
Grauſamkeiten unter ihren Bekennern ab-<lb/>
geſchaffet, ſie andere und noch haͤrtere<lb/>
wieder eingefuͤhret. Die vielen und har-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ten</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[107/0127]
lich gemacht oder aufgehoben, als unter
den Chriſten geſchehen iſt? Ja welcher
Weiſe, den nicht unſere Offenbarung
geleitet, hat je die erhabenen Eigenſchaf-
ten Gottes und das kuͤnftige Schickſal
der Menſchen und die Art ſich zu einer
ſeeligen Ewigkeit zu bereiten, in ein ſol-
ches Licht geſetzet, als die Lehrer des Evan-
gelii gethan haben? Und wer hat im Ge-
gentheil noch eine goͤttliche Eigenſchaft, oder
eine Tugend entdecket, welche die goͤttliche
Offenbarung nicht lehrete? Ob ich dero-
wegen gleich behaupte, daß eine Staats-
form, die nicht mit beſtaͤndigen Empoͤrun-
gen und Kriegen umgehet, und ein anhal-
tender Friede, und Kuͤnſte und Wiſſen-
ſchaften, und ein dadurch entſtehendes
weicheres und zaͤrtlicheres Gefuͤhl der
Seele ein Volk zu Annehmung des wah-
ren und thaͤtigen Chriſtenthums vorberei-
ten muͤſſe, ſo bleibet doch der Religion
noch vieles zur Verbeſſerung der menſch-
lichen Seele und Geſellſchaft uͤbrig, wo-
hin kein Volk ohne dieſelbe gelanget iſt.
Es wird zwar denen, welche der Chriſtli-
chen Religion obige groſſe Wirkungen zu-
ſchreiben, von andern, die ihr keinen ſo
hohen Werth laſſen wollen, entgegen ge-
ſetzet, daß, wenn die Chriſtliche Lehre einige
Grauſamkeiten unter ihren Bekennern ab-
geſchaffet, ſie andere und noch haͤrtere
wieder eingefuͤhret. Die vielen und har-
ten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/127>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.