Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

lebe. Jch rechne bey der göttlichen Re-
gierung nach göttlichen Zahlen und Zeiten
wo tausend Jahre, wie ein Tag sind *).
Jch gedenke nach dieser Rechnung: viel-
leicht ist die Welt noch in ihrem ersten An-
fange und ersten Entwickelungen. Viel-
leicht fangen die Völker erst an, nach und
nach aus ihren Kinder-Jahren in ein
Jünglings-Alter zu treten **). Es haben
die größten Anstalten viele hundert Jahre
fortgesetzet werden müssen, ehe ein einziges
Volk in der Erkänntniß des wahren Got-
tes befestiget und einige andere Völker zu
einem vernünftigen Gottesdienste vorberei-
tet worden. Vielleicht gehören zu dieser
Vorbereitung der übrigen Völker noch ei-
nige Jahrhunderte mehr, ehe ihre rohen Sit-
ten gebrochen und ein feinerer Geschmack un-
ter sie gebracht wird, der ihre Seelen zu
Annehmung des Christenthums bequem
macht. Vielleicht könnte zwar durch neue
Wunder bewirket werden, daß einige
Reiche den Namen des Christenthums
annähmen; vielleicht aber könnte jetzo auch
weiter nichts, als dieser Name, erhal-
ten werden. Die Kirchengeschichte von
Deutschland lehret, daß ein grosser Theil
der Völker, so dieses Land bewohnet, lan-
ge den Namen eines Christen geführet,

ehe
*) 2 Petr. C. 3. v. 8.
**) Gal. C. 4. v. 1-3.
G 4

lebe. Jch rechne bey der goͤttlichen Re-
gierung nach goͤttlichen Zahlen und Zeiten
wo tauſend Jahre, wie ein Tag ſind *).
Jch gedenke nach dieſer Rechnung: viel-
leicht iſt die Welt noch in ihrem erſten An-
fange und erſten Entwickelungen. Viel-
leicht fangen die Voͤlker erſt an, nach und
nach aus ihren Kinder-Jahren in ein
Juͤnglings-Alter zu treten **). Es haben
die groͤßten Anſtalten viele hundert Jahre
fortgeſetzet werden muͤſſen, ehe ein einziges
Volk in der Erkaͤnntniß des wahren Got-
tes befeſtiget und einige andere Voͤlker zu
einem vernuͤnftigen Gottesdienſte vorberei-
tet worden. Vielleicht gehoͤren zu dieſer
Vorbereitung der uͤbrigen Voͤlker noch ei-
nige Jahrhunderte mehr, ehe ihre rohen Sit-
ten gebrochen und ein feinerer Geſchmack un-
ter ſie gebracht wird, der ihre Seelen zu
Annehmung des Chriſtenthums bequem
macht. Vielleicht koͤnnte zwar durch neue
Wunder bewirket werden, daß einige
Reiche den Namen des Chriſtenthums
annaͤhmen; vielleicht aber koͤnnte jetzo auch
weiter nichts, als dieſer Name, erhal-
ten werden. Die Kirchengeſchichte von
Deutſchland lehret, daß ein groſſer Theil
der Voͤlker, ſo dieſes Land bewohnet, lan-
ge den Namen eines Chriſten gefuͤhret,

ehe
*) 2 Petr. C. 3. v. 8.
**) Gal. C. 4. v. 1-3.
G 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0123" n="103"/>
lebe. Jch rechne bey der go&#x0364;ttlichen Re-<lb/>
gierung nach go&#x0364;ttlichen Zahlen und Zeiten<lb/>
wo tau&#x017F;end Jahre, wie ein Tag &#x017F;ind <note place="foot" n="*)">2 Petr. C. 3. v. 8.</note>.<lb/>
Jch gedenke nach die&#x017F;er Rechnung: viel-<lb/>
leicht i&#x017F;t die Welt noch in ihrem er&#x017F;ten An-<lb/>
fange und er&#x017F;ten Entwickelungen. Viel-<lb/>
leicht fangen die Vo&#x0364;lker er&#x017F;t an, nach und<lb/>
nach aus ihren Kinder-Jahren in ein<lb/>
Ju&#x0364;nglings-Alter zu treten <note place="foot" n="**)">Gal. C. 4. v. 1-3.</note>. Es haben<lb/>
die gro&#x0364;ßten An&#x017F;talten viele hundert Jahre<lb/>
fortge&#x017F;etzet werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, ehe ein einziges<lb/>
Volk in der Erka&#x0364;nntniß des wahren Got-<lb/>
tes befe&#x017F;tiget und einige andere Vo&#x0364;lker zu<lb/>
einem vernu&#x0364;nftigen Gottesdien&#x017F;te vorberei-<lb/>
tet worden. Vielleicht geho&#x0364;ren zu die&#x017F;er<lb/>
Vorbereitung der u&#x0364;brigen Vo&#x0364;lker noch ei-<lb/>
nige Jahrhunderte mehr, ehe ihre rohen Sit-<lb/>
ten gebrochen und ein feinerer Ge&#x017F;chmack un-<lb/>
ter &#x017F;ie gebracht wird, der ihre Seelen zu<lb/>
Annehmung des Chri&#x017F;tenthums bequem<lb/>
macht. Vielleicht ko&#x0364;nnte zwar durch neue<lb/>
Wunder bewirket werden, daß einige<lb/>
Reiche den Namen des Chri&#x017F;tenthums<lb/>
anna&#x0364;hmen; vielleicht aber ko&#x0364;nnte jetzo auch<lb/>
weiter nichts, als die&#x017F;er Name, erhal-<lb/>
ten werden. Die Kirchenge&#x017F;chichte von<lb/>
Deut&#x017F;chland lehret, daß ein gro&#x017F;&#x017F;er Theil<lb/>
der Vo&#x0364;lker, &#x017F;o die&#x017F;es Land bewohnet, lan-<lb/>
ge den Namen eines Chri&#x017F;ten gefu&#x0364;hret,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G 4</fw><fw place="bottom" type="catch">ehe</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0123] lebe. Jch rechne bey der goͤttlichen Re- gierung nach goͤttlichen Zahlen und Zeiten wo tauſend Jahre, wie ein Tag ſind *). Jch gedenke nach dieſer Rechnung: viel- leicht iſt die Welt noch in ihrem erſten An- fange und erſten Entwickelungen. Viel- leicht fangen die Voͤlker erſt an, nach und nach aus ihren Kinder-Jahren in ein Juͤnglings-Alter zu treten **). Es haben die groͤßten Anſtalten viele hundert Jahre fortgeſetzet werden muͤſſen, ehe ein einziges Volk in der Erkaͤnntniß des wahren Got- tes befeſtiget und einige andere Voͤlker zu einem vernuͤnftigen Gottesdienſte vorberei- tet worden. Vielleicht gehoͤren zu dieſer Vorbereitung der uͤbrigen Voͤlker noch ei- nige Jahrhunderte mehr, ehe ihre rohen Sit- ten gebrochen und ein feinerer Geſchmack un- ter ſie gebracht wird, der ihre Seelen zu Annehmung des Chriſtenthums bequem macht. Vielleicht koͤnnte zwar durch neue Wunder bewirket werden, daß einige Reiche den Namen des Chriſtenthums annaͤhmen; vielleicht aber koͤnnte jetzo auch weiter nichts, als dieſer Name, erhal- ten werden. Die Kirchengeſchichte von Deutſchland lehret, daß ein groſſer Theil der Voͤlker, ſo dieſes Land bewohnet, lan- ge den Namen eines Chriſten gefuͤhret, ehe *) 2 Petr. C. 3. v. 8. **) Gal. C. 4. v. 1-3. G 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/123
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/123>, abgerufen am 04.05.2024.