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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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solchen Sätzen wahrhaftig streitet,
auf deren völlige Gewißheit ein
Mensch sich ohne alle Furcht zu irren
verlassen kan
(siehe §. IX. u. f.) Das
kan in der göttlichen Offenbarung
nicht stehen: und eine Erklärung,
welche wahrhaftig einen solchen Satz
auf hebet, kan die rechte nicht seyn.

Jn dieser Einschränckung ist sie richtig,
denn keine Wahrheit kan die andere auf-
heben. Und unter dieser Bestimmung ist
sie brauchbar. Doch aber ist noch ein
ander Umstand, der ihren Gebrauch unge-
mein enge einschräncket. Wenn man
diese Regel zu dem ersten Vordersatz eines
Schlusses machen will, so muß der zweyte
also lauten: Dieses und jenes streitet
wahrhaftig mit einer völlig gewissen
Wahrheit der Vernunft; diese und
jene Erklärung hebt wahrhaftig ei-
ne Wahrheit auf.
Und hieraus kan
denn erst der Schluß hergeleitet werden:
Dieses und jenes kan in der Schrift
nicht stehen:
Diese und jene Erklärung
ist falsch. Allein wie vielen Schwürig-
keiten ist der Beweiß des zweyten Vorder-
satzes unterworfen, und wie leicht lässet sich

der



ſolchen Saͤtzen wahrhaftig ſtreitet,
auf deren voͤllige Gewißheit ein
Menſch ſich ohne alle Furcht zu irren
verlaſſen kan
(ſiehe §. IX. u. f.) Das
kan in der goͤttlichen Offenbarung
nicht ſtehen: und eine Erklaͤrung,
welche wahrhaftig einen ſolchen Satz
auf hebet, kan die rechte nicht ſeyn.

Jn dieſer Einſchraͤnckung iſt ſie richtig,
denn keine Wahrheit kan die andere auf-
heben. Und unter dieſer Beſtimmung iſt
ſie brauchbar. Doch aber iſt noch ein
ander Umſtand, der ihren Gebrauch unge-
mein enge einſchraͤncket. Wenn man
dieſe Regel zu dem erſten Vorderſatz eines
Schluſſes machen will, ſo muß der zweyte
alſo lauten: Dieſes und jenes ſtreitet
wahrhaftig mit einer voͤllig gewiſſen
Wahrheit der Vernunft; dieſe und
jene Erklaͤrung hebt wahrhaftig ei-
ne Wahrheit auf.
Und hieraus kan
denn erſt der Schluß hergeleitet werden:
Dieſes und jenes kan in der Schrift
nicht ſtehen:
Dieſe und jene Erklaͤrung
iſt falſch. Allein wie vielen Schwuͤrig-
keiten iſt der Beweiß des zweyten Vorder-
ſatzes unterworfen, und wie leicht laͤſſet ſich

der
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[42/0060] ſolchen Saͤtzen wahrhaftig ſtreitet, auf deren voͤllige Gewißheit ein Menſch ſich ohne alle Furcht zu irren verlaſſen kan (ſiehe §. IX. u. f.) Das kan in der goͤttlichen Offenbarung nicht ſtehen: und eine Erklaͤrung, welche wahrhaftig einen ſolchen Satz auf hebet, kan die rechte nicht ſeyn. Jn dieſer Einſchraͤnckung iſt ſie richtig, denn keine Wahrheit kan die andere auf- heben. Und unter dieſer Beſtimmung iſt ſie brauchbar. Doch aber iſt noch ein ander Umſtand, der ihren Gebrauch unge- mein enge einſchraͤncket. Wenn man dieſe Regel zu dem erſten Vorderſatz eines Schluſſes machen will, ſo muß der zweyte alſo lauten: Dieſes und jenes ſtreitet wahrhaftig mit einer voͤllig gewiſſen Wahrheit der Vernunft; dieſe und jene Erklaͤrung hebt wahrhaftig ei- ne Wahrheit auf. Und hieraus kan denn erſt der Schluß hergeleitet werden: Dieſes und jenes kan in der Schrift nicht ſtehen: Dieſe und jene Erklaͤrung iſt falſch. Allein wie vielen Schwuͤrig- keiten iſt der Beweiß des zweyten Vorder- ſatzes unterworfen, und wie leicht laͤſſet ſich der

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/60>, abgerufen am 21.11.2024.