Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.vollkommenen Seligkeit erschaffen. Es war auf ihrer Seite nur nöthig, dem Wil- len des Schöpfers sich zu unterwerfen und diejenigen heilsamen Gesetze zu beobachten, ohne welche keine wahre Glückseligkeit be- stehen kan. Die Menschen aber haben dieser gütigen Absicht ihres Schöpfers nicht gefolget. Sie haben die Gesetze ihres GOttes verlassen. Sie sind auf die schänd- lichsten Thorheiten verfallen, und haben solchen Begierden die Herrschafft überge- ben, die sie zu den unseligsten Sclaven ge- macht. Unsere Ruhe und Zufriedenheit ist dahin. Unsere Begierden streiten sel- ber wider einander, und setzen uns in die be- trübteste Unruhe. Was uns heute belu- stiget und wonach wir mit einem feurigen und wilden Triebe ringen, das verwün- schen wir morgen mit der grösten Unzufrie- denheit. Jn unserm Leib haben wir ein Gift gebracht, so alle Adern durchdringet, und uns Schmertzen, und im kurtzen den Tod verursachet. Die unordentlichen Begierden bringen auch die Menschen wi- der einander auf; auch setzen sie uns in solche Unsicherheit, daß eins vor dem andern muß die Thüren verschliessen, und daß wir Wälle Z 2
vollkommenen Seligkeit erſchaffen. Es war auf ihrer Seite nur noͤthig, dem Wil- len des Schoͤpfers ſich zu unterwerfen und diejenigen heilſamen Geſetze zu beobachten, ohne welche keine wahre Gluͤckſeligkeit be- ſtehen kan. Die Menſchen aber haben dieſer guͤtigen Abſicht ihres Schoͤpfers nicht gefolget. Sie haben die Geſetze ihres GOttes verlaſſen. Sie ſind auf die ſchaͤnd- lichſten Thorheiten verfallen, und haben ſolchen Begierden die Herrſchafft uͤberge- ben, die ſie zu den unſeligſten Sclaven ge- macht. Unſere Ruhe und Zufriedenheit iſt dahin. Unſere Begierden ſtreiten ſel- ber wider einander, und ſetzen uns in die be- truͤbteſte Unruhe. Was uns heute belu- ſtiget und wonach wir mit einem feurigen und wilden Triebe ringen, das verwuͤn- ſchen wir morgen mit der groͤſten Unzufrie- denheit. Jn unſerm Leib haben wir ein Gift gebracht, ſo alle Adern durchdringet, und uns Schmertzen, und im kurtzen den Tod verurſachet. Die unordentlichen Begierden bringen auch die Menſchen wi- der einander auf; auch ſetzen ſie uns in ſolche Unſicherheit, daß eins vor dem andern muß die Thuͤren verſchlieſſen, und daß wir Waͤlle Z 2
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vollkommenen Seligkeit erſchaffen. Es
war auf ihrer Seite nur noͤthig, dem Wil-
len des Schoͤpfers ſich zu unterwerfen und
diejenigen heilſamen Geſetze zu beobachten,
ohne welche keine wahre Gluͤckſeligkeit be-
ſtehen kan. Die Menſchen aber haben
dieſer guͤtigen Abſicht ihres Schoͤpfers nicht
gefolget. Sie haben die Geſetze ihres
GOttes verlaſſen. Sie ſind auf die ſchaͤnd-
lichſten Thorheiten verfallen, und haben
ſolchen Begierden die Herrſchafft uͤberge-
ben, die ſie zu den unſeligſten Sclaven ge-
macht. Unſere Ruhe und Zufriedenheit
iſt dahin. Unſere Begierden ſtreiten ſel-
ber wider einander, und ſetzen uns in die be-
truͤbteſte Unruhe. Was uns heute belu-
ſtiget und wonach wir mit einem feurigen
und wilden Triebe ringen, das verwuͤn-
ſchen wir morgen mit der groͤſten Unzufrie-
denheit. Jn unſerm Leib haben wir ein
Gift gebracht, ſo alle Adern durchdringet,
und uns Schmertzen, und im kurtzen den
Tod verurſachet. Die unordentlichen
Begierden bringen auch die Menſchen wi-
der einander auf; auch ſetzen ſie uns in
ſolche Unſicherheit, daß eins vor dem andern
muß die Thuͤren verſchlieſſen, und daß wir
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