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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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fallenen Menschen die wunderbaresten und
grösten Vorkehrungen macht, damit jeder-
mann seine Heiligkeit und die innere Heß-
lichkeit der Sünden auf das deutlichste mer-
cken möge. Sie erfahren, daß er gar JE-
sum, mit dem er sich persönlich vereiniget,
am Creutze sterben lässet, damit die Gesetze
seines Reichs ihre völlige Gnugthuung er-
langen und auch bey dieser Begnadigung
nichts von ihrer Kraft verlieren. Jst nun
noch einiges Nachdencken und einige Liebe
zu ihren Schöpfer bey ihnen, wie wir ih-
nen solches als bis hieher treuen Bürgern
GOttes zugestehen müssen, so werden sie
dencken: Kostet es so viel, daß ein Sünder
ohne Verletzung des gemeinen Besten kan
begnadiget werden: Muß der Sohn des
Höchsten, der Unschuldigste, darum Marter
und Tod übernehmen, so will ich mich nicht
in die Verfassung setzen, daß ich eine so
theure Begnadigung nöthig habe. Sie
können zu gleicher Zeit leicht einsehen, daß
sie sich einer grössern Bosheit, als die Men-
schen, würden schuldig machen, wenn sie
sich nun noch wollten zu einem Abfall ver-
leiten lassen. Denn je häufiger und je grös-
ser die Bewegungs-Gründe zur Treue, die

jemand



fallenen Menſchen die wunderbareſten und
groͤſten Vorkehrungen macht, damit jeder-
mann ſeine Heiligkeit und die innere Heß-
lichkeit der Suͤnden auf das deutlichſte mer-
cken moͤge. Sie erfahren, daß er gar JE-
ſum, mit dem er ſich perſoͤnlich vereiniget,
am Creutze ſterben laͤſſet, damit die Geſetze
ſeines Reichs ihre voͤllige Gnugthuung er-
langen und auch bey dieſer Begnadigung
nichts von ihrer Kraft verlieren. Jſt nun
noch einiges Nachdencken und einige Liebe
zu ihren Schoͤpfer bey ihnen, wie wir ih-
nen ſolches als bis hieher treuen Buͤrgern
GOttes zugeſtehen muͤſſen, ſo werden ſie
dencken: Koſtet es ſo viel, daß ein Suͤnder
ohne Verletzung des gemeinen Beſten kan
begnadiget werden: Muß der Sohn des
Hoͤchſten, der Unſchuldigſte, darum Marter
und Tod uͤbernehmen, ſo will ich mich nicht
in die Verfaſſung ſetzen, daß ich eine ſo
theure Begnadigung noͤthig habe. Sie
koͤnnen zu gleicher Zeit leicht einſehen, daß
ſie ſich einer groͤſſern Bosheit, als die Men-
ſchen, wuͤrden ſchuldig machen, wenn ſie
ſich nun noch wollten zu einem Abfall ver-
leiten laſſen. Denn je haͤufiger und je groͤſ-
ſer die Bewegungs-Gruͤnde zur Treue, die

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[352/0370] fallenen Menſchen die wunderbareſten und groͤſten Vorkehrungen macht, damit jeder- mann ſeine Heiligkeit und die innere Heß- lichkeit der Suͤnden auf das deutlichſte mer- cken moͤge. Sie erfahren, daß er gar JE- ſum, mit dem er ſich perſoͤnlich vereiniget, am Creutze ſterben laͤſſet, damit die Geſetze ſeines Reichs ihre voͤllige Gnugthuung er- langen und auch bey dieſer Begnadigung nichts von ihrer Kraft verlieren. Jſt nun noch einiges Nachdencken und einige Liebe zu ihren Schoͤpfer bey ihnen, wie wir ih- nen ſolches als bis hieher treuen Buͤrgern GOttes zugeſtehen muͤſſen, ſo werden ſie dencken: Koſtet es ſo viel, daß ein Suͤnder ohne Verletzung des gemeinen Beſten kan begnadiget werden: Muß der Sohn des Hoͤchſten, der Unſchuldigſte, darum Marter und Tod uͤbernehmen, ſo will ich mich nicht in die Verfaſſung ſetzen, daß ich eine ſo theure Begnadigung noͤthig habe. Sie koͤnnen zu gleicher Zeit leicht einſehen, daß ſie ſich einer groͤſſern Bosheit, als die Men- ſchen, wuͤrden ſchuldig machen, wenn ſie ſich nun noch wollten zu einem Abfall ver- leiten laſſen. Denn je haͤufiger und je groͤſ- ſer die Bewegungs-Gruͤnde zur Treue, die jemand

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/370>, abgerufen am 25.11.2024.