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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

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len also wegen und bey der Ehe-Schei-
dung in Ehebruch. Da aber der Heiland
auf diese Art die leichtsinnige Ehe-Schei-
dung verwirfft, so ist daraus vollkommen
klar, daß damahls die Vielweiberey nicht
muß häufig gewesen seyn. Wäre selbi-
ge damahls noch sehr gemein gewesen, so
würde Christus dieses nicht als insgemein
verknüpfte Dinge haben anführen können,
nemlich die Ehe-Scheidung und eine an-
derweitige Verehlichung. Mancher wür-
de sich an seinen übrigen Frauen haben
begnügen lassen. Andere würden neben
der ersten diejenigen genommen haben, so
ihren Augen gefallen, um die starcke Aus-
steuer zu behalten, welche sie den Abge-
scheideten, wenn sie ohne ein begangenes
Verbrechen den Scheide-Brief bekamen,
geben musten. Denn wenn sie sich da-
mahls verheiratheten, so bedung sich die
Braut allezeit einen Braut-Schatz, und
insgemein eine ansehnliche Summe aus,
welche ihr der Mann, wenn er sie scheidete,
auszahlen muste. Es würde also eine an-
derweitige Verehlichung weder das ge-
wöhnliche Ziel, noch die gemeinste Folge
der Ehe-Scheidung gewesen seyn, wenn

die



len alſo wegen und bey der Ehe-Schei-
dung in Ehebruch. Da aber der Heiland
auf dieſe Art die leichtſinnige Ehe-Schei-
dung verwirfft, ſo iſt daraus vollkommen
klar, daß damahls die Vielweiberey nicht
muß haͤufig geweſen ſeyn. Waͤre ſelbi-
ge damahls noch ſehr gemein geweſen, ſo
wuͤrde Chriſtus dieſes nicht als insgemein
verknuͤpfte Dinge haben anfuͤhren koͤnnen,
nemlich die Ehe-Scheidung und eine an-
derweitige Verehlichung. Mancher wuͤr-
de ſich an ſeinen uͤbrigen Frauen haben
begnuͤgen laſſen. Andere wuͤrden neben
der erſten diejenigen genommen haben, ſo
ihren Augen gefallen, um die ſtarcke Aus-
ſteuer zu behalten, welche ſie den Abge-
ſcheideten, wenn ſie ohne ein begangenes
Verbrechen den Scheide-Brief bekamen,
geben muſten. Denn wenn ſie ſich da-
mahls verheiratheten, ſo bedung ſich die
Braut allezeit einen Braut-Schatz, und
insgemein eine anſehnliche Summe aus,
welche ihr der Mann, wenn er ſie ſcheidete,
auszahlen muſte. Es wuͤrde alſo eine an-
derweitige Verehlichung weder das ge-
woͤhnliche Ziel, noch die gemeinſte Folge
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[226/0244] len alſo wegen und bey der Ehe-Schei- dung in Ehebruch. Da aber der Heiland auf dieſe Art die leichtſinnige Ehe-Schei- dung verwirfft, ſo iſt daraus vollkommen klar, daß damahls die Vielweiberey nicht muß haͤufig geweſen ſeyn. Waͤre ſelbi- ge damahls noch ſehr gemein geweſen, ſo wuͤrde Chriſtus dieſes nicht als insgemein verknuͤpfte Dinge haben anfuͤhren koͤnnen, nemlich die Ehe-Scheidung und eine an- derweitige Verehlichung. Mancher wuͤr- de ſich an ſeinen uͤbrigen Frauen haben begnuͤgen laſſen. Andere wuͤrden neben der erſten diejenigen genommen haben, ſo ihren Augen gefallen, um die ſtarcke Aus- ſteuer zu behalten, welche ſie den Abge- ſcheideten, wenn ſie ohne ein begangenes Verbrechen den Scheide-Brief bekamen, geben muſten. Denn wenn ſie ſich da- mahls verheiratheten, ſo bedung ſich die Braut allezeit einen Braut-Schatz, und insgemein eine anſehnliche Summe aus, welche ihr der Mann, wenn er ſie ſcheidete, auszahlen muſte. Es wuͤrde alſo eine an- derweitige Verehlichung weder das ge- woͤhnliche Ziel, noch die gemeinſte Folge der Ehe-Scheidung geweſen ſeyn, wenn die

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/244>, abgerufen am 06.05.2024.