So weit unsere Einsicht reichet, ist esVorberei- tung zu der Beant- wortung dieser Fra- ge. hinlänglich erwiesen, und völlig klar, daß GOtt die Vielweiberey nicht so gut befun- den als die Ehen zwischen einem Manne und einer Frau. Die erste Ehe, so er sel- ber gestiftet, und die Verhältniß beyder Geschlechter gegen einander setzen dieses ausser allen Zweifel. Wir können hier- aus sicher schliessen, daß der HErr die Ehen mit vielen Frauen gegen die Ehen eines Mannes mit einer Frau als ein Uebel an- gesehen. Wenn ein weiser Regente aber ein gewisses Uebel in seinem Staate dul- det, so ist daraus der sichere Schluß zu ma- chen, daß gewisse besondere Umstände ver- ursachen, daß die Verhinderung eines sol- chen Uebels ein noch grösser Uebel zeuge. Es trägt sich dieses nicht selten zu, daß ein Regente ein geringer Uebel zugeben muß, um ein grösseres zu verhüten. Und wo ist nur ein Hauß-Vater, der nicht zuweilen genöthiget ist, aus zween Uebeln eines zu wehlen? Die Weißheit GOttes räth gleichfalls in der weitläuftigen Regierung
der
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nung, welche wir anjetzo vortragen wol- len.
§. 12.
So weit unſere Einſicht reichet, iſt esVorberei- tung zu der Beant- wortung dieſer Fra- ge. hinlaͤnglich erwieſen, und voͤllig klar, daß GOtt die Vielweiberey nicht ſo gut befun- den als die Ehen zwiſchen einem Manne und einer Frau. Die erſte Ehe, ſo er ſel- ber geſtiftet, und die Verhaͤltniß beyder Geſchlechter gegen einander ſetzen dieſes auſſer allen Zweifel. Wir koͤnnen hier- aus ſicher ſchlieſſen, daß der HErr die Ehen mit vielen Frauen gegen die Ehen eines Mannes mit einer Frau als ein Uebel an- geſehen. Wenn ein weiſer Regente aber ein gewiſſes Uebel in ſeinem Staate dul- det, ſo iſt daraus der ſichere Schluß zu ma- chen, daß gewiſſe beſondere Umſtaͤnde ver- urſachen, daß die Verhinderung eines ſol- chen Uebels ein noch groͤſſer Uebel zeuge. Es traͤgt ſich dieſes nicht ſelten zu, daß ein Regente ein geringer Uebel zugeben muß, um ein groͤſſeres zu verhuͤten. Und wo iſt nur ein Hauß-Vater, der nicht zuweilen genoͤthiget iſt, aus zween Uebeln eines zu wehlen? Die Weißheit GOttes raͤth gleichfalls in der weitlaͤuftigen Regierung
der
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nung, welche wir anjetzo vortragen wol-
len.
§. 12.
So weit unſere Einſicht reichet, iſt es
hinlaͤnglich erwieſen, und voͤllig klar, daß
GOtt die Vielweiberey nicht ſo gut befun-
den als die Ehen zwiſchen einem Manne
und einer Frau. Die erſte Ehe, ſo er ſel-
ber geſtiftet, und die Verhaͤltniß beyder
Geſchlechter gegen einander ſetzen dieſes
auſſer allen Zweifel. Wir koͤnnen hier-
aus ſicher ſchlieſſen, daß der HErr die Ehen
mit vielen Frauen gegen die Ehen eines
Mannes mit einer Frau als ein Uebel an-
geſehen. Wenn ein weiſer Regente aber
ein gewiſſes Uebel in ſeinem Staate dul-
det, ſo iſt daraus der ſichere Schluß zu ma-
chen, daß gewiſſe beſondere Umſtaͤnde ver-
urſachen, daß die Verhinderung eines ſol-
chen Uebels ein noch groͤſſer Uebel zeuge.
Es traͤgt ſich dieſes nicht ſelten zu, daß ein
Regente ein geringer Uebel zugeben muß,
um ein groͤſſeres zu verhuͤten. Und wo iſt
nur ein Hauß-Vater, der nicht zuweilen
genoͤthiget iſt, aus zween Uebeln eines zu
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/203>, abgerufen am 28.11.2024.
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