daß Regen, Schnee, Wind und Frost uns weit empfindlicher seyn müsse, als den Thieren. Ein vierfüßiges hat sein rau- ches Fell und bringet solches mit von Mut- ter Leib, und ein Vogel wird gar bald mit Federn bedecket. Der Mensch aber komt gantz nackend auf die Welt, und behält diese Blösse bis an seinen Tod. Wel- ches denn den Menschen zwinget sich gantz anders zu erhalten, und seine Jungen groß zu ziehen als die Thiere.
§. 4.
Die Schwach- heit der Kinder bahnet ih- nen den Weg zum Gebrauch der Ver- nunfft.
Wir wollen derowegen untersuchen, was doch wol des Höchsten Wesens heilige Absicht mag gewesen seyn, deß er den Men- schen in einer grössern Zärtlichkeit und Schwachheit lässet gebohren werden, als die Thiere. Wir wissen aus der ersten Betrachtung, daß GOtt der Menschen Glückseligkeit will, und alles so einrichtet, daß dieser Endzweck auf eine weise Arth möge erhalten werden. Wir wissen aus eben derselben Betrachtung, daß unser
wahres
daß Regen, Schnee, Wind und Froſt uns weit empfindlicher ſeyn muͤſſe, als den Thieren. Ein vierfuͤßiges hat ſein rau- ches Fell und bringet ſolches mit von Mut- ter Leib, und ein Vogel wird gar bald mit Federn bedecket. Der Menſch aber komt gantz nackend auf die Welt, und behaͤlt dieſe Bloͤſſe bis an ſeinen Tod. Wel- ches denn den Menſchen zwinget ſich gantz anders zu erhalten, und ſeine Jungen groß zu ziehen als die Thiere.
§. 4.
Die Schwach- heit der Kinder bahnet ih- nen den Weg zum Gebrauch der Ver- nunfft.
Wir wollen derowegen unterſuchen, was doch wol des Hoͤchſten Weſens heilige Abſicht mag geweſen ſeyn, deß er den Men- ſchen in einer groͤſſern Zaͤrtlichkeit und Schwachheit laͤſſet gebohren werden, als die Thiere. Wir wiſſen aus der erſten Betrachtung, daß GOtt der Menſchen Gluͤckſeligkeit will, und alles ſo einrichtet, daß dieſer Endzweck auf eine weiſe Arth moͤge erhalten werden. Wir wiſſen aus eben derſelben Betrachtung, daß unſer
wahres
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daß Regen, Schnee, Wind und Froſt uns
weit empfindlicher ſeyn muͤſſe, als den
Thieren. Ein vierfuͤßiges hat ſein rau-
ches Fell und bringet ſolches mit von Mut-
ter Leib, und ein Vogel wird gar bald mit
Federn bedecket. Der Menſch aber komt
gantz nackend auf die Welt, und behaͤlt
dieſe Bloͤſſe bis an ſeinen Tod. Wel-
ches denn den Menſchen zwinget ſich gantz
anders zu erhalten, und ſeine Jungen groß
zu ziehen als die Thiere.
§. 4.
Wir wollen derowegen unterſuchen, was
doch wol des Hoͤchſten Weſens heilige
Abſicht mag geweſen ſeyn, deß er den Men-
ſchen in einer groͤſſern Zaͤrtlichkeit und
Schwachheit laͤſſet gebohren werden, als
die Thiere. Wir wiſſen aus der erſten
Betrachtung, daß GOtt der Menſchen
Gluͤckſeligkeit will, und alles ſo einrichtet,
daß dieſer Endzweck auf eine weiſe Arth
moͤge erhalten werden. Wir wiſſen aus
eben derſelben Betrachtung, daß unſer
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/78>, abgerufen am 25.11.2024.
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