Der Glaube würcket rechtschaf- fene Bus- se und Lie- be.
Wer derowegen den Glauben hat, welchen die Schrift fordert, der nimmt den dreyeinigen GOtt als seinen Schö- pfer und rechtmäßigen HErrn und als die eintzige Quelle seiner Wolfahrt an. Er unterwirfft sich folglich allen göttlichen Gesetzen, und erkennet sich schuldig selbi- gen mit äusserstem Vermögen ein Gnü- ge zu leisten, und eignet sich dabey so wol die göttlichen Drohungen als seine Ver- heissungen auf gewisse Maasse zu. Hier- aus aber entstehen bey einem Sünder unmittelbahr diese Folgen. Er nimmt vermöge des Glaubens die göttlichen Zeugnisse an. Selbige aber sagen ihm nebst der Erfahrung, daß er vermöge sei- ner sündlichen und unordentlichen Nei- gungen ein Rebell in dem Reiche seines GOttes sey. Andere Wahrheiten des Glaubens versichern ihn, daß GOtt ein rechter Richter sey, der sein Schwerdt gewetzt, seine Feinde auf ewig zu verder- ben. Der Glaube hält ihm ferner vor die grossen Wolthaten GOttes, die er bisher theils nicht geachtet theils mit der größten Undanckbarkeit gemißbrauchet. Diese Ueberzeugung, wenn sie recht le- bendig ist, muß in ihm nothwendig
Schreck-
§. 8.
Der Glaube wuͤrcket rechtſchaf- fene Buſ- ſe und Lie- be.
Wer derowegen den Glauben hat, welchen die Schrift fordert, der nimmt den dreyeinigen GOtt als ſeinen Schoͤ- pfer und rechtmaͤßigen HErrn und als die eintzige Quelle ſeiner Wolfahrt an. Er unterwirfft ſich folglich allen goͤttlichen Geſetzen, und erkennet ſich ſchuldig ſelbi- gen mit aͤuſſerſtem Vermoͤgen ein Gnuͤ- ge zu leiſten, und eignet ſich dabey ſo wol die goͤttlichen Drohungen als ſeine Ver- heiſſungen auf gewiſſe Maaſſe zu. Hier- aus aber entſtehen bey einem Suͤnder unmittelbahr dieſe Folgen. Er nimmt vermoͤge des Glaubens die goͤttlichen Zeugniſſe an. Selbige aber ſagen ihm nebſt der Erfahrung, daß er vermoͤge ſei- ner ſuͤndlichen und unordentlichen Nei- gungen ein Rebell in dem Reiche ſeines GOttes ſey. Andere Wahrheiten des Glaubens verſichern ihn, daß GOtt ein rechter Richter ſey, der ſein Schwerdt gewetzt, ſeine Feinde auf ewig zu verder- ben. Der Glaube haͤlt ihm ferner vor die groſſen Wolthaten GOttes, die er bisher theils nicht geachtet theils mit der groͤßten Undanckbarkeit gemißbrauchet. Dieſe Ueberzeugung, wenn ſie recht le- bendig iſt, muß in ihm nothwendig
Schreck-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0530"n="498[494]"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="3"><head>§. 8.</head><lb/><noteplace="left">Der<lb/>
Glaube<lb/>
wuͤrcket<lb/>
rechtſchaf-<lb/>
fene Buſ-<lb/>ſe und Lie-<lb/>
be.</note><p>Wer derowegen den Glauben hat,<lb/>
welchen die Schrift fordert, der nimmt<lb/>
den dreyeinigen GOtt als ſeinen Schoͤ-<lb/>
pfer und rechtmaͤßigen HErrn und als<lb/>
die eintzige Quelle ſeiner Wolfahrt an.<lb/>
Er unterwirfft ſich folglich allen goͤttlichen<lb/>
Geſetzen, und erkennet ſich ſchuldig ſelbi-<lb/>
gen mit aͤuſſerſtem Vermoͤgen ein Gnuͤ-<lb/>
ge zu leiſten, und eignet ſich dabey ſo wol<lb/>
die goͤttlichen Drohungen als ſeine Ver-<lb/>
heiſſungen auf gewiſſe Maaſſe zu. Hier-<lb/>
aus aber entſtehen bey einem Suͤnder<lb/>
unmittelbahr dieſe Folgen. Er nimmt<lb/>
vermoͤge des Glaubens die goͤttlichen<lb/>
Zeugniſſe an. Selbige aber ſagen ihm<lb/>
nebſt der Erfahrung, daß er vermoͤge ſei-<lb/>
ner ſuͤndlichen und unordentlichen Nei-<lb/>
gungen ein Rebell in dem Reiche ſeines<lb/>
GOttes ſey. Andere Wahrheiten des<lb/>
Glaubens verſichern ihn, daß GOtt ein<lb/>
rechter Richter ſey, der ſein Schwerdt<lb/>
gewetzt, ſeine Feinde auf ewig zu verder-<lb/>
ben. Der Glaube haͤlt ihm ferner vor<lb/>
die groſſen Wolthaten GOttes, die er<lb/>
bisher theils nicht geachtet theils mit der<lb/>
groͤßten Undanckbarkeit gemißbrauchet.<lb/>
Dieſe Ueberzeugung, wenn ſie recht le-<lb/>
bendig iſt, muß in ihm nothwendig<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Schreck-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[498[494]/0530]
§. 8.
Wer derowegen den Glauben hat,
welchen die Schrift fordert, der nimmt
den dreyeinigen GOtt als ſeinen Schoͤ-
pfer und rechtmaͤßigen HErrn und als
die eintzige Quelle ſeiner Wolfahrt an.
Er unterwirfft ſich folglich allen goͤttlichen
Geſetzen, und erkennet ſich ſchuldig ſelbi-
gen mit aͤuſſerſtem Vermoͤgen ein Gnuͤ-
ge zu leiſten, und eignet ſich dabey ſo wol
die goͤttlichen Drohungen als ſeine Ver-
heiſſungen auf gewiſſe Maaſſe zu. Hier-
aus aber entſtehen bey einem Suͤnder
unmittelbahr dieſe Folgen. Er nimmt
vermoͤge des Glaubens die goͤttlichen
Zeugniſſe an. Selbige aber ſagen ihm
nebſt der Erfahrung, daß er vermoͤge ſei-
ner ſuͤndlichen und unordentlichen Nei-
gungen ein Rebell in dem Reiche ſeines
GOttes ſey. Andere Wahrheiten des
Glaubens verſichern ihn, daß GOtt ein
rechter Richter ſey, der ſein Schwerdt
gewetzt, ſeine Feinde auf ewig zu verder-
ben. Der Glaube haͤlt ihm ferner vor
die groſſen Wolthaten GOttes, die er
bisher theils nicht geachtet theils mit der
groͤßten Undanckbarkeit gemißbrauchet.
Dieſe Ueberzeugung, wenn ſie recht le-
bendig iſt, muß in ihm nothwendig
Schreck-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 498[494]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/530>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.