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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

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vollbracht ist? Jndem man aber die
Bekehrung immer aufschiebet, begehet
man noch folgende Thorheit. Man
macht durch das Zaudern die Busse im-
mer schwehrer und entfernet sich immer
weiter von dem Himmel. Die Erfah-
rung lehret, wie die Neigungen wach-
sen, welchen wir eine Zeitlang nachge-
ben, und wie sie endlich die völlige
Herrschaft über uns erhalten. Man
sehe an die Hochmüthigen, die Geitzi-
gen, die Säuffer, die Hurer, die Be-
trüger, die Zornigen, die Eigensinni-
gen und diejenigen, welche die Zunge
zum Schelten und Fluchen gewöhnen,
nehmen diese bösen Neigungen nicht mit
den Jahren zu, wenn man ihnen nicht
mit allem Fleiß Einhalt thut? Ja wur-
tzeln sie nicht bey den mehresten derge-
stalt ein, daß sie gleichsam zu der an-
dern Natur des Menschen werden? Und
hat man viel Exempel, daß solche Leute
sich recht bekehren? Heisset es nicht von
ihnen? kan auch ein Mohr seine
Haut wandeln und ein Parder sei-
ne Flecken, so könnet ihr auch Gu-
tes thun, weil ihr des Bösen ge-
wohnet seyd.
Jer. Cap. 13. v. 23.
Trifft nicht bey ihnen ein? Ein fauler
Baum kan nicht gute Früchte bringen.

Matth.





vollbracht iſt? Jndem man aber die
Bekehrung immer aufſchiebet, begehet
man noch folgende Thorheit. Man
macht durch das Zaudern die Buſſe im-
mer ſchwehrer und entfernet ſich immer
weiter von dem Himmel. Die Erfah-
rung lehret, wie die Neigungen wach-
ſen, welchen wir eine Zeitlang nachge-
ben, und wie ſie endlich die voͤllige
Herrſchaft uͤber uns erhalten. Man
ſehe an die Hochmuͤthigen, die Geitzi-
gen, die Saͤuffer, die Hurer, die Be-
truͤger, die Zornigen, die Eigenſinni-
gen und diejenigen, welche die Zunge
zum Schelten und Fluchen gewoͤhnen,
nehmen dieſe boͤſen Neigungen nicht mit
den Jahren zu, wenn man ihnen nicht
mit allem Fleiß Einhalt thut? Ja wur-
tzeln ſie nicht bey den mehreſten derge-
ſtalt ein, daß ſie gleichſam zu der an-
dern Natur des Menſchen werden? Und
hat man viel Exempel, daß ſolche Leute
ſich recht bekehren? Heiſſet es nicht von
ihnen? kan auch ein Mohr ſeine
Haut wandeln und ein Parder ſei-
ne Flecken, ſo koͤnnet ihr auch Gu-
tes thun, weil ihr des Boͤſen ge-
wohnet ſeyd.
Jer. Cap. 13. v. 23.
Trifft nicht bey ihnen ein? Ein fauler
Baum kan nicht gute Fruͤchte bringen.

Matth.
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[477[473]/0509] vollbracht iſt? Jndem man aber die Bekehrung immer aufſchiebet, begehet man noch folgende Thorheit. Man macht durch das Zaudern die Buſſe im- mer ſchwehrer und entfernet ſich immer weiter von dem Himmel. Die Erfah- rung lehret, wie die Neigungen wach- ſen, welchen wir eine Zeitlang nachge- ben, und wie ſie endlich die voͤllige Herrſchaft uͤber uns erhalten. Man ſehe an die Hochmuͤthigen, die Geitzi- gen, die Saͤuffer, die Hurer, die Be- truͤger, die Zornigen, die Eigenſinni- gen und diejenigen, welche die Zunge zum Schelten und Fluchen gewoͤhnen, nehmen dieſe boͤſen Neigungen nicht mit den Jahren zu, wenn man ihnen nicht mit allem Fleiß Einhalt thut? Ja wur- tzeln ſie nicht bey den mehreſten derge- ſtalt ein, daß ſie gleichſam zu der an- dern Natur des Menſchen werden? Und hat man viel Exempel, daß ſolche Leute ſich recht bekehren? Heiſſet es nicht von ihnen? kan auch ein Mohr ſeine Haut wandeln und ein Parder ſei- ne Flecken, ſo koͤnnet ihr auch Gu- tes thun, weil ihr des Boͤſen ge- wohnet ſeyd. Jer. Cap. 13. v. 23. Trifft nicht bey ihnen ein? Ein fauler Baum kan nicht gute Fruͤchte bringen. Matth.

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 477[473]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/509>, abgerufen am 29.11.2024.