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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

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Liebe gegen uns, daß Christus für uns ge-
storben ist, da wir noch Sünder waren.
So werden wir je vielmehr durch ihn be-
halten werden für dem Zorn, nachdem wir
durch sein Blut gerecht worden sind.
Denn so wir GOtt versöhnet sind
durch den Tod seines Sohnes, da wir
noch Feinde waren,
wie vielmehr wer-
den wir seelig durch sein Leben, so wir nun
versohnet sind. Hier ist zu untersuchen, ob
die Worte: Wir sind Gott versöhnet,
diese Bedeutung haben, der Zorn Got-
tes wider uns ist gestillet und er ge-
gen uns versöhnet worden:
oder ob
ihr Sinn ist, die Menschen hatten eine
Feindschaft wider Gott und selbige
ist gedämpfet und sie sind also gegen
GOtt versöhnt worden.
An einigen
Orten scheint die letztere Erklärung mög-
lich zu seyn: Diese Stelle aber beweiset,
daß Paulus mit dieser Redensart andere
Gedancken verbindet. Er schreibt: wir
werden behalten werden für dem Zorn, d.
i. wir werden errettet und erhalten werden,
daß uns der Zorn nicht schadet. Wir
wollen erst fragen: Wem ist der Zorn zu-
zueignen, für welchem wir sollen erhalten
werden. Zielet Paulus auf den Zorn der
Menschen, welchen sie nach der gegenseiti-
gen Meinung gegen GOtt haben? Kei-
nesweges. Denn sonst müste es heissen:

wir





Liebe gegen uns, daß Chriſtus fuͤr uns ge-
ſtorben iſt, da wir noch Suͤnder waren.
So werden wir je vielmehr durch ihn be-
halten werden fuͤr dem Zorn, nachdem wir
durch ſein Blut gerecht worden ſind.
Denn ſo wir GOtt verſoͤhnet ſind
durch den Tod ſeines Sohnes, da wir
noch Feinde waren,
wie vielmehr wer-
den wir ſeelig durch ſein Leben, ſo wir nun
verſohnet ſind. Hier iſt zu unterſuchen, ob
die Worte: Wir ſind Gott verſoͤhnet,
dieſe Bedeutung haben, der Zorn Got-
tes wider uns iſt geſtillet und er ge-
gen uns verſoͤhnet worden:
oder ob
ihr Sinn iſt, die Menſchen hatten eine
Feindſchaft wider Gott und ſelbige
iſt gedaͤmpfet und ſie ſind alſo gegen
GOtt verſoͤhnt worden.
An einigen
Orten ſcheint die letztere Erklaͤrung moͤg-
lich zu ſeyn: Dieſe Stelle aber beweiſet,
daß Paulus mit dieſer Redensart andere
Gedancken verbindet. Er ſchreibt: wir
werden behalten werden fuͤr dem Zorn, d.
i. wir werden errettet und erhalten werden,
daß uns der Zorn nicht ſchadet. Wir
wollen erſt fragen: Wem iſt der Zorn zu-
zueignen, fuͤr welchem wir ſollen erhalten
werden. Zielet Paulus auf den Zorn der
Menſchen, welchen ſie nach der gegenſeiti-
gen Meinung gegen GOtt haben? Kei-
nesweges. Denn ſonſt muͤſte es heiſſen:

wir
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[415[411]/0447] Liebe gegen uns, daß Chriſtus fuͤr uns ge- ſtorben iſt, da wir noch Suͤnder waren. So werden wir je vielmehr durch ihn be- halten werden fuͤr dem Zorn, nachdem wir durch ſein Blut gerecht worden ſind. Denn ſo wir GOtt verſoͤhnet ſind durch den Tod ſeines Sohnes, da wir noch Feinde waren, wie vielmehr wer- den wir ſeelig durch ſein Leben, ſo wir nun verſohnet ſind. Hier iſt zu unterſuchen, ob die Worte: Wir ſind Gott verſoͤhnet, dieſe Bedeutung haben, der Zorn Got- tes wider uns iſt geſtillet und er ge- gen uns verſoͤhnet worden: oder ob ihr Sinn iſt, die Menſchen hatten eine Feindſchaft wider Gott und ſelbige iſt gedaͤmpfet und ſie ſind alſo gegen GOtt verſoͤhnt worden. An einigen Orten ſcheint die letztere Erklaͤrung moͤg- lich zu ſeyn: Dieſe Stelle aber beweiſet, daß Paulus mit dieſer Redensart andere Gedancken verbindet. Er ſchreibt: wir werden behalten werden fuͤr dem Zorn, d. i. wir werden errettet und erhalten werden, daß uns der Zorn nicht ſchadet. Wir wollen erſt fragen: Wem iſt der Zorn zu- zueignen, fuͤr welchem wir ſollen erhalten werden. Zielet Paulus auf den Zorn der Menſchen, welchen ſie nach der gegenſeiti- gen Meinung gegen GOtt haben? Kei- nesweges. Denn ſonſt muͤſte es heiſſen: wir

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 415[411]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/447>, abgerufen am 24.11.2024.