schränckt auch kein Unvermögen ein, sei- nen Vorsatz ins Werck zu richten. Und ei- ne unendliche Neigung zum Guten ihm abzusprechen wäre die gröste Thorheit un- sers Verstandes und eine straffenswürdi- ge Beleidigung der göttlichen Majestät. Sind dieses aber ausgemachte Wahr- heiten, so fallen alle Ursachen hinweg, welche GOtt von dem bessern abziehen und zur Erwehlung des schlechtern bewe- gen könten. Er kan derowegen niemals geringere Vollkommenheiten den grössern vorziehen. Derowegen ist auch kein Zweifel vorhanden, daß mehr gutes da- durch in der Welt erhalten werde, wenn GOtt zulässet, daß verschiedene freye Ge- schöpfe sich durch böse Handlungen in Schmerzen und Unruhe setzen, als wenn er den höchsten Grad seiner Macht gegen selbige gebrauchte.
§. 5.
Aber wie? solte denn die UebertretungEin Zwei- fel. der heiligsten Gesetze GOttes und die grö- ste Unseeligkeit, so die Verächter derselben verfolget, in den Augen GOttes besser seyn, als die Beobachtung derselben? Darf man von dem Willen Gottes auf die Vortreflichkeit einer Sache schliessen; so wird es ja weit besser seyn, wenn die ver- nünftigen Geschöpfe durch die Verehrung
der
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ſchraͤnckt auch kein Unvermoͤgen ein, ſei- nen Vorſatz ins Werck zu richten. Und ei- ne unendliche Neigung zum Guten ihm abzuſprechen waͤre die groͤſte Thorheit un- ſers Verſtandes und eine ſtraffenswuͤrdi- ge Beleidigung der goͤttlichen Majeſtaͤt. Sind dieſes aber ausgemachte Wahr- heiten, ſo fallen alle Urſachen hinweg, welche GOtt von dem beſſern abziehen und zur Erwehlung des ſchlechtern bewe- gen koͤnten. Er kan derowegen niemals geringere Vollkommenheiten den groͤſſern vorziehen. Derowegen iſt auch kein Zweifel vorhanden, daß mehr gutes da- durch in der Welt erhalten werde, wenn GOtt zulaͤſſet, daß verſchiedene freye Ge- ſchoͤpfe ſich durch boͤſe Handlungen in Schmerzen und Unruhe ſetzen, als wenn er den hoͤchſten Grad ſeiner Macht gegen ſelbige gebrauchte.
§. 5.
Aber wie? ſolte denn die UebertretungEin Zwei- fel. der heiligſten Geſetze GOttes und die groͤ- ſte Unſeeligkeit, ſo die Veraͤchter derſelben verfolget, in den Augen GOttes beſſer ſeyn, als die Beobachtung derſelben? Darf man von dem Willen Gottes auf die Vortreflichkeit einer Sache ſchlieſſen; ſo wird es ja weit beſſer ſeyn, wenn die ver- nuͤnftigen Geſchoͤpfe durch die Verehrung
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[289[285]/0321]
ſchraͤnckt auch kein Unvermoͤgen ein, ſei-
nen Vorſatz ins Werck zu richten. Und ei-
ne unendliche Neigung zum Guten ihm
abzuſprechen waͤre die groͤſte Thorheit un-
ſers Verſtandes und eine ſtraffenswuͤrdi-
ge Beleidigung der goͤttlichen Majeſtaͤt.
Sind dieſes aber ausgemachte Wahr-
heiten, ſo fallen alle Urſachen hinweg,
welche GOtt von dem beſſern abziehen
und zur Erwehlung des ſchlechtern bewe-
gen koͤnten. Er kan derowegen niemals
geringere Vollkommenheiten den groͤſſern
vorziehen. Derowegen iſt auch kein
Zweifel vorhanden, daß mehr gutes da-
durch in der Welt erhalten werde, wenn
GOtt zulaͤſſet, daß verſchiedene freye Ge-
ſchoͤpfe ſich durch boͤſe Handlungen in
Schmerzen und Unruhe ſetzen, als wenn
er den hoͤchſten Grad ſeiner Macht gegen
ſelbige gebrauchte.
§. 5.
Aber wie? ſolte denn die Uebertretung
der heiligſten Geſetze GOttes und die groͤ-
ſte Unſeeligkeit, ſo die Veraͤchter derſelben
verfolget, in den Augen GOttes beſſer
ſeyn, als die Beobachtung derſelben?
Darf man von dem Willen Gottes auf die
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 289[285]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/321>, abgerufen am 24.11.2024.
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