Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.GOttes gewiß, er werde auch alle Mittel angewendet haben diese so göttliche Absicht zu erhalten. Wir wollen uns bemühen, ob wir die besten Mittel hierzu entdecken können, und ob der Baum des Erkännt- nisses Gutes und Böses etwas darzu bey- tragen können? Der erste Mensch, indem er GOtt ähnlich war, besaß so viel Voll- kommenheiten des Verstandes und des Willens, daß er durch dieselben das Gu- te allezeit hätte erkennen und wehlen, und dadurch seine Glückseligkeit befördern kön- nen. Hierinnen bestand hauptsächlich das göttliche Ebenbild, welches nach der gü- tigen Absicht des Schöpffers niemahls sol- te verlohren werden. Diese Absicht erfor- derte derowegen nichts als eine solche Be- festigung im Guten, welche den Menschen ausser Gefahr gesetzet, jemahls etwas Bö- ses zu erwehlen. Wir wissen aber aus dem obigen, daß selbige bey einer freyen Creatur unter der Gnade GOttes durch nichts füglicher könne erhalten werden, als durch allerhand Versuchungen, welche sie zur Ubung und von der Ubung zu einer be- ständigen Gewohnheit im Guten bringen. Solte also der erste Mensch ausser Gefahr gesetzt werden, das Ebenbild GOttes zu verlie-
GOttes gewiß, er werde auch alle Mittel angewendet haben dieſe ſo goͤttliche Abſicht zu erhalten. Wir wollen uns bemuͤhen, ob wir die beſten Mittel hierzu entdecken koͤnnen, und ob der Baum des Erkaͤnnt- niſſes Gutes und Boͤſes etwas darzu bey- tragen koͤnnen? Der erſte Menſch, indem er GOtt aͤhnlich war, beſaß ſo viel Voll- kommenheiten des Verſtandes und des Willens, daß er durch dieſelben das Gu- te allezeit haͤtte erkennen und wehlen, und dadurch ſeine Gluͤckſeligkeit befoͤrdern koͤn- nen. Hierinnen beſtand hauptſaͤchlich das goͤttliche Ebenbild, welches nach der guͤ- tigen Abſicht des Schoͤpffers niemahls ſol- te verlohren werden. Dieſe Abſicht erfor- derte derowegen nichts als eine ſolche Be- feſtigung im Guten, welche den Menſchen auſſer Gefahr geſetzet, jemahls etwas Boͤ- ſes zu erwehlen. Wir wiſſen aber aus dem obigen, daß ſelbige bey einer freyen Creatur unter der Gnade GOttes durch nichts fuͤglicher koͤnne erhalten werden, als durch allerhand Verſuchungen, welche ſie zur Ubung und von der Ubung zu einer be- ſtaͤndigen Gewohnheit im Guten bringen. Solte alſo der erſte Menſch auſſer Gefahr geſetzt werden, das Ebenbild GOttes zu verlie-
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GOttes gewiß, er werde auch alle Mittel
angewendet haben dieſe ſo goͤttliche Abſicht
zu erhalten. Wir wollen uns bemuͤhen,
ob wir die beſten Mittel hierzu entdecken
koͤnnen, und ob der Baum des Erkaͤnnt-
niſſes Gutes und Boͤſes etwas darzu bey-
tragen koͤnnen? Der erſte Menſch, indem
er GOtt aͤhnlich war, beſaß ſo viel Voll-
kommenheiten des Verſtandes und des
Willens, daß er durch dieſelben das Gu-
te allezeit haͤtte erkennen und wehlen, und
dadurch ſeine Gluͤckſeligkeit befoͤrdern koͤn-
nen. Hierinnen beſtand hauptſaͤchlich das
goͤttliche Ebenbild, welches nach der guͤ-
tigen Abſicht des Schoͤpffers niemahls ſol-
te verlohren werden. Dieſe Abſicht erfor-
derte derowegen nichts als eine ſolche Be-
feſtigung im Guten, welche den Menſchen
auſſer Gefahr geſetzet, jemahls etwas Boͤ-
ſes zu erwehlen. Wir wiſſen aber aus
dem obigen, daß ſelbige bey einer freyen
Creatur unter der Gnade GOttes durch
nichts fuͤglicher koͤnne erhalten werden, als
durch allerhand Verſuchungen, welche ſie
zur Ubung und von der Ubung zu einer be-
ſtaͤndigen Gewohnheit im Guten bringen.
Solte alſo der erſte Menſch auſſer Gefahr
geſetzt werden, das Ebenbild GOttes zu
verlie-
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