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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

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ten zu bringen. Es wird diese Verwun-
derung aber so gleich aufhören, so bald ich
nur dargethan habe, daß auch CHristus
selbst durch dergleichen Ubungen zu einer
Fertigkeit in gewissen Tugenden gebracht
worden. (*) Der heilige Urheber des
Brieffes an die Hebräer schreibt ausdrück-
lich von ihm Cap. 2. v. 17. 18. Daher mu-
ste er (JESUS) aller Dinge seinen Brü-
dern gleich werden, auf daß er barm-
hertzig würde, und ein treuer Ho-
herpriester vor GOtt, zu versöhnen
die Sünde des Volcks.
Denn darin-
nen er gelitten hat, und versucht ist, kan
er helffen denen, die versucht werden; und
Cap. 4. v. 15. Wir haben nicht einen Ho-
henpriester, der nicht könnte Mitleiden ha-
ben mit unser Schwachheit, sondern, der
versucht ist allenthalben, gleich wie wir,
doch ohne Sünde. Aus diesen beyden
Orten erhellet ausdrücklich, daß Christus
durch elende und jämmerliche äussere Um-
stände, durch allerhand Versuchungen und
Leiden seinen hohen Grad der Barmher-
tzigkeit der menschlichen Natur nach
erlanget. Denn allerhand Versuchungen
und Trübsale |sind die Schule, worinne
man Mitleiden und Barmhertzigkeit ler-

net.
(*) Damit es niemand befremde, wenn hier
behaupte, daß auch Christus nach seiner mensch-
lichen Natur einige Vollkommenheiten des Ver-
standes und des Willens durch Ubung nach
und nach erhalten, so habe folgende Stelle aus
des Starckens Synopsi Bibliothecae exegeticae
in N. T.
hierbey setzen wollen, als in welcher
eben dasselbe enthalten. Jch finde aber da-
O 4





ten zu bringen. Es wird dieſe Verwun-
derung aber ſo gleich aufhoͤren, ſo bald ich
nur dargethan habe, daß auch CHriſtus
ſelbſt durch dergleichen Ubungen zu einer
Fertigkeit in gewiſſen Tugenden gebracht
worden. (*) Der heilige Urheber des
Brieffes an die Hebraͤer ſchreibt ausdruͤck-
lich von ihm Cap. 2. v. 17. 18. Daher mu-
ſte er (JESUS) aller Dinge ſeinen Bruͤ-
dern gleich werden, auf daß er barm-
hertzig wuͤrde, und ein treuer Ho-
herprieſter vor GOtt, zu verſoͤhnen
die Suͤnde des Volcks.
Denn darin-
nen er gelitten hat, und verſucht iſt, kan
er helffen denen, die verſucht werden; und
Cap. 4. v. 15. Wir haben nicht einen Ho-
henprieſter, der nicht koͤnnte Mitleiden ha-
ben mit unſer Schwachheit, ſondern, der
verſucht iſt allenthalben, gleich wie wir,
doch ohne Suͤnde. Aus dieſen beyden
Orten erhellet ausdruͤcklich, daß Chriſtus
durch elende und jaͤmmerliche aͤuſſere Um-
ſtaͤnde, durch allerhand Verſuchungen und
Leiden ſeinen hohen Grad der Barmher-
tzigkeit der menſchlichen Natur nach
erlanget. Denn allerhand Verſuchungen
und Truͤbſale |ſind die Schule, worinne
man Mitleiden und Barmhertzigkeit ler-

net.
(*) Damit es niemand befremde, wenn hier
behaupte, daß auch Chriſtus nach ſeiner menſch-
lichen Natur einige Vollkommenheiten des Ver-
ſtandes und des Willens durch Ubung nach
und nach erhalten, ſo habe folgende Stelle aus
des Starckens Synopſi Bibliothecæ exegeticæ
in N. T.
hierbey ſetzen wollen, als in welcher
eben daſſelbe enthalten. Jch finde aber da-
O 4
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[215[211]/0247] ten zu bringen. Es wird dieſe Verwun- derung aber ſo gleich aufhoͤren, ſo bald ich nur dargethan habe, daß auch CHriſtus ſelbſt durch dergleichen Ubungen zu einer Fertigkeit in gewiſſen Tugenden gebracht worden. (*) Der heilige Urheber des Brieffes an die Hebraͤer ſchreibt ausdruͤck- lich von ihm Cap. 2. v. 17. 18. Daher mu- ſte er (JESUS) aller Dinge ſeinen Bruͤ- dern gleich werden, auf daß er barm- hertzig wuͤrde, und ein treuer Ho- herprieſter vor GOtt, zu verſoͤhnen die Suͤnde des Volcks. Denn darin- nen er gelitten hat, und verſucht iſt, kan er helffen denen, die verſucht werden; und Cap. 4. v. 15. Wir haben nicht einen Ho- henprieſter, der nicht koͤnnte Mitleiden ha- ben mit unſer Schwachheit, ſondern, der verſucht iſt allenthalben, gleich wie wir, doch ohne Suͤnde. Aus dieſen beyden Orten erhellet ausdruͤcklich, daß Chriſtus durch elende und jaͤmmerliche aͤuſſere Um- ſtaͤnde, durch allerhand Verſuchungen und Leiden ſeinen hohen Grad der Barmher- tzigkeit der menſchlichen Natur nach erlanget. Denn allerhand Verſuchungen und Truͤbſale |ſind die Schule, worinne man Mitleiden und Barmhertzigkeit ler- net. (*) Damit es niemand befremde, wenn hier behaupte, daß auch Chriſtus nach ſeiner menſch- lichen Natur einige Vollkommenheiten des Ver- ſtandes und des Willens durch Ubung nach und nach erhalten, ſo habe folgende Stelle aus des Starckens Synopſi Bibliothecæ exegeticæ in N. T. hierbey ſetzen wollen, als in welcher eben daſſelbe enthalten. Jch finde aber da- O 4

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 215[211]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/247>, abgerufen am 23.11.2024.