Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.Kräffte GOttes könnten dieses bewerckstel- ligen, da doch hierzu auch keine unendli- che Macht hinreicht. Denn wie lange würde der Wehrt dieser Steine dauren können? Würde der Bauer wol ackern und Handwercks-Leute arbeiten, so lange sie vor Steine alles nöthige kauffen könn- ten? Geschähe aber dieses nicht, woher solten alsdenn Früchte und Kleider kom- men? Würden die Steine nicht gar bald ihren Wehrt verlieren, und die Arbeit der faulen Hände wieder müssen ergriffen wer- den? Giebt es aber Dinge, auf welche die Allmacht sich nicht erstrecket, so hat man Ursach zu untersuchen, ob auch eine ge- waltsame Bekehrung der innern Seele durch die Allmacht möglich sey, und ehe dieses gründlich erwiesen, ist es unnöthig zu fragen, warum GOtt bey der Bekeh- rung der Gottlosen seiner Allmacht sich nicht bediene? Jch habe wichtige Gründe zu glauben, daß wenn sich lasterhaffte Gei- ster nicht durch Straffen und vernünfftige Vorstellungen bewegen lassen, der bekeh- renden Gnade GOttes Raum zu geben, sie durch keine andere Macht zu bessern sind. Weil ich aber beschlossen an einem andern Orte von der Höllen-Straffe noch einige Er-
Kraͤffte GOttes koͤnnten dieſes bewerckſtel- ligen, da doch hierzu auch keine unendli- che Macht hinreicht. Denn wie lange wuͤrde der Wehrt dieſer Steine dauren koͤnnen? Wuͤrde der Bauer wol ackern und Handwercks-Leute arbeiten, ſo lange ſie vor Steine alles noͤthige kauffen koͤnn- ten? Geſchaͤhe aber dieſes nicht, woher ſolten alsdenn Fruͤchte und Kleider kom- men? Wuͤrden die Steine nicht gar bald ihren Wehrt verlieren, und die Arbeit der faulen Haͤnde wieder muͤſſen ergriffen wer- den? Giebt es aber Dinge, auf welche die Allmacht ſich nicht erſtrecket, ſo hat man Urſach zu unterſuchen, ob auch eine ge- waltſame Bekehrung der innern Seele durch die Allmacht moͤglich ſey, und ehe dieſes gruͤndlich erwieſen, iſt es unnoͤthig zu fragen, warum GOtt bey der Bekeh- rung der Gottloſen ſeiner Allmacht ſich nicht bediene? Jch habe wichtige Gruͤnde zu glauben, daß wenn ſich laſterhaffte Gei- ſter nicht durch Straffen und vernuͤnfftige Vorſtellungen bewegen laſſen, der bekeh- renden Gnade GOttes Raum zu geben, ſie durch keine andere Macht zu beſſern ſind. Weil ich aber beſchloſſen an einem andern Orte von der Hoͤllen-Straffe noch einige Er-
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Kraͤffte GOttes koͤnnten dieſes bewerckſtel-
ligen, da doch hierzu auch keine unendli-
che Macht hinreicht. Denn wie lange
wuͤrde der Wehrt dieſer Steine dauren
koͤnnen? Wuͤrde der Bauer wol ackern
und Handwercks-Leute arbeiten, ſo lange
ſie vor Steine alles noͤthige kauffen koͤnn-
ten? Geſchaͤhe aber dieſes nicht, woher
ſolten alsdenn Fruͤchte und Kleider kom-
men? Wuͤrden die Steine nicht gar bald
ihren Wehrt verlieren, und die Arbeit der
faulen Haͤnde wieder muͤſſen ergriffen wer-
den? Giebt es aber Dinge, auf welche die
Allmacht ſich nicht erſtrecket, ſo hat man
Urſach zu unterſuchen, ob auch eine ge-
waltſame Bekehrung der innern Seele
durch die Allmacht moͤglich ſey, und ehe
dieſes gruͤndlich erwieſen, iſt es unnoͤthig
zu fragen, warum GOtt bey der Bekeh-
rung der Gottloſen ſeiner Allmacht ſich
nicht bediene? Jch habe wichtige Gruͤnde
zu glauben, daß wenn ſich laſterhaffte Gei-
ſter nicht durch Straffen und vernuͤnfftige
Vorſtellungen bewegen laſſen, der bekeh-
renden Gnade GOttes Raum zu geben, ſie
durch keine andere Macht zu beſſern ſind.
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Zitationshilfe: | Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 210[206]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/242>, abgerufen am 16.07.2024. |