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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

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sehr gering zu seyn, weil die Seligen einen
grossen Theil ihrer Zeit in dem Lobe GOt-
tes zubringen werden. Denn weil sie kei-
nen Geschmack an der Verherrlichung des
Nahmens GOttes finden, sondern es ih-
nen sehr verdrießlich fället eine kleine Zeit
einer Gesellschafft beyzuwohnen, welche sich
von den Vollkommenheiten GOttes unter-
redet, und dieselben rühmend bewundert;
so halten sie davor, es könne das Lob GOt-
tes nur einfältige und niedrige Geister be-
lustigen, hohen Gemüthern aber wäre das-
selbe etwas sehr abgeschmacktes. Jch muß
derowegen solchen noch wilden und rohen
Seelen zeigen, daß es möglich sey, daß das
Lob GOttes auch einen hohen Geist ver-
gnügen könne. Wenn ein solcher sich selbst
hochdünckender Geist bey einem grossen Kö-
nige besonderer Gunst geniesset, und von
demselben mit hohen Ehren-Stellen und
grossen Gütern begnadiget wird, so pflegt
ihm nichts angenehmers zu seyn, als wenn
er gantze Stunden davon reden und die
Macht, Herrlichkeit und Gnade seines Kö-
niges rühmen kan. Ja solte ihm jemand
widersprechen, so ist er wol bereit die Eh-
re seines Herrn mit dem Degen in der
Faust zu retten. Hat ihm sein Herr eine

kost-
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ſehr gering zu ſeyn, weil die Seligen einen
groſſen Theil ihrer Zeit in dem Lobe GOt-
tes zubringen werden. Denn weil ſie kei-
nen Geſchmack an der Verherrlichung des
Nahmens GOttes finden, ſondern es ih-
nen ſehr verdrießlich faͤllet eine kleine Zeit
einer Geſellſchafft beyzuwohnen, welche ſich
von den Vollkommenheiten GOttes unter-
redet, und dieſelben ruͤhmend bewundert;
ſo halten ſie davor, es koͤnne das Lob GOt-
tes nur einfaͤltige und niedrige Geiſter be-
luſtigen, hohen Gemuͤthern aber waͤre daſ-
ſelbe etwas ſehr abgeſchmacktes. Jch muß
derowegen ſolchen noch wilden und rohen
Seelen zeigen, daß es moͤglich ſey, daß das
Lob GOttes auch einen hohen Geiſt ver-
gnuͤgen koͤnne. Wenn ein ſolcher ſich ſelbſt
hochduͤnckender Geiſt bey einem groſſen Koͤ-
nige beſonderer Gunſt genieſſet, und von
demſelben mit hohen Ehren-Stellen und
groſſen Guͤtern begnadiget wird, ſo pflegt
ihm nichts angenehmers zu ſeyn, als wenn
er gantze Stunden davon reden und die
Macht, Herrlichkeit und Gnade ſeines Koͤ-
niges ruͤhmen kan. Ja ſolte ihm jemand
widerſprechen, ſo iſt er wol bereit die Eh-
re ſeines Herrn mit dem Degen in der
Fauſt zu retten. Hat ihm ſein Herr eine

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L 5
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[169[165]/0201] ſehr gering zu ſeyn, weil die Seligen einen groſſen Theil ihrer Zeit in dem Lobe GOt- tes zubringen werden. Denn weil ſie kei- nen Geſchmack an der Verherrlichung des Nahmens GOttes finden, ſondern es ih- nen ſehr verdrießlich faͤllet eine kleine Zeit einer Geſellſchafft beyzuwohnen, welche ſich von den Vollkommenheiten GOttes unter- redet, und dieſelben ruͤhmend bewundert; ſo halten ſie davor, es koͤnne das Lob GOt- tes nur einfaͤltige und niedrige Geiſter be- luſtigen, hohen Gemuͤthern aber waͤre daſ- ſelbe etwas ſehr abgeſchmacktes. Jch muß derowegen ſolchen noch wilden und rohen Seelen zeigen, daß es moͤglich ſey, daß das Lob GOttes auch einen hohen Geiſt ver- gnuͤgen koͤnne. Wenn ein ſolcher ſich ſelbſt hochduͤnckender Geiſt bey einem groſſen Koͤ- nige beſonderer Gunſt genieſſet, und von demſelben mit hohen Ehren-Stellen und groſſen Guͤtern begnadiget wird, ſo pflegt ihm nichts angenehmers zu ſeyn, als wenn er gantze Stunden davon reden und die Macht, Herrlichkeit und Gnade ſeines Koͤ- niges ruͤhmen kan. Ja ſolte ihm jemand widerſprechen, ſo iſt er wol bereit die Eh- re ſeines Herrn mit dem Degen in der Fauſt zu retten. Hat ihm ſein Herr eine koſt- L 5

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 169[165]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/201>, abgerufen am 22.11.2024.