Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite




§. 22.

Nachdem wir nun den Ursprung undWelche
Vermö-
gen der
Seele
uns zu
den meh-
resten
Vergnü-
gen füh-
ren.

die Beschaffenheit des Vergnügens und
Mißvergnügens in etwas betrachtet, so wol-
len wir nunmehro sehen, welche von er-
wehnten Vermögen der Seele uns zu dem
mehresten Vergnügen Anlaß geben.
Die erste Gelegenheit zu allen Vergnü-
gen geben wol die Sinne. Es wird sel-
biges aber nachgehends erhöhet und ver-
mehret durch die Krafft zu überlegen, durch
die Einbildungs-Krafft, das Gedächtniß,
und durch das Vermögen zu urtheilen und
zu schliessen. Jch will derowegen haupt-
sächlich bey den Sinnen stehen bleiben, und
untersuchen, welche uns zu den mehresten
und grössesten Vergnügen Anlaß geben.
Der innere Sinn vergnüget uns ohne al-
len Zweiffel mit auf das empfindlichste,
indem er uns überführt, daß wir sind.
Wie angenehm uns dieses sey, können wir
daraus abnehmen, weil wir, wenn uns
anders keine Verzweiffelung unsinnig
macht, lieber alles verlieren als unser seyn.
Unter den fünf äusserlichen Sinnen führen

uns
genehm, jenes aber zuwider, weil es meine Na-
tur so mit sich bringet.
K 4




§. 22.

Nachdem wir nun den Urſprung undWelche
Vermoͤ-
gen der
Seele
uns zu
den meh-
reſten
Vergnuͤ-
gen fuͤh-
ren.

die Beſchaffenheit des Vergnuͤgens und
Mißvergnuͤgens in etwas betrachtet, ſo wol-
len wir nunmehro ſehen, welche von er-
wehnten Vermoͤgen der Seele uns zu dem
mehreſten Vergnuͤgen Anlaß geben.
Die erſte Gelegenheit zu allen Vergnuͤ-
gen geben wol die Sinne. Es wird ſel-
biges aber nachgehends erhoͤhet und ver-
mehret durch die Krafft zu uͤberlegen, durch
die Einbildungs-Krafft, das Gedaͤchtniß,
und durch das Vermoͤgen zu urtheilen und
zu ſchlieſſen. Jch will derowegen haupt-
ſaͤchlich bey den Sinnen ſtehen bleiben, und
unterſuchen, welche uns zu den mehreſten
und groͤſſeſten Vergnuͤgen Anlaß geben.
Der innere Sinn vergnuͤget uns ohne al-
len Zweiffel mit auf das empfindlichſte,
indem er uns uͤberfuͤhrt, daß wir ſind.
Wie angenehm uns dieſes ſey, koͤnnen wir
daraus abnehmen, weil wir, wenn uns
anders keine Verzweiffelung unſinnig
macht, lieber alles verlieren als unſer ſeyn.
Unter den fuͤnf aͤuſſerlichen Sinnen fuͤhren

uns
genehm, jenes aber zuwider, weil es meine Na-
tur ſo mit ſich bringet.
K 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0183" n="151[147]"/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <note xml:id="a24" prev="#a23" place="foot" n="(*)">genehm, jenes aber zuwider, weil es meine Na-<lb/>
tur &#x017F;o mit &#x017F;ich bringet.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 22.</head><lb/>
            <p>Nachdem wir nun den Ur&#x017F;prung und<note place="right">Welche<lb/>
Vermo&#x0364;-<lb/>
gen der<lb/>
Seele<lb/>
uns zu<lb/>
den meh-<lb/>
re&#x017F;ten<lb/>
Vergnu&#x0364;-<lb/>
gen fu&#x0364;h-<lb/>
ren.</note><lb/>
die Be&#x017F;chaffenheit des Vergnu&#x0364;gens und<lb/>
Mißvergnu&#x0364;gens in etwas betrachtet, &#x017F;o wol-<lb/>
len wir nunmehro &#x017F;ehen, welche von er-<lb/>
wehnten Vermo&#x0364;gen der Seele uns zu dem<lb/>
mehre&#x017F;ten Vergnu&#x0364;gen Anlaß geben.<lb/>
Die er&#x017F;te Gelegenheit zu allen Vergnu&#x0364;-<lb/>
gen geben wol die Sinne. Es wird &#x017F;el-<lb/>
biges aber nachgehends erho&#x0364;het und ver-<lb/>
mehret durch die Krafft zu u&#x0364;berlegen, durch<lb/>
die Einbildungs-Krafft, das Geda&#x0364;chtniß,<lb/>
und durch das Vermo&#x0364;gen zu urtheilen und<lb/>
zu &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en. Jch will derowegen haupt-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;chlich bey den Sinnen &#x017F;tehen bleiben, und<lb/>
unter&#x017F;uchen, welche uns zu den mehre&#x017F;ten<lb/>
und gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten Vergnu&#x0364;gen Anlaß geben.<lb/>
Der innere Sinn vergnu&#x0364;get uns ohne al-<lb/>
len Zweiffel mit auf das empfindlich&#x017F;te,<lb/>
indem er uns u&#x0364;berfu&#x0364;hrt, daß wir &#x017F;ind.<lb/>
Wie angenehm uns die&#x017F;es &#x017F;ey, ko&#x0364;nnen wir<lb/>
daraus abnehmen, weil wir, wenn uns<lb/>
anders keine Verzweiffelung un&#x017F;innig<lb/>
macht, lieber alles verlieren als un&#x017F;er &#x017F;eyn.<lb/>
Unter den fu&#x0364;nf a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Sinnen fu&#x0364;hren<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 4</fw><fw place="bottom" type="catch">uns</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[151[147]/0183] (*) §. 22. Nachdem wir nun den Urſprung und die Beſchaffenheit des Vergnuͤgens und Mißvergnuͤgens in etwas betrachtet, ſo wol- len wir nunmehro ſehen, welche von er- wehnten Vermoͤgen der Seele uns zu dem mehreſten Vergnuͤgen Anlaß geben. Die erſte Gelegenheit zu allen Vergnuͤ- gen geben wol die Sinne. Es wird ſel- biges aber nachgehends erhoͤhet und ver- mehret durch die Krafft zu uͤberlegen, durch die Einbildungs-Krafft, das Gedaͤchtniß, und durch das Vermoͤgen zu urtheilen und zu ſchlieſſen. Jch will derowegen haupt- ſaͤchlich bey den Sinnen ſtehen bleiben, und unterſuchen, welche uns zu den mehreſten und groͤſſeſten Vergnuͤgen Anlaß geben. Der innere Sinn vergnuͤget uns ohne al- len Zweiffel mit auf das empfindlichſte, indem er uns uͤberfuͤhrt, daß wir ſind. Wie angenehm uns dieſes ſey, koͤnnen wir daraus abnehmen, weil wir, wenn uns anders keine Verzweiffelung unſinnig macht, lieber alles verlieren als unſer ſeyn. Unter den fuͤnf aͤuſſerlichen Sinnen fuͤhren uns Welche Vermoͤ- gen der Seele uns zu den meh- reſten Vergnuͤ- gen fuͤh- ren. (*) genehm, jenes aber zuwider, weil es meine Na- tur ſo mit ſich bringet. K 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/183
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 151[147]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/183>, abgerufen am 24.11.2024.