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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

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Mißvergnügens in verschiedenen Fällen vie-
les dadurch beytragen, daß man eine Em-
pfindung öfters erreget, eine Handlung
öfters vornimt, und besonders die wahre
Beschaffenheit einer Sache sich fleißig
und vernünfftig vorstellet und richtg davon
urtheilet. Wer weiß z. E. nicht, daß
der Toback den mehresten Menschen im
Anfang und bey dem ersten Gebrauch sehr
unangenehm ist? wenn wir uns aber dessel-
ben öfters bedienen, so wird uns sein Ge-
schmack lieblich. Eine ähnl. Beschaffen-
heit hat es mit unsern Handlungen. Vie-
len ist die heutige Arth mit andern Leuten
zärtlich umzugehen sehr verhasset. Kommen
sie aber in Umstände, daß sie darzu eini-
germassen gezwungen werden, auch dabey
überlegen, daß es besser sey mit andern höf-
lich als grob zu leben, so wird die Höf-
lichkeit ihnen nach und nach zur Gewohn-
heit, und die Liebe zu einem leutseligen
Umgange so groß als vorhero der Eckel
vor demselben gewesen.

II. Wenn jemand durch erwehnte äus-
serliche Ursachen dahin gebracht, daß er
an einer gewissen Sache einen Geschmack
bekommen, so pflegen ihm andere Dinge

wenige
2. und 3. Stück. K





Mißvergnuͤgens in verſchiedenen Faͤllen vie-
les dadurch beytragen, daß man eine Em-
pfindung oͤfters erreget, eine Handlung
oͤfters vornimt, und beſonders die wahre
Beſchaffenheit einer Sache ſich fleißig
und vernuͤnfftig vorſtellet und richtg davon
urtheilet. Wer weiß z. E. nicht, daß
der Toback den mehreſten Menſchen im
Anfang und bey dem erſten Gebrauch ſehr
unangenehm iſt? wenn wir uns aber deſſel-
ben oͤfters bedienen, ſo wird uns ſein Ge-
ſchmack lieblich. Eine aͤhnl. Beſchaffen-
heit hat es mit unſern Handlungen. Vie-
len iſt die heutige Arth mit andern Leuten
zaͤrtlich umzugehen ſehr verhaſſet. Kommen
ſie aber in Umſtaͤnde, daß ſie darzu eini-
germaſſen gezwungen werden, auch dabey
uͤberlegen, daß es beſſer ſey mit andern hoͤf-
lich als grob zu leben, ſo wird die Hoͤf-
lichkeit ihnen nach und nach zur Gewohn-
heit, und die Liebe zu einem leutſeligen
Umgange ſo groß als vorhero der Eckel
vor demſelben geweſen.

II. Wenn jemand durch erwehnte aͤuſ-
ſerliche Urſachen dahin gebracht, daß er
an einer gewiſſen Sache einen Geſchmack
bekommen, ſo pflegen ihm andere Dinge

wenige
2. und 3. Stuͤck. K
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[145[141]/0177] Mißvergnuͤgens in verſchiedenen Faͤllen vie- les dadurch beytragen, daß man eine Em- pfindung oͤfters erreget, eine Handlung oͤfters vornimt, und beſonders die wahre Beſchaffenheit einer Sache ſich fleißig und vernuͤnfftig vorſtellet und richtg davon urtheilet. Wer weiß z. E. nicht, daß der Toback den mehreſten Menſchen im Anfang und bey dem erſten Gebrauch ſehr unangenehm iſt? wenn wir uns aber deſſel- ben oͤfters bedienen, ſo wird uns ſein Ge- ſchmack lieblich. Eine aͤhnl. Beſchaffen- heit hat es mit unſern Handlungen. Vie- len iſt die heutige Arth mit andern Leuten zaͤrtlich umzugehen ſehr verhaſſet. Kommen ſie aber in Umſtaͤnde, daß ſie darzu eini- germaſſen gezwungen werden, auch dabey uͤberlegen, daß es beſſer ſey mit andern hoͤf- lich als grob zu leben, ſo wird die Hoͤf- lichkeit ihnen nach und nach zur Gewohn- heit, und die Liebe zu einem leutſeligen Umgange ſo groß als vorhero der Eckel vor demſelben geweſen. II. Wenn jemand durch erwehnte aͤuſ- ſerliche Urſachen dahin gebracht, daß er an einer gewiſſen Sache einen Geſchmack bekommen, ſo pflegen ihm andere Dinge wenige 2. und 3. Stuͤck. K

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 145[141]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/177>, abgerufen am 24.11.2024.