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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

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Grufft nehmen? Dörffen wir mit dem
Apostel von einem Stengel, welcher aus
einem Saamen Körnlein hervor keimet,
auf dem Leib schliessen, welchen wir an
statt dieser verweßlichen Glieder, erhalten
werden; gewißlich, so werden nicht alle
Theilchen desselben von dem jetzigen Ge-
blüt, Fleisch, Haut und Knochen, seyn,
welche dereinsten den Sarg füllen, sondern
es werden auch andere von der Hand GOt-
tes hinzugesetzt werden. Denn wie viel
Theile besitzet wol ein gefülter Stengel
Weitzen von seinem ersten Saamen Körn-
lein? Haben nicht das mehreste die Wur-
tzeln aus der Erden und die Blätter aus
der Lufft in sich gesogen, und dem Sten-
gel mitgetheilet? Und heisset es da nicht
mit Recht: das man säet, ist nicht der
Leib, der da werden soll, GOtt aber giebt
ihm einen Leib, wie er will, und einem jeg-
lichen von dem Saamen oder jeden Saa-
men seinen eigenen Leib, 1. Cor. 15. v. 38.
Und eben also wird GOtt einem jeden an
jenem Tage seinen eigenen Leib geben, laut
seiner Zusage, welche unmöglich trügen
kan. Welche Theile er zu denselben neh-
men wird, lassen wir seiner alweisen Vor-
sicht über. Unsere Unwissenheit macht

das
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Grufft nehmen? Doͤrffen wir mit dem
Apoſtel von einem Stengel, welcher aus
einem Saamen Koͤrnlein hervor keimet,
auf dem Leib ſchlieſſen, welchen wir an
ſtatt dieſer verweßlichen Glieder, erhalten
werden; gewißlich, ſo werden nicht alle
Theilchen deſſelben von dem jetzigen Ge-
bluͤt, Fleiſch, Haut und Knochen, ſeyn,
welche dereinſten den Sarg fuͤllen, ſondern
es werden auch andere von der Hand GOt-
tes hinzugeſetzt werden. Denn wie viel
Theile beſitzet wol ein gefuͤlter Stengel
Weitzen von ſeinem erſten Saamen Koͤrn-
lein? Haben nicht das mehreſte die Wur-
tzeln aus der Erden und die Blaͤtter aus
der Lufft in ſich geſogen, und dem Sten-
gel mitgetheilet? Und heiſſet es da nicht
mit Recht: das man ſaͤet, iſt nicht der
Leib, der da werden ſoll, GOtt aber giebt
ihm einen Leib, wie er will, und einem jeg-
lichen von dem Saamen oder jeden Saa-
men ſeinen eigenen Leib, 1. Cor. 15. v. 38.
Und eben alſo wird GOtt einem jeden an
jenem Tage ſeinen eigenen Leib geben, laut
ſeiner Zuſage, welche unmoͤglich truͤgen
kan. Welche Theile er zu denſelben neh-
men wird, laſſen wir ſeiner alweiſen Vor-
ſicht uͤber. Unſere Unwiſſenheit macht

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[121[117]/0153] Grufft nehmen? Doͤrffen wir mit dem Apoſtel von einem Stengel, welcher aus einem Saamen Koͤrnlein hervor keimet, auf dem Leib ſchlieſſen, welchen wir an ſtatt dieſer verweßlichen Glieder, erhalten werden; gewißlich, ſo werden nicht alle Theilchen deſſelben von dem jetzigen Ge- bluͤt, Fleiſch, Haut und Knochen, ſeyn, welche dereinſten den Sarg fuͤllen, ſondern es werden auch andere von der Hand GOt- tes hinzugeſetzt werden. Denn wie viel Theile beſitzet wol ein gefuͤlter Stengel Weitzen von ſeinem erſten Saamen Koͤrn- lein? Haben nicht das mehreſte die Wur- tzeln aus der Erden und die Blaͤtter aus der Lufft in ſich geſogen, und dem Sten- gel mitgetheilet? Und heiſſet es da nicht mit Recht: das man ſaͤet, iſt nicht der Leib, der da werden ſoll, GOtt aber giebt ihm einen Leib, wie er will, und einem jeg- lichen von dem Saamen oder jeden Saa- men ſeinen eigenen Leib, 1. Cor. 15. v. 38. Und eben alſo wird GOtt einem jeden an jenem Tage ſeinen eigenen Leib geben, laut ſeiner Zuſage, welche unmoͤglich truͤgen kan. Welche Theile er zu denſelben neh- men wird, laſſen wir ſeiner alweiſen Vor- ſicht uͤber. Unſere Unwiſſenheit macht das H 5

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 121[117]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/153>, abgerufen am 27.11.2024.