Gefängniß, mit welcher GOtt den Juden gleichfals drohen ließ. Diese stand nicht in der Juden freyen Willen, sondern kam über sie, ob sie selbige gleich mit vie- len Seuffzern beweineten, und ihre Ban- den mit Thränen benetzten.
§. 5.
Es kön- nen nicht alle zu- künfftige Dinge deutlich vorher verkündi- get wer- den.
Diese beyden Gattungen von künffti- gen Dingen können nicht auf einerley Arth und Weise vorher verkündiget werden. Die letztere Gattung kann mit deutlichen Worten und ohne Decke offenbahret wer- den, und bleibet deßwegen nicht aussen, in- dem sie nach unserer Aussage nicht von dem freyen Willen derjenigen, denen die Weis- sagung geschiehet, kann geändert werden. Die erstere Gattung künfftiger Begeben- heiten aber ist gantz anders beschaffen, be- sonders wenn sie recht unangenehme Folgen haben. Denn da sie bloß auf den freyen Willen des Menschen ankommen, der sie ändern kann, wenn er sie vorher weiß, so dörffen sie, wenn anders die Weissagung durch den Erfolg nicht soll zur Lügen ge- macht werden, nicht allezeit mit klaren, deutlichen und platten Worten vorher ver- kündiget, sondern müssen nur gantz versteckt und gleichsam von Ferne gezeiget werden.
Da-
Gefaͤngniß, mit welcher GOtt den Juden gleichfals drohen ließ. Dieſe ſtand nicht in der Juden freyen Willen, ſondern kam uͤber ſie, ob ſie ſelbige gleich mit vie- len Seuffzern beweineten, und ihre Ban- den mit Thraͤnen benetzten.
§. 5.
Es koͤn- nen nicht alle zu- kuͤnfftige Dinge deutlich vorher verkuͤndi- get wer- den.
Dieſe beyden Gattungen von kuͤnffti- gen Dingen koͤnnen nicht auf einerley Arth und Weiſe vorher verkuͤndiget werden. Die letztere Gattung kann mit deutlichen Worten und ohne Decke offenbahret wer- den, und bleibet deßwegen nicht auſſen, in- dem ſie nach unſerer Ausſage nicht von dem freyen Willen derjenigen, denen die Weiſ- ſagung geſchiehet, kann geaͤndert werden. Die erſtere Gattung kuͤnfftiger Begeben- heiten aber iſt gantz anders beſchaffen, be- ſonders wenn ſie recht unangenehme Folgen haben. Denn da ſie bloß auf den freyen Willen des Menſchen ankommen, der ſie aͤndern kann, wenn er ſie vorher weiß, ſo doͤrffen ſie, wenn anders die Weiſſagung durch den Erfolg nicht ſoll zur Luͤgen ge- macht werden, nicht allezeit mit klaren, deutlichen und platten Worten vorher ver- kuͤndiget, ſondern muͤſſen nur gantz verſteckt und gleichſam von Ferne gezeiget werden.
Da-
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[68/0104]
Gefaͤngniß, mit welcher GOtt den Juden
gleichfals drohen ließ. Dieſe ſtand nicht
in der Juden freyen Willen, ſondern
kam uͤber ſie, ob ſie ſelbige gleich mit vie-
len Seuffzern beweineten, und ihre Ban-
den mit Thraͤnen benetzten.
§. 5.
Dieſe beyden Gattungen von kuͤnffti-
gen Dingen koͤnnen nicht auf einerley Arth
und Weiſe vorher verkuͤndiget werden.
Die letztere Gattung kann mit deutlichen
Worten und ohne Decke offenbahret wer-
den, und bleibet deßwegen nicht auſſen, in-
dem ſie nach unſerer Ausſage nicht von dem
freyen Willen derjenigen, denen die Weiſ-
ſagung geſchiehet, kann geaͤndert werden.
Die erſtere Gattung kuͤnfftiger Begeben-
heiten aber iſt gantz anders beſchaffen, be-
ſonders wenn ſie recht unangenehme Folgen
haben. Denn da ſie bloß auf den freyen
Willen des Menſchen ankommen, der ſie
aͤndern kann, wenn er ſie vorher weiß, ſo
doͤrffen ſie, wenn anders die Weiſſagung
durch den Erfolg nicht ſoll zur Luͤgen ge-
macht werden, nicht allezeit mit klaren,
deutlichen und platten Worten vorher ver-
kuͤndiget, ſondern muͤſſen nur gantz verſteckt
und gleichſam von Ferne gezeiget werden.
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/104>, abgerufen am 23.11.2024.
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