abhängigkeit; Selbstgenugsamkeit; Freyheit! -- Aber in wie dunkler, dunklerAhn- dungnur!
Denn wo ist Daseyn und Leben in sich, wo ist Freyheit? Wahrlich nur jenseits der Natur! Denn innerhalb der Natur ist alles offenbar unendlich mehr im andern als in sich, und Freyheit nur im Tode!
Dennoch wissen wir daß etwas ist, und war, und seyn wird -- ein Urheber jener natürlich unerzeugten Thätigkeit in uns, des Kerns unseres Daseyns, wunderbar um- geben mit Vergänglichkeit -- in sie versenkt, ein Saame der aufgehen wird. Ewiges Le- ben ist das Wesen der Seele, und darum ihr unbedingter Trieb. Und woher käme ihr der Tod? Nicht von dem Vater des Lebens und alles Guten, der in dem innersten unse- res Herzens und Willens sein eigenes Herz und seinen eigenen Willen abdrückte, und nichts anderes darin abdrücken konnte.
abhaͤngigkeit; Selbſtgenugſamkeit; Freyheit! — Aber in wie dunkler, dunklerAhn- dungnur!
Denn wo iſt Daſeyn und Leben in ſich, wo iſt Freyheit? Wahrlich nur jenſeits der Natur! Denn innerhalb der Natur iſt alles offenbar unendlich mehr im andern als in ſich, und Freyheit nur im Tode!
Dennoch wiſſen wir daß etwas iſt, und war, und ſeyn wird — ein Urheber jener natuͤrlich unerzeugten Thaͤtigkeit in uns, des Kerns unſeres Daſeyns, wunderbar um- geben mit Vergaͤnglichkeit — in ſie verſenkt, ein Saame der aufgehen wird. Ewiges Le- ben iſt das Weſen der Seele, und darum ihr unbedingter Trieb. Und woher kaͤme ihr der Tod? Nicht von dem Vater des Lebens und alles Guten, der in dem innerſten unſe- res Herzens und Willens ſein eigenes Herz und ſeinen eigenen Willen abdruͤckte, und nichts anderes darin abdruͤcken konnte.
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abhaͤngigkeit; Selbſtgenugſamkeit; Freyheit! —
Aber in wie dunkler, dunkler Ahn-
dung nur!
Denn wo iſt Daſeyn und Leben in ſich,
wo iſt Freyheit? Wahrlich nur jenſeits der
Natur! Denn innerhalb der Natur iſt alles
offenbar unendlich mehr im andern als in
ſich, und Freyheit nur im Tode!
Dennoch wiſſen wir daß etwas iſt, und
war, und ſeyn wird — ein Urheber jener
natuͤrlich unerzeugten Thaͤtigkeit in uns,
des Kerns unſeres Daſeyns, wunderbar um-
geben mit Vergaͤnglichkeit — in ſie verſenkt,
ein Saame der aufgehen wird. Ewiges Le-
ben iſt das Weſen der Seele, und darum ihr
unbedingter Trieb. Und woher kaͤme
ihr der Tod? Nicht von dem Vater des Lebens
und alles Guten, der in dem innerſten unſe-
res Herzens und Willens ſein eigenes Herz
und ſeinen eigenen Willen abdruͤckte, und
nichts anderes darin abdruͤcken konnte.
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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/338>, abgerufen am 24.11.2024.
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