konnte; was, undefiniert, Dein großer Kopf als eine Armseligkeit des Herzens verschmähte und belächelte -- Dir fehlt In- nigkeit; ein tieferes Bewustseyn des gan- zen Menschen; ein aus diesem tieferen Be- wustseyn hervorgehendes eigenes Vermögen: Sich selbst nährender, stärkender, in sich selbst gedeihender Sinn und Geist! Dir fehlt jene stille Sammlung, die ich -- verzeihe! -- Andacht nennen muß; jenes feyerliche Schweigen der Seele vor sich selbst und der Natur; das feste An- saugen an Schönes und Gutes, welches tief lebendig macht, und dadurch unabhängig groß. Es fehlt Dir -- ein nie verstummen- des, eine zweyte bessere Seele allmählich bil- dendes Echo in dem Mittelpunkte Deines Wesens.
Höre mich, Erhard! -- Ich sage das mit Dir: "Heitern Sinn und immer frohen "Muth, wenn der Mensch sich dieses geben "kann, so giebt er sich das Höchste." -- In
konnte; was, undefiniert, Dein großer Kopf als eine Armſeligkeit des Herzens verſchmaͤhte und belaͤchelte — Dir fehlt In- nigkeit; ein tieferes Bewuſtſeyn des gan- zen Menſchen; ein aus dieſem tieferen Be- wuſtſeyn hervorgehendes eigenes Vermoͤgen: Sich ſelbſt naͤhrender, ſtaͤrkender, in ſich ſelbſt gedeihender Sinn und Geiſt! Dir fehlt jene ſtille Sammlung, die ich — verzeihe! — Andacht nennen muß; jenes feyerliche Schweigen der Seele vor ſich ſelbſt und der Natur; das feſte An- ſaugen an Schoͤnes und Gutes, welches tief lebendig macht, und dadurch unabhaͤngig groß. Es fehlt Dir — ein nie verſtummen- des, eine zweyte beſſere Seele allmaͤhlich bil- dendes Echo in dem Mittelpunkte Deines Weſens.
Hoͤre mich, Erhard! — Ich ſage das mit Dir: „Heitern Sinn und immer frohen „Muth, wenn der Menſch ſich dieſes geben „kann, ſo giebt er ſich das Hoͤchſte.” — In
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konnte; was, undefiniert, Dein großer
Kopf als eine Armſeligkeit des Herzens
verſchmaͤhte und belaͤchelte — Dir fehlt In-
nigkeit; ein tieferes Bewuſtſeyn des gan-
zen Menſchen; ein aus dieſem tieferen Be-
wuſtſeyn hervorgehendes eigenes Vermoͤgen:
Sich ſelbſt naͤhrender, ſtaͤrkender,
in ſich ſelbſt gedeihender Sinn und
Geiſt! Dir fehlt jene ſtille Sammlung,
die ich — verzeihe! — Andacht nennen
muß; jenes feyerliche Schweigen der Seele
vor ſich ſelbſt und der Natur; das feſte An-
ſaugen an Schoͤnes und Gutes, welches tief
lebendig macht, und dadurch unabhaͤngig
groß. Es fehlt Dir — ein nie verſtummen-
des, eine zweyte beſſere Seele allmaͤhlich bil-
dendes Echo in dem Mittelpunkte Deines
Weſens.
Hoͤre mich, Erhard! — Ich ſage das
mit Dir: „Heitern Sinn und immer frohen
„Muth, wenn der Menſch ſich dieſes geben
„kann, ſo giebt er ſich das Hoͤchſte.” — In
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Jacobi, Friedrich Heinrich: Eduard Allwills Briefsammlung. Mit einer Zugabe von eigenen Briefen. Königsberg, 1792, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_allwill_1792/323>, abgerufen am 24.11.2024.
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