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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

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wie ich nachgehends gehört habe, so sind Zeugen
gewesen, zu denen der Bengel, der Fritze, sich
berühmend gesagt hatte, er wolle mir an dem
Abende auflauern. Nun war der dicke Knüppel
neben dem Todten gefunden worden und mein Auge
war doch auch weg, also folglich konnte ich mich
auf Nothwehr berufen, und den Kopf hätten sie
mir nicht 'runter gehauen, sondern ich wäre ver-
muthlich mit etwas Gefängniß davon gekommen.
Das sah der alte Satan voraus und deßhalb
wollte er mich auf seine eigene Hand für Zeit-
lebens unglücklich machen. Ich habe aber auch eine
Wuth auf ihn gehabt die Jahre her bei meinem
Leierkasten, Herr Schmitz, ich kann Ihnen nicht
sagen, was für eine Wuth. Und lange konnte
ich ihm nicht beikommen, aber nun -- --

Pfui, sagte der alte Schmitz. Schämt Euch,
Caspar, wer wollte so rachgierig seyn!

Der Patriotencaspar stürzte seinem Gönner
zu Füßen, umschlang die Kniee des alten Mannes
mit seinen hageren und haarichten Fäusten, als wollte
er ihn um Verzeihung für seine Sinnesart bitten
und rief mit hohlem zerreißendem Tone: O Herr
Schmitz! Rachgierig muß der Mensch seyn, wenn

wie ich nachgehends gehört habe, ſo ſind Zeugen
geweſen, zu denen der Bengel, der Fritze, ſich
berühmend geſagt hatte, er wolle mir an dem
Abende auflauern. Nun war der dicke Knüppel
neben dem Todten gefunden worden und mein Auge
war doch auch weg, alſo folglich konnte ich mich
auf Nothwehr berufen, und den Kopf hätten ſie
mir nicht ’runter gehauen, ſondern ich wäre ver-
muthlich mit etwas Gefängniß davon gekommen.
Das ſah der alte Satan voraus und deßhalb
wollte er mich auf ſeine eigene Hand für Zeit-
lebens unglücklich machen. Ich habe aber auch eine
Wuth auf ihn gehabt die Jahre her bei meinem
Leierkaſten, Herr Schmitz, ich kann Ihnen nicht
ſagen, was für eine Wuth. Und lange konnte
ich ihm nicht beikommen, aber nun — —

Pfui, ſagte der alte Schmitz. Schämt Euch,
Caspar, wer wollte ſo rachgierig ſeyn!

Der Patriotencaspar ſtürzte ſeinem Gönner
zu Füßen, umſchlang die Kniee des alten Mannes
mit ſeinen hageren und haarichten Fäuſten, als wollte
er ihn um Verzeihung für ſeine Sinnesart bitten
und rief mit hohlem zerreißendem Tone: O Herr
Schmitz! Rachgierig muß der Menſch ſeyn, wenn

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[62/0074] wie ich nachgehends gehört habe, ſo ſind Zeugen geweſen, zu denen der Bengel, der Fritze, ſich berühmend geſagt hatte, er wolle mir an dem Abende auflauern. Nun war der dicke Knüppel neben dem Todten gefunden worden und mein Auge war doch auch weg, alſo folglich konnte ich mich auf Nothwehr berufen, und den Kopf hätten ſie mir nicht ’runter gehauen, ſondern ich wäre ver- muthlich mit etwas Gefängniß davon gekommen. Das ſah der alte Satan voraus und deßhalb wollte er mich auf ſeine eigene Hand für Zeit- lebens unglücklich machen. Ich habe aber auch eine Wuth auf ihn gehabt die Jahre her bei meinem Leierkaſten, Herr Schmitz, ich kann Ihnen nicht ſagen, was für eine Wuth. Und lange konnte ich ihm nicht beikommen, aber nun — — Pfui, ſagte der alte Schmitz. Schämt Euch, Caspar, wer wollte ſo rachgierig ſeyn! Der Patriotencaspar ſtürzte ſeinem Gönner zu Füßen, umſchlang die Kniee des alten Mannes mit ſeinen hageren und haarichten Fäuſten, als wollte er ihn um Verzeihung für ſeine Sinnesart bitten und rief mit hohlem zerreißendem Tone: O Herr Schmitz! Rachgierig muß der Menſch ſeyn, wenn

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/74>, abgerufen am 27.04.2024.