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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839.

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Der Sammler, welcher glaubte, der Patrio-
tencaspar werde dort etwas für ihn aus der Erde
scharren, trat dicht zu ihm hin, senkte seinen Kopf,
so daß er fast die Schulter des Knienden berührte
und fragte eifrig: Was? Was?

Der Patriotencaspar sah ihm, mit dem Auge
unstät zwinkernd in das Gesicht und sagte heiser
und gedämpft: Hier habe ich einstmals des Hof-
schulzen seinen Sohn, den Fritze, todtgeschlagen.

Ein Knabe, der von einem Strauche eben
eine leckere Beere pflücken will und dem unver-
sehens unter dem Strauche eine Natter mit fun-
kelnden Augen entgegenzischt, kann nicht erschreck-
ter zurückfahren, als der alte Schmitz bei dieser
Eröffnung vor dem Patriotencaspar zurückfuhr.
Den Blick starr auf ihn heftend und rückwärts
vor ihm weichend, als fürchte er, einem geständi-
gen Mörder seinen Rücken Preis zu geben, ent-
fernte er sich bis in die entgegengesetzte Ecke des
Kreuzweges. Dort blieb er stehen, den Patrioten-
caspar immer in das Auge gefaßt, unschlüssig, ob
er nun sich wenden, so fortgehen und dadurch den
gefährlichen Menschen aus seinem beobachtenden
Blicke verlieren sollte.


Der Sammler, welcher glaubte, der Patrio-
tencaspar werde dort etwas für ihn aus der Erde
ſcharren, trat dicht zu ihm hin, ſenkte ſeinen Kopf,
ſo daß er faſt die Schulter des Knienden berührte
und fragte eifrig: Was? Was?

Der Patriotencaspar ſah ihm, mit dem Auge
unſtät zwinkernd in das Geſicht und ſagte heiſer
und gedämpft: Hier habe ich einſtmals des Hof-
ſchulzen ſeinen Sohn, den Fritze, todtgeſchlagen.

Ein Knabe, der von einem Strauche eben
eine leckere Beere pflücken will und dem unver-
ſehens unter dem Strauche eine Natter mit fun-
kelnden Augen entgegenziſcht, kann nicht erſchreck-
ter zurückfahren, als der alte Schmitz bei dieſer
Eröffnung vor dem Patriotencaspar zurückfuhr.
Den Blick ſtarr auf ihn heftend und rückwärts
vor ihm weichend, als fürchte er, einem geſtändi-
gen Mörder ſeinen Rücken Preis zu geben, ent-
fernte er ſich bis in die entgegengeſetzte Ecke des
Kreuzweges. Dort blieb er ſtehen, den Patrioten-
caspar immer in das Auge gefaßt, unſchlüſſig, ob
er nun ſich wenden, ſo fortgehen und dadurch den
gefährlichen Menſchen aus ſeinem beobachtenden
Blicke verlieren ſollte.


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[44/0056] Der Sammler, welcher glaubte, der Patrio- tencaspar werde dort etwas für ihn aus der Erde ſcharren, trat dicht zu ihm hin, ſenkte ſeinen Kopf, ſo daß er faſt die Schulter des Knienden berührte und fragte eifrig: Was? Was? Der Patriotencaspar ſah ihm, mit dem Auge unſtät zwinkernd in das Geſicht und ſagte heiſer und gedämpft: Hier habe ich einſtmals des Hof- ſchulzen ſeinen Sohn, den Fritze, todtgeſchlagen. Ein Knabe, der von einem Strauche eben eine leckere Beere pflücken will und dem unver- ſehens unter dem Strauche eine Natter mit fun- kelnden Augen entgegenziſcht, kann nicht erſchreck- ter zurückfahren, als der alte Schmitz bei dieſer Eröffnung vor dem Patriotencaspar zurückfuhr. Den Blick ſtarr auf ihn heftend und rückwärts vor ihm weichend, als fürchte er, einem geſtändi- gen Mörder ſeinen Rücken Preis zu geben, ent- fernte er ſich bis in die entgegengeſetzte Ecke des Kreuzweges. Dort blieb er ſtehen, den Patrioten- caspar immer in das Auge gefaßt, unſchlüſſig, ob er nun ſich wenden, ſo fortgehen und dadurch den gefährlichen Menſchen aus ſeinem beobachtenden Blicke verlieren ſollte.

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 4. Düsseldorf, 1839, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen04_1839/56>, abgerufen am 27.04.2024.